Die Schöne vom Nil
fragte Luisa.
Der Reiter trabte an und schlug einen großen Bogen um Sulimans Villa. Während auf und vor der Terrasse noch das Chaos herrschte, kehrte er auf der anderen Parkseite zu der Villa zurück.
»Was wollen Sie von mir? Ich bin eine völlig unwichtige Person.«
»Ich habe nur meinen Auftrag. Bitte, schweigen Sie jetzt.« Er hatte Luisa vor sich gesetzt, zwischen Sattel und Pferdehals. »Sitzen Sie so bequem?«
»Das kann man nicht gerade behaupten …«
»Es ist gleich vorbei!«
»Wir reiten ja zum Haus zurück …?«
Der Reiter schwieg. Eine niedrige Pforte in der Gartenmauer stand offen, er blieb stehen, sprang ab und half Luisa vom Pferd.
»Bitte, da hinein«, sagte er dann höflich. »Und versuchen Sie nicht, wegzulaufen … Ich bin garantiert schneller als Sie!«
Luisa betrat einen völlig anderen Teil des Parks und stand vor einem der vielen Anbauten, aus denen die große Wohnanlage Sulimans bestand.
Der Reiter ging voraus, öffnete eine Tür und machte eine einladende Handbewegung.
Wie überall in den Gemächern Sulimans war auch dieser Gebäudetrakt luxuriös eingerichtet. Für einen Europäer war alles ein aus Marmor, Mosaikkacheln, Seide und Brokat geformtes Märchen …
Der Reiter führte Luisa durch einen Säulengang und drückte eine Tür auf. Ein großer Raum mit eingebauten Schränken, einem riesigen Prunkbett, dicken Teppichen auf geschliffenem Marmorboden und einem angrenzenden Badeteil mit einer Badewanne, die schon mehr einem Pool glich, empfing sie. Das einzige, was nicht vorhanden war, waren Fenster. Durch eine Zwischendecke waren die Lichtquellen verdeckt – eine milde Helligkeit, weich und schmeichelnd, erfüllte die Räume.
»Ihr Zimmer, Miß …«, sagte der Reiter höflich.
»Was soll dieser hundsgemeine und im höchsten Maße idiotische Trick?« fragte Luisa, die langsam wieder zu sich kam. »Hat Suliman es nötig, auf diese Art …«
»Bitte, fragen Sie mich nicht. Ich habe nur einen Befehl ausgeführt.«
Der höfliche Reiter ging zu einem der Wandschränke und klappte eine Tür herunter. Ein mit allen nur denkbaren Getränken gefüllte Bar kam zum Vorschein. »Was darf ich Ihnen servieren, Miß?«
»Zum Teufel … einen doppelten Cognac!« rief Luisa. Sie setzte sich auf das Bett und sah zu, wie der Reiter, ein großer starker Mann in der Tracht der Beduinen, Cognac in einen Schwenker goß und ihr brachte.
»Ich nehme an, Sie sehen Ihren Herrn bald. Sagen Sie ihm als Einführung: Der Aufwand war umsonst! Ich werde nicht von Männern geraubt, sondern ich raube Männer! Das ist ein kleiner, aber feiner Unterschied.«
»Ich werde es ausrichten, Miß!« Er sah zu, wie Luisa den Schwenker nahm und das Getränk mit einem Zug hinunterkippte. Er wartete die Wirkung ab.
Sie stellte sich in Sekundenschnelle ein.
Dr. Luisa Alius fiel nach hinten auf das breite, mit blaßblauer Seide bezogene Bett und sank in einen totenähnlichen Betäubungsschlaf …
Als sie erwachte, war es hell um sie, und sie brauchte eine Weile, um sich darüber klarzuwerden, daß dies kein Tageslicht, sondern eine künstliche Sonne unter ihrer Zimmerdecke war. Und dann hatte sie doch noch einen Reiter gesehen, der ihr den doppelten Cognac servierte …
Mit einem Satz sprang sie vom Bett und blieb dann wie angewurzelt stehen. Aus einem der prunkvollen, reich mit Schnitzerei verzierten Sessel der Sitzgruppe lächelte ihr Suliman ibn Hussein entgegen.
»Sie sind in allem ein Phänomen, Luisa«, sagte er mit ruhiger Stimme. »Sofort da und in voller Aktion! Sie sind nicht nur schön und klug, mutig und leidenschaftlich – Sie sind auch hart im Nehmen! Eine Frau, von der man träumt … eine Frau, die es eigentlich in dieser Vollendung nicht mehr gibt …«
»Wie lange war ich betäubt?« fragte Luisa.
Auf dem Tisch war alles für eine Teestunde serviert: Tee in einer goldenen Kanne, Gebäck, Sahne und Zucker. Ein riesiger Strauß dunkelroter Rosen schmückte das Gedeck.
»Genau neunzehn Stunden …« Suliman zeigte auf einen der Damastsessel. »Ein Tee wird Ihnen guttun, Dr. Alius. Oder darf ich Sie Luisa nennen?«
»Seit wann fragen Sie, was Sie dürfen?«
Sie setzte sich und kam ihm zuvor, indem sie sich und Suliman die Teeschalen füllte. Dabei lächelte sie ihn mit jener fraulichen Bosheit an, die jeden Mann warnen müßte.
»Da Sie mittrinken, nehme ich an, daß kein neues Mittelchen in dem Tee ist.«
»Vielleicht ein Aphrodisiakum?«
»Haben Sie das nötig, Suliman?«
Luisa griff
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