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Die schoenen Hyaenen

Die schoenen Hyaenen

Titel: Die schoenen Hyaenen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Olivia Goldsmith
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Aufmerksamkeit ihrer Gäste sicher sein konnte. »Heute abend möchte ich Sie alle mit meiner anderen kleinen Tochter bekanntmachen. Lila ist heute abend unsere Debütantin.«
    Candy beugte sich vor und sagte: »Debüt und Rücktritt in einer Vorstellung.«
    »Candy, so etwas sagt man nicht«, schalt Theresa die Puppe.
    »Aber es stimmt«, beharrte Skinny auf der anderen Seite von Theresa. Alles lachte. Lila klopfte das Herz bei den giftigen Bemerkungen der Puppen. Das hatten sie so nicht geprobt.
    Mummie brachte ihre Gäste in den Ballsaal. Lila bestieg das Bühnenpodest. Tante Robbie flüsterte ihr zu: »Keine Angst, Kleine. Du brauchst nur zu machen, was wir einstudiert haben.«
    Sie saß auf einem Kinderstuhl neben ihrer Mutter und wartete, bis Tante Robbie die Moderation gesprochen hatte. Candy und Skinny saßen auf je einem Bein ihrer Mutter. Sie drehten die Köpfe und sahen sich unter den Gästen um.
    Die Musik schwieg. Theresa wandte sich an die Puppen. »Skinny, Candy, wer ist denn das andere hübsche kleine Mädchen auf der Bühne? Ist es eine Freundin von euch?«
    Skinny und Candy sahen sich an. Dann zuckten sie mit den Schultern. »Ich sehe kein hübsches Kind auf der Bühne«, antwortete Candy. »Du etwa, Skinny?«
    »Nichts«, bestätigte Skinny. »Ich sehe nur dich und mich. Wir sind hübsch. Das ist richtig. Noch ein hübsches Mädchen sehe ich nicht.«
    Lila wurde es kalt. So hatte der Sketch nicht beginnen sollen. Mummie hatte etwas vergessen. Tante Robbie hatte Lila eingeschärft, was sie zu tun hatte, falls ihre Mutter den Text vergaß.
    »Also ich sehe ein hübsches kleines Mädchen und zwei Puppen«, erklärte Lila.
    Beide Puppen wandten ihre Köpfe Theresa zu, dann Lila. Lila hörte die Lacher aus dem Publikum und staunte, daß ihr das soviel Spaß bereitete. Sie merkte auch, daß ihre Stimme in dem großen Raum anders klang als gewöhnlich.
    »Ihr müßt es ihr nicht übelnehmen«, sagte nun Skinny. »Sie hofft, vom Varieté entdeckt zu werden.«
    »Meine Bewegungen sind jedenfalls nicht hölzern«, stellte Lila fest. Wieder erntete sie einen Lacherfolg. Doch Lovely Mummie schien das aufzuregen.
    In dem Stil ging es weiter. Man hielt sich mehr oder weniger an die Vorlage. Lovely Mummie vergaß häufig ihren Text, und Lila überspielte das. Sie achtete darauf, daß sie sich bewegte wie die Puppen, den Kopf hielt wie sie und ihre Texte auf ähnliche Weise sprach. Endlich war es geschafft. Sie brauchte nur noch auf ihrem Stuhl zu sitzen, während ihre Mutter ihren berühmten Leitsong vortrug.
    Tante Robbie spielte die ersten Takte auf dem Klavier. Mummie blieb sitzen und lächelte. Das Lächeln wirkte seltsam starr. Im Publikum entstand Unruhe. Das klang wie das Rascheln des Windes in den Orangenbäumen. Warum sang Mummie nicht? Tante Robbie wiederholte die ersten Takte, und Lila verstand, was er ihr damit sagen wollte. Verzweifelt begann Lila den Song aus der Show ihrer Mutter zu singen. The Loveliest Girl in the World . Sie sang so engagiert, daß ihr nicht auffiel, wie totenstill es geworden war. Jedes Gesicht wandte sich Lila zu, sogar das ihrer Mutter, Lila hatte das Lied nie geprobt, doch sie hatte ja Mummies Spielfilm Birth of a Star viele Male gehört. Sie beherrschte den Song perfekt. Sie kam zu der letzten hohen Note, schloß die Augen und sang sie fehlerlos.
    Dann schlug sie die Augen auf. Tante Robbie stand neben dem Flügel und applaudierte. Die Gäste erwachten aus ihrer Erstarrung. Sie schrien, klatschten, pfiffen. Ich hab's geschafft, dachte Lila. Ich hab nicht gepatzt, nicht mal bei Mummies Song. Sie mögen mich. Lila sah ihre Mutter an, stolz und glücklich über ihre Leistung. Ihre Mutter erwiderte den Blick ausdruckslos. Sie hielt Candy und Skinny nun wie richtige Puppen. Das hatte sie noch nie vor Publikum gemacht, und Lila wurde unsicher. Doch sie verbeugte sich vor den Gästen und ließ sich feiern.
    Schließlich trat Mummie neben Lila. Nun lächelte auch sie und verbeugte sich. Sie brachte Lila von der Bühne und verbeugte sich ein letztes Mal allein. Ohne die Rufe nach einer Zugabe zu beachten, erklärte Theresa liebenswürdig: »Ich danke Ihnen allen. Die Mädchen gehören längst ins Bett. Aber Sie werden sie wiedersehen.« Wie auf Wolken ließ Lila sich durch die Gästeschar hinausführen.
    Mr. Wagner legte im Vorbeigehen die Hand auf Theresas Arm. Es wurde wieder still. Alle wollten hören, was Mr. Wagner zu sagen hatte. »Jack, mein Lieber, wie nett, daß Sie kommen

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