Die schoenen Hyaenen
in der kleinen Küche und hielt den Zettel wie erstarrt fest. Er schläft mit mir und verschwindet, dachte sie bitter, bevor sie hemmungslos zu schluchzen begann.
12.
Eines meiner ungewöhnlichsten Interviews machte ich vor zwölf Jahren bei einem Brunch mit Theresa O'Donnell in ihrer Villa in Bei Air. Ein Kameramann begleitete mich, um Bilder »in heimischer Umgebung« zu machen. Zum ersten Mal sah ich Theresas Haus und lernte Lila Kyle kennen.
Theresa glänzte in einem dieser modischen Bettjäckchen aus Seide und einem seidenen Pyjama. Ihre Tochter trug das gleiche in entsprechend kleinerer Ausführung. Ebenso gekleidet waren auch Candy und Skinny, die beiden Puppen, die in Theresas Fernsehserie zu den Hauptakteurinnen gehörten. Der Tisch war für fünf Personen gedeckt. Ein Witz, möchte man meinen. Doch den Puppen wurde tatsächlich das Essen serviert. Sie redeten auch während der ganzen Mahlzeit. Theresa brachte eine überzeugende Vorstellung ihrer Fähigkeiten als Bauchrednerin zustande. Doch ich beobachtete Lila. Damals mochte sie fünf oder sechs Jahre alt gewesen sein. Sie benahm sich, als sei das alles völlig normal. Sie nannte ihre Mutter »Lovely Mummie« und hatte tadellose Tischmanieren. Doch Candy und Skinny hackten ständig auf ihr herum. Theresa mischte sich ein, wenn es die beiden zu wild trieben.
Ich erinnere mich nicht mehr genau, was am Ende den Eklat auslöste. Ich glaube, Lila wollte ihren Obstsalat nicht aufessen. Theresa verlangte es. Lila verteidigte sich damit, daß Candy und Skinny ja auch ihren Obstsalat nicht gegessen hatten. Theresa lächelte zuckersüß und meinte nur, das sei wirklich schlimm, Lila müsse ihn jedoch essen. Da nahm Lila ihre Obstschale und kippte sie Skinny in den Schoß.
Skinny nannte Lila ein elendes Luder.
Seither habe ich oft darüber nachgedacht, was die kleine Lila in diesem Haus für ein Leben führte. Doch ich sah sie erst fünf Jahre später an ihrem Geburtstag wieder.
Lila erinnerte sich an die Party, weil sie einen Wendepunkt in ihrem Leben markierte. Als sie jetzt in Tante Robbies Haus vor die Frage gestellt wurde, was sie von ihrem Leben erwartete, standen die Ereignisse von damals wieder deutlich vor ihr.
Lila hatte über Tante Robbies Frage intensiv nachgedacht, Sie kam zu dem Schluß, daß sie mehr als alles andere ein großer Star sein wollte — eine mächtige, wichtige Persönlichkeit, bedeutender als ihre Mutter oder ihr Vater.
Lila wußte nicht einmal, ob sie als Schauspielerin Talent besaß. Das kümmerte sie auch nicht. Sie wußte jedoch schon, daß sie die Aufmerksamkeit der Menschen auf sich zu lenken verstand. Sie konnte ihr Interesse erregen und die Menschen faszinieren. Lila dachte an ihren bühnenreifen Auftritt bei der Party, umgeben von Stars aus Film und Fernsehen. Sie hatte den Song The Loveliest Girl in den World gesungen, den Titelsong ihrer Mutter. Lila erinnerte sich auch, daß alle ihr wie gebannt zugehört hatten.
Lila fröstelte. Der Titelsong ihrer Mutter verursachte ihr eine Gänsehaut. Sie haßte den Song. Lila Kyle, Kind eines der gekrönten Häupter von Hollywood, wußte längst, daß die Gnade einer solchen Geburt kein glückliches Leben garantierte, wie sie ja auch Prinzessin Anne oder Margaret oder sogar die arme Queen Elizabeth nicht zu einem glücklichen Leben verholfen hatte. Doch Lila hatte nicht vor, einmal eine Rolle wie Nancy Sinatra oder deren Bruder Frank zu spielen, wie Julian Lennon oder auch Jane Fonda, die trotz allem das Ansehen ihres Vaters nie erreicht hatten. Darum gedachte Lila Kyle sich ihren eigenen Ruhm zu verschaffen.
Anlässlich der Party hatte Lila eine Auseinandersetzung mit Estrella, der Haushälterin, Estrella behauptete fest, es sei Lilas zehnter Geburtstag, obwohl Lila wußte, daß sie den vor einem Jahr gefeiert hatte. Mit elf Jahren fühlte sie sich auch zu alt für die Schleifen im Haar, auf denen Estrella gleichfalls bestanden hatte. Lila hatte sich fügen müssen. Dabei war ihr zehnter Geburtstag überhaupt nicht groß gefeiert worden. Nur Tante Robbie und Estrella hatten ihr Glück gewünscht. Es hatte weder eine Party noch eine Geburtstagstorte gegeben. Denn Lovely Mummie und die Kinder, also die Puppen, hatten dafür keine Zeit gehabt.
Doch das war eben noch, bevor Mum mies Fernsehshow abgesetzt wurde. Eine Show absetzen, das ahnte Lila schon damals, war etwas ganz Schlimmes. Denn Mummie hatte seither ständig herumgeschrien, und man verstand sie auch schwer, wenn sie
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