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Die schoenen Hyaenen

Die schoenen Hyaenen

Titel: Die schoenen Hyaenen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Olivia Goldsmith
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auch, aber es ist notwendig, daß Sie sich von Ihnen zurückziehen.«
    Sharleen sah die Argumente ein. Doch sie war unglücklich. Ihr Leben bestand nur aus Arbeit und Unterricht: Gesangs- und Tanzunterricht. Sie war sterbensmüde und sehnte sich nach ein bißchen Ablenkung. Dazu kam, daß Sy Ortis ihr ständig zusetzte, sie solle eine Plattenaufnahme machen. Dabei kam sie sich total albern vor. Sie wußte, daß sie nicht singen konnte. Doch Ortis versprach sich davon gute Einnahmen, und so ließ Sharleen sich schließlich von ihm dazu überreden.
    Außer gegen Müdigkeit kämpfte Sharleen gegen ihre Einsamkeit. Sie wußte, daß sie eigentlich keinen Anlaß hatte, traurig zu sein. Sie hatte Dean, ein neues Haus und jedes Zimmer so eingerichtet, wie sie es sich erhofft hatten. Die Auswahl der Möbel, das Studieren der Kataloge hatten eine Zeitlang viel Spaß gemacht. Doch nun stand alles da, wo es hingehörte. Die Abende wurden lang, wenn man nicht ausgehen oder jemanden besuchen konnte.
    Dean empfand das nicht so sehr. Tagsüber konnte er gehen, wohin er wollte, ohne von einer Menschenmenge überfallen zu werden. Niemand erkannte ihn in einem Supermarkt. Er konnte seine Pizza essen, wo es ihm Spaß machte. Natürlich brachte er dann eine Pizza für sie zum Abendessen mit. Doch das war nicht das gleiche.
    Früher einmal konnte Sharleen sich kaum ein Telefongespräch von einer öffentlichen Telefonzelle leisten. Jetzt hatte sie Telefonapparate in jedem Zimmer ihres Hauses und durfte die Gespräche nicht entgegennehmen, konnte nicht einmal jemanden anrufen, denn wen kannte sie schon?
    »Werde ich je wieder in einem Supermarkt einkaufen können?« fragte sie Sy Ortis kleinlaut.
    Er lachte. »Hoffentlich nicht, meine Liebe.«
    Sie hatten wirklich ein schönes Haus, ein großes Grundstück. Ortis hatte einen Wachdienst angestellt. Die Leute beobachteten das Haus rund um die Uhr. Doch auch sie konnten es nicht lassen, Sharleen mit Blicken zu verfolgen, sie anzuglotzen, wenn sie sich sonnte oder in den Pool sprang. Das nervte Sharleen.
    Wie gern wäre sie einmal die Straße entlang geschlendert, hätte sich in den Geschäften umgesehen, mal ein neues Kleid oder einen Pullover ausprobiert und anschließend bei McDonald's einen Hamburger gegessen. Danach hatte sie sich schon in Texas gesehnt. Jetzt wäre das Geld dazu da. Doch der Hamburger blieb für sie unerreichbar.
    Natürlich konnte sie sich auch in einem renommierten Restaurant einen Hamburger bestellen. Aber schmeckte ein Hamburger noch, wenn man vorher einen Tisch bestellen mußte und von einer kleinen Heerschar beflissener Kellner verwöhnt wurde? Dean trug nicht gern Krawatten. Er fühlte sich auch in solchen Restaurants nicht wohl und mochte es noch weniger, von allen mit Stielaugen betrachtet zu werden.
    Dean brachte oft Videos mit nach Hause, solche, die er mochte. »Der Terminator« und so etwas. Viele Leihvideos sah er sich wieder und immer wieder an. Doch Sharleen fand keine Freude daran. Sie hatte ihren inneren Drive verloren. Es reizte sie wenig, sich von einem Fahrer durch die Einkaufsviertel kutschieren zu lassen. Es nervte sie, die obszönen oder schwülstigen Anrufe zu hören. Es trieb sie zur Verzweiflung, nicht mehr sie selbst sein zu dürfen.
    Herrgott im Himmel, betete sie. Verzeih, daß ich dich um soviel gebeten habe. Es war zuviel. Wahrscheinlich habe ich nicht damit gerechnet, daß du mir all das auch geben würdest.

6.
    Der Verkehr auf der Schnellstraße stockte. Jahne sah keinen Grund für einen Stau. Keine kaputten Autos, keinen Abschleppwagen. Jahne hatte einen Termin bei Sy Ortis und wollte nicht zu spät kommen.
    Plötzlich begriff sie den Grund für den Stau. Eine riesige Plakatwand, mindestens zwanzig Meter hoch, zeigte die drei Frauen der TV-Show. Sie standen nebeneinander, Ellenbogen an Ellenbogen. Das Haar flatterte hinter ihnen. Sie stemmten die Arme in die Hüften, spreizten die Beine. Eine trotzige Haltung. Unter den schwarzen Lederjacken trugen sie T-Shirts, so tief ausgeschnitten, daß die Brüste nur gerade eben bedeckt wurden. Darunter nur: »Sonntagabend«.
    Jahne fuhr auf den Seitenstreifen und hielt auf dem ausgedörrten braunen Gras. Sie stieg aus und starrte auf die Riesengestalten und die monumentale Anzeigenwand. Das bin ich, dachte sie. Jahne Moore.
    Sie hätte es gern laut zu jemandem gesagt. Doch sie war ja allein. Alle Gesichter in der dahinschleichenden Autoschlange waren auf die drei schönen Frauen gerichtet.

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