Die schoenen Hyaenen
Später wandern sie zu besseren Clubs ab. Denn hier müssen sie sich verpflichten, vor und nach ihrem Auftritt als Kellner zu arbeiten. Dafür haben sie das Recht, zwei- oder dreimal pro Abend ans Mikrophon zu dürfen. Ich komme hier jeden Monat einige Male her. Meist taugen die Darbietungen nichts. Ich habe schon erlebt, daß die Leute ausgebuht wurden, bevor sie ihre Nummer zu Ende gebracht hatten. Aber hin und wieder tritt ein echtes Talent auf. Jetzt haben sie hier einen verrückten Typ. Der hat einen ätzenden Humor. Gemein aber komisch.«
Jahne kannte das alles von New York und Neil. Sie lächelte. Nach zwei fürchterlichen, absolut nicht komischen Vorträgen sah Jahne auf die Uhr. Es wurde spät. Die Unterhaltung mit Michael hatte ihr Spaß gemacht. Doch das hier fand sie unerträglich. Die Gäste schienen sich eher am Misserfolg des unglücklichen Entertainers zu ergötzen als an der Unterhaltung. Offenbar lief hier der Unterhaltungseffekt auch nur darauf hinaus.
Wieder einmal merkte Michael sofort, was in Jahne vorging. »Warten wir noch einen ab. Dann können wir gehen. Der eine ist es nämlich, von dem alle reden und weshalb ich dich überhaupt hierher geschleppt habe.«
Ein Kellner machte die Ansage für den nächsten Künstler. Wahrscheinlich nannte er auch den Namen. Doch erst als Jahne den Mann auf die Bühne springen sah, traf es sie wie ein Keulenschlag.
Neil Morelli! Jahne starrte ihn fassungslos an. Doch da begann er schon mit seinem Programm. Innerlich stöhnte Jahne. Neil trat in einem miesen, von einer Lebensmittelfirma gesponsorten Club in L.A. auf. Und er arbeitete als Kellner. Den ganzen Abend bediente er Gäste, bis er als letzter auf die Bühne durfte. Trotz ihres Entsetzens ließ Jahne sich nichts von dem Vortrag entgehen.
Neil sprach eher noch schneller als damals in New York. »Wieder einige Berühmtheiten hier heute abend.« Neil schirmte die Augen gegen das Licht mit der Hand ab und blickte in den dunklen Raum. »Kevin Lear, meine Damen und Herren. Ich hatte das Vergnügen, ihn heute abend bedienen zu dürfen. Vielen Dank für den Dollar, Kevin. Würde meine Mutter hier in L.A. wohnen, könnte ich sie damit jetzt sogar anrufen.«
Er erntete Gelächter. Doch Jahne wurde es eiskalt. Neil sah sich weiter um. Dann erstarrte er plötzlich, als sei er mächtig überrascht. »Du meine Güte, da ist ja Michael McLain, und obendrein in Begleitung eines aufsteigenden Stars. Wer hätte das gedacht? Neben ihm sitzt eines der drei Mädchen aus Three for the Road , Jahne Moore.«
Jahne war weder darauf vorbereitet, Neil hier zu sehen, noch darauf, daß er sie als Jahne Moore bezeichnen würde. Erst als Michael sie am Ärmel zupfte, stand sie auf, verbeugte sich kurz und setzte sich sofort wieder. Ihre Beine zitterten. »Jeder kennt ja Michaels Neigung im Sattel zu sitzen. Ich meine natürlich den Motorradsattel.« Gekicher im Publikum. Jahne wäre am liebsten im Boden versunken. War es so weit mit Neil gekommen, daß er solche blöden, schmutzigen Späße machen mußte? Das lag doch weit unter seinem Niveau!
»Hab ich jemanden ausgelassen?« Neil machte eine Pause. »Sind heute abend Fondas hier? Nein? Oder Coppolas? Die sind schließlich überall. Seid ihr da alle sicher? Seht euch um, Leute. Wir müssen da schwer aufpassen, denn ich muß euch etwas Wichtiges sagen. Das geht aber nur, wenn ich weiß, daß diese Leute nicht hier sind.« Er flüsterte ins Mikro. Seine Stimme klang verschwörerisch.
»Keine Carradines, Bridgeses, Aranzes? Ist auch Tori Spelling nicht unter uns?« Als niemand antwortete, hob Neil seine Stimme wieder etwas. Doch er sprach noch immer wie jemand, der seine Zuhörer in ein Geheimnis einweiht. »Achtet bitte auf die Tür und sagt mir gleich, wenn einer dieser Typen hereinkommt.« Er blickte sich um. Sah Jahne. Neil wirkte noch magerer, fast ausgemergelt. In seinen Augen irrlichterte es wie bei einem Geisteskranken.
»Miss Moore, verzeihen Sie die Frage: Welchen Beruf hatte Ihr Vater?«
»Mein Vater hat für die Regierung gearbeitet.«
»Ein Diplomat also.«
»Nein. Er diente in der Armee«, log sie.
Neil lachte. »Ich wollte da nur ganz sicher sein. Demnach unterscheiden Sie sich von Ihrer Kollegin Lila Kyle. Deren Mutter ist Theresa O'Donnell, und ihr Vater war Kerry Kyle. Sagen Sie mir noch etwas, Miss Moore, falls Sie das wissen: Wie hart mußte Lila Kyle arbeiten, um die Rolle zu bekommen? So hart wie Sie? Können Sie sich vorstellen, daß die Tatsache,
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