Die schoenen Hyaenen
passiert. Die Berichterstattung war nun von der Bühne in den Nachrichtenraum verlagert worden. Von dort ertönte die ernste, aber klare Stimme eines Journalisten. »Wie wir erfahren haben, ist das ein Terroranschlag der Internationalen Anti-Vetternwirtschaft-Liga gewesen. Die Polizei bemüht sich noch, die Identität des Schützen festzustellen. Der FBI wurde hinzugezogen.«
Paul wandte sich an die Blondine neben ihm, die noch immer schluchzte. »Ich war es, der Lila Kyle entdeckt hat«, brüstete er sich.
»Moment mal!« rief McLain. »Seien Sie doch still! Wir müssen hören, was sie sagen!« Er wies auf den Fernsehschirm. Adrienne stand neben ihm, wie sie den ganzen Abend dicht bei ihm gewesen war. Doch jetzt klammerte sie sich mit beiden Händen an ihn. »Ist schon gut, Süße«, beruhigte er sie. Ihre Abhängigkeit entzückte ihn. »Das ist weit weg von hier. Du bist ganz sicher.« Ihr Bauch rundete sich schon, und Michael tätschelte die Rundung. Dann sah er wieder auf den Bildschirm. Lila Kyle erschossen! Daran zweifelte Michael nicht mehr. Wie hieß diese Liga? Nun mußte man mit der heimtückischen Ermordung vieler Filmstars rechnen. Er dachte an den Psychopathen im Gefängnis, der ihm ständig Briefe schickte, an die vielen Einzelgänger und Verwirrten, die mit einer Ausgabe von Fänger im Roggen herumliefen. Zu den alten Drohungen würden nun die neuen der weiblichen Fans kommen, sobald er seine Verlobung mit Adrienne bekanntmachte. Er führte Adrienne hinaus. Es hatte keinen Sinn zu bleiben. Das schadete seiner Verlobten nur in ihrem Zustand. Im Hinausgehen fand er, daß alles schlimmer hätte kommen können. Lila hätte auch vor der Verleihung getötet werden können. Dann hätte Jahne Moore den Preis bekommen.
Irgend jemand fragte »Wer ist die Frau, von der sie gesprochen haben... diese...?«
»Keine Frau. Vetternwirtschaft. Nepotismus. So nennt man das, wenn man durch Familienbeziehungen einen Job bekommt.«
Da schrie Seymore LeVine entsetzt. »Scheiße, dann werden sie uns alle umbringen.«
12.
Neil Morelli wandte sich ganz gelassen ab. Er wartete nicht auf die Reaktion. Roger hatte ihm ja genau gesagt, was er zu tun hatte, und Roger hatte ihm auch gesagt, daß es glatt gehen werde. Neil hielt die Waffe offen in der Hand. Er ging links neben die Bühne, auf die starken Jupiterlampen und Johnny zu, der Lila Kyle, in einer Art umgekehrten Pietà-Pose in den Armen hielt. Neil überkam eine tiefe Ruhe. Nun lag das schlimmste hinter ihm.
Die Schreie drangen nur aus weiter Ferne zu ihm. Er hörte sie. Das wohl. Immerhin schrie fast die Hälfte der Anwesenden. Die anderen duckten sich unter ihre Sitze oder rannten zum Ausgang. Der Tumult berührte Neil nicht. Er ging ihn nichts an.
Kurz bevor er die Bühne erreichte, wurde er festgenommen. Er spürte einen Schlag von hinten, sackte zusammen und lag auf dem Boden. Er spürte keinen Schmerz. Roger hatte ihm gesagt, daß er keine Schmerzen haben würde. Die Waffe wurde ihm aus der Hand genommen. Die brauchte Neil ja auch nicht mehr. Er brauchte nur etwas mehr Luft. Seine Lungen fühlten sich eigenartig leer an, weil so viele Menschen auf ihm knieten. Schmerzen waren das jedoch nicht. Nur viel Druck. Dann wich der auch. Die Arme wurde auf seinem Rücken zusammengebunden. Neil registrierte das kaum.
Jemand riß ihn vom Boden hoch. Die Kameras erfaßten ihn. Auch das hatte Roger vorhergesagt. Neil lächelte. Er war kein Versager. Weit gefehlt. Von nun an war er ein Star. Der Vollstrecker. Er würde alle aus diesem elenden System befreien. Von nun an wurde nicht von der Mutter auf die Tochter weitergegeben oder vom Vater auf den Sohn. Das hatte Roger prophezeit. Und Roger hatte ihn, Neil, auserwählt. Neil hatte gewisse Zweifel gehegt. Nun triumphierte er. Er hatte seine Mission erfüllt. Bis auf die Ansprache.
Von überall prasselten Fragen auf ihn ein. Fünf Männer umzingelten ihn. Neil lächelte. »Ich vertrete die Internationale Liga gegen Vetternwirtschaft«, schrie er. »Tod denen, die sich uns entgegenstellen... « Und dann folgte sein Monolog aus der Show.
13.
Ein Superknüller fällt einem nur einmal im Leben in den Schoß — wenn überhaupt. Die Nachricht von Lilas Erschießung bewog mich, dem Fahrer einer der Limousinen vor dem Theater 210 Dollar in bar plus meine Rolex zu geben, damit er seinen Fahrgast im Stich ließ und mich zum Krankenhaus fuhr.
Die Straßen rund um das Krankenhaus waren von Polizeifahrzeugen verstopft. Die roten
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