Die schoenen Hyaenen
wirkten die Räume warm.
»Sie wohnen sehr... originell, Mai. Das paßt zu Ihnen.«
Mai holte zwei Gläser aus dem Schrank. »Wenn man jung ist, ist man originell. Ist man alt, nennt man das überspannt. Aber mir gefällt es eben. An sich liebe ich Farben und Gemälde und Kunstgegenstände. Doch ich sehe sie mir lieber im Museum an. Das Leben ist leichter, wenn man wenig hat, um das man sich kümmern muß.« Sie goß Bier in ein Glas und wollte schon das zweite füllen, da hielt Jahne sie auf: »Nicht für mich. Ich muß ab- und nicht zunehmen.«
Mai brachte ihr eine Flasche Wasser. »Seit zwölf Jahren esse ich jeden Abend das gleiche. Ein kleines Steak und einen Salat ohne Salatsoße. Was habe ich alles verpaßt: Lohnt das denn den Ruhm?«
»Wenn das die einzige Begleiterscheinung des Ruhms wäre, sicher nicht.«
»Was wollen Sie denn noch? Sie sind berühmt, werden sehr reich sein und sind noch jung und gesund.«
»Ich wollte nie berühmt sein, und das Geld war mir auch nicht so wichtig. Ich wollte und will noch immer filmen. Ich möchte etwas schaffen, auf das ich stolz sein kann.«
Mai gab zu bedenken: »Eine berühmte und schöne Frau bekommt eine Art Eigendynamik. Sie wird in ihren Handlungen eingeschränkt, sie kann nicht mehr beliebig Freundschaften schließen. Schon jetzt richten sich zu viele Blicke auf Sie. Fremde werden Sie lieben. Doch manchmal werden Ihnen Freunde fehlen. Und haben Sie sich schließlich daran gewöhnt, eine Göttin zu sein, droht immer der Absturz. Es gibt viele Beispiele für junge Sterne, die erst strahlend aufleuchten und dann verglühen. Wieviele Frauen sind über Jahre hinweg berühmt geblieben? Kaum fünf. So schwer ist es, berühmt zu bleiben. Nutzen Sie die Zeit also gut, Jahne. Es kann sein, daß sie nicht lang dauert.«
22.
Wie alles in Los Angeles war auch das Museum hier anders als sonstwo. Das Getty-Museum lag in der Mitte der Küstenstraße. Wollte man es besuchen, mußte man sich anmelden. Das hatte Jahne nicht gewußt. Fast hätte sie zurückfahren müssen. Denn die Anmeldung galt nicht etwa für das Betrachten der Kunstschätze, sondern für einen Parkplatz. Glücklicherweise erkannte der Parkwächter sie und wies sie auf einen der Sonderparkplätze, die man für Prominente bereithielt. Der verblüfften Jahne erklärte er, daß das Museum in einer exklusiven Wohngegend lag, und die Eigentümer der Villen diese Regelung durchgesetzt hatten, damit ihnen die Museumsbesucher nicht die Straßen zuparkten.
Eine schmale Treppe führte zu einem Garten, der in den Klippen angelegt war. In perfektem Hollywoodstil gab es eine nachgemachte pompeijanische Villa mit dorischen, ionischen und korinthischen Säulen. Auch das typisch für Hollywood: Warum nicht gleich alle drei Formen von Säulen verwenden? Auf originalgetreue Nachbildungen legte man keinen Wert. Blendend weiße Mauern, auch die mit Säulen verziert, säumten die Kolonnaden um den Garten, in dessen Mittelpunkt ein riesiger Schildkrötenteich lag. Jahne setzte die Sonnenbrille auf, weil das Licht zu stark reflektierte. Das Teehaus befand sich im westlichen Teil des Gartens. Doch bevor sie dorthin ging, machte sie sich noch einmal frisch.
Mai hatte ihr eine Jacke genäht, die sie wie ein Handschuh umschloß. Der Blusenausschnitt reichte so tief, daß man den Einschnitt des Busens sah. Jahne wußte, daß sie einen legeren Eindruck machen mußte. Lässig und doch topschick. Darum hatte sie sich auch für Jeans zu der Jacke entschlossen. Jahne zog noch einmal die Lippen nach. Sie hatte nur einen Hauch Lidschatten verwendet. Zusammen mit den farblich passenden Kontaktlinsen konnte sie zufrieden sein.
Sam erhob sich, als er sie näherkommen sah. Sie setzte sich Sam gegenüber, dankbar, daß der Tisch im Schatten lag. »Eine tolle Umgebung«, fand sie.
»Verstehen Sie viel von Kunst?« fragte Sam.
»Nun ja, ich kann Jan van Huysum von Jan Vermeer unterscheiden«, meinte sie wegwerfend.
Sie bestellten Eistee und Salate. Sam gratulierte ihr noch einmal zu der Emmy-Nominierung. Sie unterhielten sich ungezwungen. Sam hatte sich kaum verändert. Er war höchstens schlanker geworden und trug sein Haar kürzer. Die Sonne hatte seine Haut gebräunt. Wie sehr ich diese schmale, sensible Hand liebe, dachte Jahne.
Er nahm ihre Hand. »Sie sind ja kalt!« rief er.
»Das sagen mir viele Männer. Aber ich dachte, bei dir, bei dir sei es anders.«
Er starrte sie an. Denn er erkannte das Zitat aus Jack and Jill . Jahne
Weitere Kostenlose Bücher