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Die schoenen Hyaenen

Die schoenen Hyaenen

Titel: Die schoenen Hyaenen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Olivia Goldsmith
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hielt einen ausgebeulten mexikanischen Strohbeutel mit beiden Händen vor dem Körper umklammert. Sharleen blinzelte. Dann erstarrte sie. Die Frau kam auf sie zu. »Hallo, Baby«, sagte sie.
    Sharleen antwortete ein wenig später. »Hallo, Momma.«
    Sharleen umfaßte die Bibel. Wer hätte vor zwei Jahren gedacht, daß sie im Fernsehen sein würde, sie und Dean ein herrliches Haus haben und sie ihre Momma wiederfinden würden? Gott sei Dank!
    Sie hatte ihre Momma gebeten, mit ihr zu kommen. Doch Flora Lee hatte das abgelehnt. »So wie ich aussehe? Nein.« Also hatte Sharleen ihrer Mutter erlaubt, sich in dem Wohnwagen erst einmal frisch zu machen. Dann wollten sie zusammen essen gehen.
    Sharleen brannte darauf, Dean die tolle Neuigkeit mitzuteilen. Doch so war es vielleicht besser. So hatte Sharleen die Möglichkeit, sich wieder mit Flora Lee bekannt zu machen, bevor sie ihr gestand, daß Dean... nun, daß er das war, was er Sharleen war. Sollte sie Flora Lee auch sagen, was damals in Lamson passiert war? Wenn es Momma nun für ihre Pflicht hielt, mit diesem Wissen zur Polizei zu gehen? Sharleen hatte mit niemandem darüber gesprochen und auch Dean eingeschärft, den Mund zu halten. Würde er das aber auch Momma gegenüber tun?
    Sharleen seufzte. Die Freude versickerte. Und Momma brauchte entsetzlich lang. Sharleen sah wieder in die Bibel. Bestimmt würde Gott Dean verzeihen. Und Momma war auch gut und großzügig und verständnisvoll.
    Als Momma mit unsicheren Schritten aus dem Wohnwagen kam, fuhren sie zum Sheraton. Das war ein großes Hotel, aber nicht zu elegant. Sharleen trug ein altes Kleid, das sie von Mai ausgeliehen hatte und einen großen Hut. Dazu eine Sonnenbrille. Das Haar steckte unter einem Tuch, von dem Hut verdeckt. So hoffte sie, nicht erkannt zu werden.
    Momma wollte sich gleich in der Lobby in einen Sessel fallenlassen, doch das ließ Sharleen nicht zu. »Suchen wir uns eine ruhigere Ecke.«
    »Was hältst du von der Bar?«
    »Der Bar?« Sharleen war noch nie in einer Bar gewesen. Momma etwa?
    »Dort ist es dunkel und ruhig«, wußte Flora Lee.
    Also gingen sie dorthin. Sharleen drängte darauf, die Fragen beantwortet zu bekommen, die ihr auf der Seele brannten. »Wie ist es dir ergangen, nachdem du uns verlassen hast, Momma?«
    »Ich bin bis El Paso gekommen. Dort wollte ich auch bleiben. Mich ein bißchen erholen, weißt du. Eine hübsche Stadt, dieses El Paso. Ich habe einen Job auf einem Truckerparkplatz bekommen. Auch einen Platz zum Schlafen, bis ich einen Fahrer kennengelernt habe. Ich hätte schlauer sein müssen. Aber nach deinem Daddy... Nun, der Mann sah ordentlich aus. Er hat mich in Salem, Oregon, sitzengelassen. Ohne einen Penny.« Flora Lee hatte die Nüsse aufgegessen und rief die Bedienung. »Könnten wir noch mehr Nüsse haben und was zu trinken?«
    Mit einem gequälten Lächeln bemühte das Mädchen sich um Höflichkeit. »Was möchten Sie?«
    »Ginger Ale«, antwortete Sharleen.
    »Und mir ein Budweiser Bier bitte.« Flora wandte sich an Sharleen. »Diese Nüsse machen mächtig Durst. «
    Sharleen lächelte ihre Mutter an. Doch es fiel ihr nicht ganz leicht. Trank Momma etwa? Das hatte sie früher nicht getan. Allerdings konnte man ihr ein Bier am Ende eines langen Tages wohl kaum verübeln. »Was hast du denn dann gemacht?« wollte Sharleen wissen.
    »Ich habe lang gewartet, bis ich aus Oregon wieder zurück ging. Erst wollte ich mich zur Friseuse ausbilden lassen. Das hätte mir das Arbeitsamt auch bezahlt. Aber dann habe ich einen Typen kennengelernt, der für Chrysler arbeitete. Der reiste durch den ganzen Nordwesten und bildete Mechaniker aus. Der hat mich bis Sacramento mitgenommen. Dort haben wir zusammen gewohnt. War richtig prima. Eines Tages begriff ich, daß er eine Frau und vier Kinder in Washington hat.«
    »Ach, Momma!« Die Kellnerin brachte die Getränke. Flora trank ihr Bier in drei Schlucken aus, während Sharleen nur an ihrem Glas nippte. Vor einigen Stunden war sie noch froh und dankbar gewesen. Doch Freude und Dankbarkeit zerplatzten wie die Bläschen in ihrem Glas.
    Du darfst deine Mutter nicht verurteilen, ermahnte Sharleen sich. Du bist nicht einmal ihr Fleisch und Blut, und trotzdem hat sie dich großgezogen. Wie kannst du es überhaupt wagen, dich zur Richterin aufzuschwingen? Erinnere dich doch an das, was du mit Boyd gemacht hast und wohin das führte. Und Mr. McLain hat dich betrunken gemacht. Momma aber ist am Ende und allein, ohne ihre Kinder. Sie

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