Die schoenen Hyaenen
sozusagen den Finger auf der Türklingel lassen. Wie ein Vertreter für Staubsauger. Irgendwann wird es jedem mal zu bunt. Er öffnet die Tür, um einen fortzuschicken.« Ich setze meine Kaffeetasse ab. »Ich wüßte gern ein bißchen über Ihr bisheriges Leben. Wie haben Sie es bis hierher geschafft?« Manchmal genügt diese dreiste Frage, um die Leute stundenlang ins Reden zu bringen. Alle Schauspieler sind extrovertiert.
Nicht Jahne. »Die Frage habe ich mir schon selbst gestellt. Anfangs schob ich es auf meine schauspielerischen Fähigkeiten. Die setzen sich eigentlich immer durch, wie Sahne im Kaffee nach oben steigt. Dann dachte ich, mein Aussehen habe mir geholfen, zumindest mitgeholfen. Noch etwas später glaubte ich, daß einfach meine Zeit gekommen sei. Inzwischen bin ich zu der Überzeugung gekommen, daß wohl alles zusammen dazu beigetragen hat.«
»Sie sehen das sehr illusionslos, Jahne. Aber sicherlich hat sich die Zeit, die Sie als Schauspielerin gearbeitet haben, ausgezahlt. Sie wurden im Melrose Playhouse entdeckt, soviel ich weiß. Wie haben Sie die Rolle denn bekommen?«
Jahne lachte. Dann begann sie zu sprechen. Die übliche Story von dem Mädchen, das nach L.A. kommt, Arbeit sucht und Glück hat.
Ich bohrte etwas weiter nach ihrer Vergangenheit. Seither habe ich mir das Band Dutzende Male angehört. Doch ich fand einfach keinen Hinweis auf die kleinste Unwahrheit oder darauf, daß sie mir etwas vormachte. Höchstens hätte mir eine winzig kleine Pause auffallen müssen, als ich sie fragte, ob sie schon immer so hübsch gewesen sei. Bei der Antwort klang ihre Stimme etwas gepreßt. »Wie meinen Sie das?« Damals achtete ich nicht darauf.
»Waren Sie früher ein häßliches Entlein oder von klein auf hübsch?« Fast jede Schönheit, die ich bisher interviewt habe, sagt, daß sie ein häßliches Entlein gewesen ist, als ob sie sich alle ihres Aussehens schämten. Viele behaupten auch, sie seien im Grunde gar nicht wirklich so hübsch wie behauptet werde.
Jahne lachte, vielleicht herzhafter als das die Frage rechtfertigte. »Ich habe, glaube ich, schon immer ganz nett ausgesehen.«
»Gab es irgendwelche besonderen Männerbekanntschaften in Ihrem Leben?« Diese Frage schoß ich sozusagen aus dem Hinterhalt ab. Zwar ist das eine übliche Frage. Doch auf den Überraschungseffekt kommt es an. Manchmal erreiche ich dadurch eine ehrliche Antwort. Ich hatte Gerüchte über sie und einen gewissen sehr viel älteren Casanova unserer Stadt gehört. Außerdem hatte ich sie auf Aras Party im Gespräch mit Michael gesehen. Doch sie blieb ganz cool. »Momentan nicht, wohl aber früher und hoffentlich bald wieder. Momentan bin ich voll mit der Arbeit und meinem Schlafbedürfnis ausgelastet. Ich liebe meinen Beruf.«
Kurz bevor ich ging, meinte ich: »Sie sind überraschend reif für eine so junge Frau. Ich wünschte, ich wäre in Ihrem Alter auch so geistreich gewesen. Viel Glück, Jahne!« Ich küßte sie leicht auf die Wange und stieg in mein Auto.
Ein hübsches Mädchen hatte das Glückslos gezogen. Unter dem Strich war es ein langweiliges, aber durchaus erfreuliches Interview gewesen. Keine Sensationen.
Nun werden Sie mich fragen: Wo blieb da Laura Richies Spürnase?
Nach dem Interview brauchte Jahne etwas Zeit, um ihre Aufregung abzuschütteln. Die Augen der Frau waren wie kleine schwarze Murmeln herumgerollt. Außerdem hatte sie die unerwartete Frage, ob sie schon immer hübsch war, aus dem Gleis geworfen. Jahne schwankte zwischen Lachen und Weinen.
Sie badete und machte sich für ihre erste öffentliche Verabredung in Hollywood zurecht. Dazu hatte sie sich eher aus einem Schuldgefühl heraus bereiterklärt. Anfangs hatte Michael ja zugestimmt, ihr Verhältnis geheimzuhalten. Doch wozu eigentlich? Wenn Michael sie zu Publicityzwecken benutzte, profitierte Jahne von ihm in gleicher Weise. Zudem nutzte sie Michael ohnehin aus, indem er ihr als Schutz vor Sam und ihren Gefühlen diente.
Im Lauf des Tages hatte es geklingelt und Jahne hatte einen gewaltigen Blumenstrauß in Empfang genommen. Sie bedachte den jungen Burschen mit einem Zwanzigdollar-Trinkgeld. Das war etwas, was Sy ihr beigebracht hatte. Als Star mußte man großzügige Trinkgelder verteilen. Sie setzte die drei Dutzend blassrosa Rosen in eine große Vase. Auf der beigefügten Karte stand: »Deine Schönheit läßt weiße Rosen erröten. Michael.« Kitschig und albern. Doch die Rosen sahen bezaubernd aus, und es war eine nette
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