Die schoenen Hyaenen
entkommen. Sie brauchte Theresas Geld, bis ihr eigenes verfügbar wurde. Doch das würde noch dauern. Bis zu ihrem einundzwanzigsten Lebensjahr! Da hatte ihr Vater ihr einen schlechten Dienst erwiesen. Er hatte das Geld in einen Treuhandfond eingebracht und festanlegt. Bis zur Verfügbarkeit des Geldes blieb Lila von ihrer Mutter abhängig. Ihre Mutter ließ sie aber nur gehen, wenn sie verheiratet war. »Ein Mädchen braucht einen Mann im Haus. Der hält die Wölfe in Schach.« behauptete Theresa. »Außerdem schickt es sich nicht für ein Mädchen deines Alters, allein zu leben. Niemand soll mir nachsagen können, ich hätte mich nicht um dich gekümmert oder sei dir keine vorbildliche Mutter gewesen.«
Darauf lief es stets hinaus: Theresa und ihr Ruf. Lila wollte fort von all dem. Kevin war noch der beste Typ, den sie bisher kennengelernt hatte, vielleicht weil er jung war und gut aussah. Jedenfalls war er entschieden besser als Mutters Hofstaat, von Tante Robbie einmal abgesehen. Lila wollte aber auch ihn nur als Zwischenlösung in Kauf nehmen, solange, bis sie Verfügungsgewalt über ihr Vermögen erhielt.
Doch heiraten wollte sie eigentlich nicht. Fortgehen, ja — nicht heiraten. Immerhin hatte Theresa ihrer Tochter versichert, Kevin werde sie nie zu etwas zwingen. Er würde sie behutsam behandeln und sie sogar ganz in Ruhe lassen, falls sie das wolle. Er habe Verständnis.
Manchmal fühlte Lila sich wie die Puppen. Candy und Skinny. Diese Puppen hatte Lila einmal gehaßt. Sie war eifersüchtig auf sie gewesen. Jetzt hatte sie für die Holzpuppen nur ein mitleidiges Lächeln.
Nach der Sauna ging Lila zu ihrem Sekretär und öffnete mit einem Schlüssel, den sie an einer Kette uni den Hals trug, eine Schublade. Sie nahm drei Tablettenröhrchen heraus. Auf die Etiketten brauchte sie nicht zu sehen. Die kannte sie seit ihrem elften Lebensjahr, genau wie die Dosierung. Sie nahm die Tabletten und spülte sie mit einem Schluck Wasser im Badezimmer hinunter.
Die Tablette, die sie am seltensten nehmen mußte, hinterließ immer einen bitteren Nachgeschmack. Lila spülte den Mund mit einem Mundwasser, schloß die Medikamente wieder weg und zog sich den schwarzen Badeanzug von Versace an. Sie ging zum Pool.
Lila machte es sich auf einer Liege bequem. Wasser tropfte auf den weißen Leinenbezug des Polsters. Ihre innere Spannung löste sich. Das verdankte sie der Sauna und dem anschließenden kraftvollen Schwimmen. Ein Schatten fiel auf ihre geschlossenen Augen. Ihr Herz klopfte schneller.
»Kevin?« Langsam schlug sie die Augen auf und schützte sie vor der tiefstehenden Sonne.
»Nein, Miis, nur Perez.«
Jetzt erkannte Lila den neuesten und gleichzeitig ältesten
Hausmeister ihrer Mutter. »Hast du Kevin gesehen?« fragte Lila ungehalten.
»Nein, Miis. Er hier vor einer Stunde. Wieder gehen. Nicht wissen, wohin. Ist okay, wenn ich schneide Hecken hier, Miis Lila?«
»Wo alles hier vor die Hunde geht, mußt du ausgerechnet jetzt hier arbeiten? Such dir was anderes zu tun.« Perez machte sie nervös, weil er sie ständig mit Blicken verfolgte, wenn sie sich im Freien aufhielt. Er fand immer etwas in ihrer unmittelbaren Nähe, woran er sich zu schaffen machen konnte. Deswegen hatte sie sich schon bei der Puppenmutter beschwert. Aber die hatte Perez aller Wahrscheinlichkeit nicht zurechtgewiesen. Niemand arbeitete für geringeren Lohn als Perez.
Normalerweise kam Kevin um diese Zeit zum Schwimmen. Morgens spielte er eine Stunde lang Tennis, dann noch einmal zwei Stunden nachmittags mit seinem Coach, den Theresa für ihn engagiert hatte. Als nächstes schwamm er fünfzig Bahnen. Lila mochte es, daß er sich um seinen Körper kümmerte. Sport treiben, Vitamine nehmen. Auch das hatten sie gemeinsam. Lila fand ihn auch in Tennis-Shorts oder Badehose attraktiv. Wenn er sich in dem Badehaus umzog, küßte er sie immer im Vorbeigehen. Bevor sie das Internat verließ, hatte er sie auch immer von der Schule abgeholt. Alle Mädchen waren neidisch auf sie gewesen. Er sah wirklich phantastisch aus.
Sie vermißte ihn. Wo zum Teufel war er? Sie stand auf und zog sich den Bademantel an. Sie ging ums Haus herum am Solarium vorbei. Auf diese Weise konnte sie das Haus durch die Küche betreten und vermied ein Zusammentreffen mit ihrer Mutter. Die Tür zum Solarium, das niemand mehr benutzte, war geschlossen. Doch das Sprossenfenster stand offen. Lila hörte Stimmen.
Das leise Lachen klang vertraut. Lila drehte den Türknopf und
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