Die schoenen Hyaenen
nicht schrie. Jedenfalls mußte es schlimmer sein als Krankheit, ja schlimmer noch als der Tod. So jedenfalls reagierten Mummie und Tante Robbie. So benahmen sich auch die Klassenkameraden in dem Internat.
Vor der Geburtstagsparty hatte Lila auf Zehenspitzen am Fenster ihres Schlafzimmers gestanden und das Eintreffen der Gäste verfolgt. Dabei sagte sie sich noch einmal deren berühmte Namen vor: Miss Taylor, Mr. Stewart, Mr. Peck, Lilas Mutter bestand darauf, daß Lila die Gäste stets namentlich begrüßte. Mr. Sagarian, Agent von Lovely Mummie, Mr. Wagner von CBS und Mummies Manager. Dazu viele andere übergewichtige, kahlköpfige Männer, durchweg Erwachsene. Lila hatte keine richtigen Schulfreundinnen. Doch da es nun einmal ihr Geburtstag war, hatte sie schon gehofft, auch mit einigen Gleichaltrigen zusammensein zu können.
Lila genoß es, daß die Partys in letzter Zeit seltener geworden waren. Früher hatte Lila sich immer gewünscht, einmal mit ihrer Mummie in einer Show aufzutreten, anstelle dieser blöden Puppen Candy und Skinny. Damals sah sie jede Folge der Candy Floss and Skinny Malink Show, präsentiert von Theresa O'Donnell.
Vor der Geburtstagsparty hatte Theresa ihre Tochter gründlich auf das Ereignis vorbereitet. »Vielleicht können wir Jack Wagner oder eine dieser anderen Ratten an die Kandare nehmen. Dann wechsle ich einfach zu CBS und mache ein Comeback. Das Konzept müßte etwas aufgemotzt werden, Candy und Skinny brauchten nicht mehr so oft aufzutreten. Mehr Pep, mehr Satire, weniger Gesangsnummern. Du könntest zum Beispiel mitmachen. Eine Familien-Show. Wie die Osmonds. Welche Eltern wünschen sich schon diese Krimis und Western für ihre Kinder.«
Die Vorstellung, daß Candy und Skinny verdrängt werden sollten, gefiel Lila. Sie haßte die beiden Puppen. Als Lila noch sehr klein war, hatte Lovely Mummie ihr eingeredet, daß das echte Geschwister seien. Inzwischen wußte es Lila natürlich besser. Doch Lila ertappte sich noch mit zehn Jahren dabei, daß sie die Puppen mitunter als etwas Lebendiges betrachtete.
Obwohl der ominöse Geburtstag schon viele Jahre zurücklag, erinnerte Lila sich an jede Minute. Zwischen den Zweigen der Bäume wippten chinesische Laternen im warmen Abendwind. Auf dem Pool schwammen auf Korkplatten brennende Kerzen in zarten Glasbehältern. Dazwischen trieben parfümierte Gardenien. Kellner in weißen Jacketts bedienten die illustren Gäste. Als Lila das Lachen und das Stimmengewirr hörte, wäre sie gern hinuntergegangen. Doch Lovely Mummie und Tante Robbie hatten ihr eingeschärft zu warten.
Lila wartete also. Die Puppen saßen, wie üblich, am Teetisch. Lila bemerkte die Stelle, von der aus ihre Mutter Münder und Gliedmaßen während der Show bewegte. Die Puppen existierten lange bevor es Lila gab, und Lovely Mummie behauptete auch ihrer Tochter gegenüber oft, daß sie die Puppen so liebte wie Lila selbst.
Lila spielte mit geschlossenen Augen das nach, was sie mit Tante Robbie und ihrer Mutter einstudiert hatte.
Dann rief ihre Mutter nach ihr. Lila sprang auf. Da stand Theresa schon im Zimmer und griff nach den Puppen. »Hallo, Kinder, jetzt dürft ihr meine Gäste unterhalten. Wie goldig ihr ausseht!« Lila schauderte, denn ihre Mutter zog die Worte so zusammen, wie sie das nur machte, wenn sie zuviel getrunken hatte.
Stirnrunzelnd betrachtete Theresa O'Donnell ihre Tochter, die sich auf ihren Wunsch vor ihr drehte. »Gut«, entschied Theresa am Ende und setzte ihr Fernsehlächeln auf. Plötzlich runzelte sie die Stirn. »Was ist das? Eine Kette? Mach sie ab. Candy und Skinny haben auch keine Ketten. Das wäre nicht fair.« Theresa tätschelte die Puppen. »Ihr braucht nicht traurig zu sein. Lila wird sie nicht tragen.«
Lila gehorchte ihrer Mutter zähneknirschend. Tante Robbie hatte ihr die Kette als Glücksbringer geschenkt. Warum konnte ihre Mutter nicht endlich damit aufhören, die Puppen in ein Gespräch miteinzubeziehen? Wozu hielt sie an diesem Spuk fest?
Sehr ernst redete Theresa nun auf ihre Tochter ein: »Lila, dort unten sind sehr viele Menschen, die für mich von großer Bedeutung sind. Du darfst deiner Mutter also keine Schande machen.«
»Bestimmt nicht, Lovely Mummie.«
»Lächelt, Kinder, wir haben unseren Auftritt.« Theresa nahm unter jeden Arm eine Puppe und ging unsicher die Treppe hinunter. Lila hoffte inständig, daß sie nicht wieder hinfiel.
Unten angekommen, legte Theresa eine Kunstpause ein, bis sie sich der
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