Die schoenen Hyaenen
Truppe abgelöst. Er stellte den Ton lauter. »Es kommt!« rief er. Molly wischte sich die Hände ab. »Clover! Wow, Mann, das ist psychedelisch!« Dann eine andere Stimme: »Groovy, das bring ich nicht.«
Molly hielt die Luft an. Die Stimme klang doch genau wie die ihrer alten Freundin Mary Jane! Hatte Mary Jane etwa eine kleine Rolle an der Westküste ergattert? Molly rannte ins Wohnzimmer. Doch da klärte sich der Irrtum auf. Die Stimme gehörte nicht Mary Jane sondern Jahne Moore. Molly seufzte.
Seit Mary Jane spurlos verschwunden war, meinte Molly sie ständig irgendwo zu entdecken — in Untergrundbahnhöfen, Bussen, Museen oder auf einer Rolltreppe im Kaufhaus. Natürlich täuschte sie sich jedesmal. Mary Jane blieb verschwunden.
Die drei Schauspielerinnen kamen in Großaufnahme. »Sie sind wirklich bildschön«, seufzte Molly. »Und jung, fügte sie insgeheim hinzu. Sehr, sehr jung.«
»Ja, was anderes braucht es dort auch nicht«, sagte Sharon Malone. »Darum halte ich mich lieber an die Bühne. Da kommst du wenigstens mit Begabung weiter.« Es klang gehässig.
Chuck wandte ein: »Das stimmt im Prinzip. Aber manche sind auch schauspielerisch begabt. Nimm doch diese Jahne Moore. Sie wurde im Melrose Playhouse in L.A. entdeckt. Dort spielte sie die Nora von Ibsen. Und dafür muß sie schon etwas können.«
»Über Lila Kyle, die große Rothaarige habe ich in einer Fernsehzeitschrift gelesen, daß sie Mühe hatte, als Schauspielerin Anerkennung zu finden, weil ihre Eltern beide berühmte Schauspieler waren«, wußte Sharon.
»Moment mal, erinnert ihr euch an das, was Neil Morelli immer gesagt hat? Der hat doch seine Witze über das >arme kleine reiche Mädchen< gerissen. Lila Kyle wurde jedenfalls nicht beim Tingeln in einem Bumslokal entdeckt, sondern von Marty DiGennaro bei einem Abendessen. Genau das ist die Vetternwirtschaft, über die Neil sich immer so aufgeregt hat. Hat etwa einer von euch kürzlich mit Marty zu Abend diniert?« spottete Harvey Jewett.
Chuck lachte. »Sei nicht so bitter, Harvey.«
»Darüber könnte ich noch endlos herziehen. Aber Neil Morelli kann das besser«, meinte Harvey. »Wo ist der übrigens?«
Niemand hatte von ihm gehört. Allerdings wußte auch niemand etwas von Sam Shields.
Die Werbung war zu Ende. Alle schwiegen wieder und starrten gebannt auf den Bildschirm. Die Folge war viel zu schnell zu Ende. Seufzend wurden sie sich darüber klar, daß sie morgen früh wieder ihren Aushilfsjobs nachgehen mußten.
George Getz machte es sich in seinem Sessel bequem und schaltete den Fernseher ein, den er sich kürzlich gekauft hatte. George, ein Kind der 60er Jahre, haßte Fernsehen. Er zog Filme vor. Doch dann hörte er von seinen Schülern von der neuen Serie, augenblicklich der Renner der Saison, wenn nicht des Jahres. Doch erst als er die Namen der Schauspielerinnen erfuhr, handelte er. Denn Lila war seine Schülerin gewesen.
Das hatte seiner Schauspielschule mächtig Auftrieb gegeben. Seine Klassen waren nun doppelt so groß. Er führte Wartelisten für die Anmeldung. Und Getz jubilierte. Erstens, weil das Geld reichlicher floß, zweitens wegen der Anerkennung, die er erfuhr und auf die er so lang vergeblich hatte warten müssen.
An diesem Abend sah er sich die Sendung sehr genau an. Sie war, wie das Schlagwort der 60er Jahre hieß, psychedelisch. Stilvoll bis zum letzten, doch ohne Gehalt, wie George Getz urteilte. Normalerweise traf man beim Fernsehen weder das eine noch das andere an. So mußte das schon als substantieller Fortschritt gewertet werden. In dieser Show hatte Lila mehr Nahaufnahmen, mehr Text als in den vergangenen Wochen. Das fiel Getz auf. Aber Lila hatte es ja von jeher verstanden, die Aufmerksamkeit auf sich zu lenken. Befriedigt drehte George sich einen Joint. »Was sie kann, habe ich ihr beigebracht«, sagte er laut in ein menschenleeres Zimmer und sog den Rauch tief in die Lungen.
Theresa O'Donnell blickte vom Schlafzimmer aus auf den Bildschirm im Wohnzimmer. Sie hatte Mühe, die Doppelbilder vor ihren Augen zu vereinigen. Sie tastete nach dem Glas lauwarmem Wodka, das griffbereit neben ihr stand. Kevin kam herein. Er wollte etwas sagen, weil er sie wieder bei ihrer Lieblingsbeschäftigung, dem Trinken, sah. Doch Theresa kam ihm zuvor. »Setz dich, und halt den Mund.«
Seit Kevin von Lila den Laufpass bekommen hatte, war er Theresa zugefallen. Sie hatte ihn geerbt. Er lebte in ihrem Haus, sorgte dafür, daß ihr Glas voll blieb und leistete
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