Die schoenen Hyaenen
Dino. Ich schlage vor, wir unterhalten uns ganz ungezwungen, und die Jungs nehmen uns dabei auf.«
Jahne fragte sich, wie DiGennaro reagiert hätte, wäre sie auf diesen Vorschlag nicht eingegangen. Doch natürlich kam das nicht in Frage. Ihre Hände wurden feucht. Sie fühlte auch den Schweiß unter ihren Armen. Sie wußte natürlich, daß sie DiGennaro bei einem Vorsprechen hätte beeindrucken können. Schon beim Ablesen eines Textes. Jahne Moore zu spielen, fiel ihr schon schwerer. Sie warf den Kopf zurück und lächelte. »Sie sind der Boss.«
Er lachte. Es klang hoch, wie ein Kichern. Seit er zwei Filme gedreht hatte, die beide je zehn Millionen brutto pro Tag einspielten, wurde er von ganz Hollywood nur »Boss« genannt. »Was wissen Sie über die 60er Jahre, Jahne?« fragte Marty. »Sie meinen Hippies und so?«
»Genau«, stimmte er so begeistert zu, daß sie sofort das Gekünstelte heraushörte.
Sie fuhr fort: »Es war die Zeit der Beatles.« Sie überlegte schnell, wieviel eine Vierundzwanzigjährige über diese Zeit wissen konnte und wie man Marty ein bißchen austricksen konnte. »War Paul McCartney nicht ein Beatle, bevor er zur Bühne ging?« fragte sie unschuldig.
»Au!« schrie Marty, und ein Kameramann stöhnte. »Wenn man so was hört, fühlt man sich uralt, was, Dino? An was erinnern Sie sich noch, Jahne?«
Sie hatte noch etwas auf Lager. »Bobby Kennedy war Präsident, bevor er erschossen wurde.« Sie lächelte in die Kamera und leckte über ihre Lippen. »War da nicht irgendwo Krieg?«
Sie brauchten einige Minuten, bevor sie merkten, daß Jahne mit ihnen spielte. Dann erntete sie schallendes Gelächter von den Technikern und ein Kichern von Marty. »Schon gut.« Marty stand auf und ging zu einem Fenster. Sie sah ihm nach. Die Kamera blieb auf sie gerichtet. Wenn das ihr Test war, würde sie einfach die Kamera als Publikum benutzen, nahm sie sich vor.
»Jahne, ich bin ein Kind der 60er Jahre und bin von der Zeit fasziniert. Das sind auch andere. Die, die damals gelebt haben und die jüngere Generation, die sich wünscht, sie hätte das damals mitmachen können. Wissen Sie, was ein PIQ ist?«
»Nein«, gab )ahne zu.
»Programm-Ideen-Quotient. Jedes Jahr bewertet ein Institut auf Grund einer Umfrage in Haushalten die beliebtesten Sendungen. Die Sender verwerten die Ergebnisse solcher Umfragen bei der Auswahl ihrer Sendungen. So wurde auch meine Idee für eine Show aus den 60er Jahren getestet. Sie kam auf die höchstmögliche Punktzahl, und das bei der Gruppe der Sechzehn- bis Fünfundzwanzigjährigen und der von fünfunddreißig bis fünfzig Jahren. So was gab's noch nie. lch möchte also die Serie in diese Zeit setzen. Da kann ich mir die Musik und den Stil jener Jahre zunutze machen und die politischen Umwälzungen streifen. Wir leben in der Clinton-Zeit. Es gibt nicht nur viele Möglichkeiten für nostalgische Momente, sondern auch viele Parallelen zwischen damals und heute. Die werde ich herausstellen.« Jahne nickte, warf den Kopf zurück und sah in die Kamera.
»Haben Sie Easy Rider mal gesehen?« fragte Marty.
»Aber ja. Das war der erste Film, den Jack Nicholson gedreht hat, nicht wahr?«
»Ja. Mein Projekt soll eine solche Reise auf andere Weise nachvollziehen. Eine Suche nach dem eigenen Ich, eine Suche nach dem wahren Amerika. Ich brauche dafür drei Mädchen auf Motorrädern.«
»Klingt interessant«, sagte sie. Doch insgeheim schauderte sie. Bisher hatte sie nur einmal auf Neils Moped gesessen.
Marty fuhr fort: »Die Serie soll anders sein als alles, was bisher gemacht wurde. Wir werden nur mit einer Kamera filmen. Kein Video. Viele Außenaufnahmen. Die Mädchen reisen ja quer durch Amerika. Ich werde neue Effekte einsetzen. Die Serie darf mit keiner vergleichbar sein. Dazu stehen mir schon jetzt die besten Techniker zur Verfügung.«
Jahne nickte wieder.
»Was benutzen Sie für ein Make-up?«
Jahne erschrak. Hatte er mit seinem geübten Blick eine Narbe entdeckt? »Nichts Besonderes. Eine Grundierung, Lancome glaube ich. Und Rouge...«
»Hätten Sie etwas dagegen, einen Exklusivvertrag mit einer Kosmetikfirma abzuschließen, in dem Sie sich verpflichten, nur deren Produkte zu benutzen?«
»Nein.« Sie versuchte, ihre Erleichterung zu verbergen. »Na, Dino, wie kommen wir raus?« fragte Marty.
»Sieht gut aus, Boss«», erwiderte Dino.
»Und was nun?« fragte Jahne lächelnd.
Marty gab ihr ein Dutzend loser Seiten. »Würden Sie die lesen? Es ist die Rolle der
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