Die schoenen Hyaenen

Leben zimmern. Und er konnte nicht in beiden eine Rolle spielen. Die Menschen neigten dazu, das zu vergessen, was er an ihnen vollbracht hatte. Mary Jane schuldete ihm ja auch nichts, und sie wollte sicher nicht an das, was hinter ihr lag, erinnert werden. Die wenigsten Patienten wollten das. Immerhin besaß er ihre Briefe.
    Er konnte den Blick einfach nicht von Mary Jane Moran abwenden, nein, Jahne Moore, verbesserte er sich. Mein Werk, dachte er. Meine Galatea. Ich habe sie gemacht, nicht Gott. Das durfte er natürlich niemals laut sagen. Sein Triumph mußte eine heimliche Freude bleiben. Dennoch empfand er ihn als köstliche Freude.
    Nach all den Transplantationen, die er an Opfern von Brandkatastrophen vorgenommen hatte, an Kindern mit angeborenen Missbildungen, wußte er sehr wohl, daß er niemals die Norm erreichte. Neben all den Damen, aus den reichen Vierteln, die viel zu früh darauf bestanden, ihr Gesicht geliftet zu bekommen, nach den Models, die Nasenkorrekturen verlangten, um noch ein bißchen perfekter auszusehen, blieb Jahne Moore ein Ausnahmefall. Ein vollendetes Kunstwerk und eine tapfere Patientin.
    Eine Frau, die er lieben könnte.
    Nur die Kleider im Schrank und der kleine Farbfernseher, den er einem Kumpel im Club für fünfzig Dollar abgekauft hatte, gehörten Neil Morelli. Und von den fünfzig schuldete Neil dem Kumpel noch zwanzig Dollar. Doch der würde nicht drängen, denn es handelte sich um heiße Ware.
    Neil besaß kein Geld, kein Auto, keine Freunde und keine Wohnung. Er hatte einen miesen Job als Taxifahrer. Doch er besaß einen Fernseher, und während der lief, fühlte Neil sich mit der Außenwelt verbunden. Es war Sonntagabend. Doch es hätte auch ein anderer Wochentag sein können. Der Kalender spielte in Neils Leben keine besondere Rolle mehr. Er interessierte sich vorwiegend für Sendungen der Kleinkunstdarsteller, die improvisierten wie er, und die er haßte und beneidete, weil sie auftreten durften. Doch an diesem Abend bemühte er sich, eine Show zu sehen, über die jeder Idiot im Club in Ekstase geriet. Zum erstenmal sah er sich Three for the Road an.
    Neil merkte bald, daß diese Sendung keine Zumutung war. Die drei bildhübschen Mädchen, die tollen Brüste und Beine allein lohnten sich schon. Dazu kam die Rückversetzung in die 60er Jahre. Neil lag auf einer ausgeklappten Schlafcouch. Der Fernseher stand auf einem Stuhl neben ihm. Er hatte sich den Apparat ganz nah herangeholt, damit ihm ja keine Kleinigkeit entging. So wurde es für ihn zu einem Sexersatz. Er spürte seine wachsende Erregung und versuchte zu entscheiden, mit welcher er es treiben sollte.
    Die Frage vermochte er bis zum Ende der Folge nicht zu beantworten, obwohl er nun selbst nachhalf, um sich Erleichterung zu verschaffen. Dann wurden die Namen der Darsteller eingeblendet. Neil suchte ja immer nach Anfängern. Die drei Mädchen hatten es allen Widrigkeiten zum Trotz geschafft und waren ganz groß in das Geschäft eingestiegen. Gut hatten sie es gemacht. Sharleen Smith, Jahne Moore, Lila Kyle.
    Moment mal! Lila Kyle? Neil wußte genau, wer sie war. Er hatte ihretwegen recherchiert, weil er um sie eine neue Nummer aufbauen wollte. Sie war dieses Kind mit den berühmten Eltern. Er hörte auf zu reiben, denn es hatte keinen Sinn mehr. Seine Erregung war verpufft. Der Frust fachte seinen Zorn an. Ein weiteres Beispiel für Vetternwirtschaft. Ohne Zweifel hatte Lila Kyle ihre Rolle durch Beziehungen bekommen. Ihre Mutter hatte ihr die verschafft. Sie hatte sich also nicht anstrengen müssen. Aber er, Neil Morelli, stand mit leeren Händen da.
    Dich Hure würde ich am liebsten umbringen, dachte er.

3.
    Hollywood bringt die verrücktesten Paarungen zustande. Doris Day und Rock Hudson, Madonna und Michael Jackson. Michael Jackson und Brooke Shields. Madonna und Warren Beatty. Michael Jackson und Diana Ross. Madonna und alle anderen.
    Oberflächlich betrachtet, mußten Marty DiGennaro und Lila Kyle wie eine ebenso unwahrscheinliche wie lächerliche Paarung wirken. Doch wenn man ihren Lebenslauf genauer betrachtete, entdeckte man gewisse Parallelen. Beide waren Einzelgänger. Beide hatten ihre Kindheit in abgedunkelten Räumen verbracht und sich Filme angesehen. Übrigens vorwiegend die gleichen Filme. Lila und Marty liebten Birth of a Star. Auch wenn Lila eine Mutter hatte, die die Hauptrolle in diesem Film gespielt hatte, so vermehrte das für Marty nur den Reiz.
    Trotz Martys hässlichem Gesicht und seinem kleinen