Die schoenen Hyaenen
Jahne Moore betrat den Vorführraum, in dem Birth of a Star gezeigt werden sollte, im Zustand völliger Unschuld. Zwei Stunden und zehn Minuten später war sie entjungfert worden. Sie hatte eine Frau gesehen, angeblich sie selbst, die viele Male in den verschiedensten Stellungen und in unterschiedlichster Kleidung mit einem jüngeren, schlankeren Michael McLain Geschlechtsverkehr gehabt hatte. Ihre rechte Brust wurde in Großformat auf der Leinwand von seinen Händen umfasst. Seine Lippen spielten mit den Spitzen ihrer Brüste und Jahnes Reaktion darauf drückte ihr Gesicht, gleichfalls in Großaufnahme, aus. Sie kniete auf allen Vieren und streckte ihm ihren Po einladend entgegen. Einmal legte sie ihr Bein um Michaels Hals und liebkoste seine Wange mit dem Fuß. Dem ersten Bein folgte das zweite, und so rahmte sie bald sein Gesicht mit ihren Schenkeln ein. Auf ihren Armen bildete sich Schweiß. Der glitzerte auch auf ihrem Rücken und an ihren Beinen. Er kräuselte ihr Schamhaar.
Doch das alles war nicht Jahne. Die saß neben Pete in dem kleinen Vorführraum und sah, was man aus Birth of a Star gemacht hatte. Es überschritt alle Grenzen zwischen Unterhaltung und Soft Porno. Und »sott« war es absolut nicht! In diesem Film hatte sie nicht mitgespielt, obwohl es ihr Gesicht war und obwohl die Illusion geweckt wurde, daß es ihr Körper war, der geliebt wurde und zum Orgasmus kam.
Jahne wurde es schwindelig. Laslos glänzende Aufnahmetechnik, die einschmeichelnde Musik, der ganze Aufbau federten die Vergewaltigung der Filmvorlage ab. Doch es blieb eine Vergewaltigung. Jahne wußte nicht, wie man so etwas überhaupt technisch hatte fertigbringen können. Weder ihr eigener narbenreicher Körper noch der alternde von Michael spielten hierbei mit.
Pete saß unruhig neben Jahne. Er räusperte sich. Einmal flüsterte er »0 Gott«. Dann schwieg er.
Allmählich packte sie das Entsetzen. Es kroch langsam in ihr hoch. Sehr langsam. Wieviele Männer würden beim Betrachten dieses Films sexuell erregt werden? Wieviele Fremde würden in Gedanken mit ihr schlafen? Wie konnte sie sich je wieder Achtung in einer Stadt, einem Ort, einer Gemeinde verschaffen? Wie konnte sie je wieder eine Rolle bekommen, die ihre schauspielerische Begabung forderte, eine Rolle, die sie sich immer gewünscht hatte? Wie konnte sie sich je wieder unter Menschen wagen?
Sie hatte gedacht, Sam liebe sie. Doch dies bewies das Gegenteil.
Der Film war zu Ende. Petes Vater schaltete das Licht in dem Kontrollraum ein.
Jahne stand mühsam auf. Sie griff nach der Armlehne des Sessels neben ihr und erbrach sich.
»Was wollen Sie also?« fragte Howard Taft, der beste Anwalt der Unterhaltungsindustrie von Los Angeles.
»Klagen. Eine Einstweilige Verfügung gegen den Film erreichen. Ihn verbrennen lassen.«
»Gut und schön, Miss Moore. Ich kenne mich mit künstlerischen Meinungsdifferenzen aus. Doch hier geht es um International Studios. Wir sprechen von April Irons und Bob LeVine. Wir sprechen nicht von Leuten, die sich ducken, wenn man ihnen droht. Wir würden diese Einstweilige Verfügung auch nie durchsetzen können.«
»Warum nicht?«
»Ihr Vertrag ist glasklar. Auch wenn Sie das nicht gewußt haben, bleibt die Tatsache bestehen, daß Sie selbst das Double verlangt haben. Sie selbst bestanden auf Geheimhaltung und keiner Namensnennung des Doubles. Daran hat man sich gehalten. Sie können niemanden wegen Einhaltung des Vertrages verklagen.«
»Wen sollte ich denn verklagen?«
»Ihren Agenten. Doch das empfiehlt sich kaum, wenn Sie je wieder arbeiten wollen.« Howard nahm seine Nickelbrille ab und putzte die Gläser mit einem blütenreinen Taschentuch aus seiner Brusttasche. Er beobachtete Jahne. »Verstehen Sie mich recht. Ich würde Ihnen liebend gern Ihr Geld abnehmen. Vielleicht könnte man auch ein gewisses Abschwächen hier oder da erreichen. Aber eine Klage wäre nur teuer und würde ihre Karriere ruinieren.«
»Ich pfeif auf meine Karriere.«
»Offensichtlich geht Ihnen das wirklich unter die Haut. Doch Ihre Gefühle könnten sich später auch noch ändern. Die Klage würde lange dauern. Denn die Studios können nicht nachgeben. Sie sind im Recht. Am Ende erreichen Sie absolut nichts.«
Tränen standen in Jahnes Augen. Wieder überwältigte sie ihre Hilflosigkeit.
Nachdem Jahne Howard Tafts Kanzlei verlassen hatte, stieg sie in ihr Auto. Nach Hause konnte und wollte sie nicht.
Sagt man nicht immer, L.A. klopfe jeden weich? Jahne machte
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