Die schoenen Hyaenen
weibliche Schönheiten stehen, hatte diese Frau etwas Atemberaubendes. Außerdem kam sie ihm irgendwie bekannt vor. An sich vergaß Marty nie ein Gesicht.
Sie war sich der Aufmerksamkeit, die sie erregte, durchaus bewußt. Doch die prallte an ihr ab. Die Ruhe und Distanziertheit, die von ihr ausgingen, schufen einen Abstand zwischen ihr und ihrer Umgebung. Ein Mann gesellte sich an ihre Seite. Marty begriff, daß diese Frau Paul Grassos Freundin sein mußte.
Unfasslich! Marty hätte fast laut gelacht. Die Frau war entschieden eine Nummer zu groß für Paul, der sich normalerweise mit Mädchen begnügte, die er in Las Vegas oder an Bushaltestellen auflas.
Bethanie hatte, wie viele andere in dem Lokal, den dramatischen Auftritt verfolgt. Sie wandte sich an Marty. »Wer sind denn die beiden da?« Bethanie bekam es mit der Angst. Nachdem sie vor kurzem von diesem Lumpen Sam Shields fallen gelassen worden war, hatte sie nicht vor, diese Behandlung auch von Marty hinzunehmen. Sie kannte inzwischen die Überlebensregel von Hollywood: »Schlaf dich nach oben.« Nur Marty besaß bereits soviel Einfluß und Macht, daß er es sich leisten konnte, mit jemandem zu schlafen, der unter ihm rangierte.
»Ich werde dich gleich vorstellen.« Marty stand auf und reichte Paul die Hand. Doch er sah die junge Frau an, die ihn an jemanden erinnerte. »Schön, dich zu sehen, Paul. Das ist Bethanie Lake, Paul Grasso. Wir sind alte Freunde.«
Gutgelaunt schüttelte Paul Martys Hand. Er stellte seine Begleiterin vor.
Bethanie ließ sich ihr Missvergnügen anmerken. Scheiße, dachte sie. Muß diese Hure auch noch den ganzen Abend Marty gegenübersitzen? Immer hab ich Pech!
Lila betrachtete Bethanie nachdenklich. »Bethanie Lake. Haben Sie nicht die Leora in Houston gespielt?« Bethanie nickte. »Sie haben die Show gerade rechtzeitig verlassen«, fand Lila. »Danach rutschte sie ab.«
Bethanie begann sich zu entspannen. Doch Marty konnte den Blick nicht von Lila abwenden. Sie bewegte sich graziös. Was sie eben gesagt hatte, war obendrein ausgesprochen liebenswürdig gewesen. Jeder wußte, daß Bethanie damit einen Riesenbock geschossen hatte. Sie hatte eine erfolgreiche Serie zu einem Zeitpunkt verlassen, wo sie dauerhaften Ruhm einzubringen versprach, nur weil sie auf eine mittelmäßige Filmrolle scharf war. Der Film wurde prompt zum Flop. Ihr Agent hatte versucht, sie von diesem unsinnigen Schritt abzubringen, doch sie glaubte, es besser zu wissen. Damit hatte sie ihre Karriere geschmissen, falls Marty ihr nicht eine zweite Chance gab.
»Ich habe einen kalifornischen Weißwein bestellt, wenn es euch recht ist«, sagte Marty, als der Ober mit der Flasche erschien.
Lila legte die Hand über ihr Glas. »Ich hätte lieber einen Manhattan.« Marty nickte dem Kellner zu.
Wieder rätselte Marty an der Frage herum, woher er diese Frau kannte. »Sind wir uns schon einmal begegnet?« fragte er schließlich, obwohl das eine schrecklich abgedroschene Frage war und er sich deswegen schämte.
Lila lächelte und hob die schöngeschwungenen Brauen etwas höher. »Sie werden ja kaum die Westlake Mädchenschule kennen.« Sie wandte sich ab, als öde sie das alles an. »Nein, wir sind uns nie begegnet.« Doch dann, als besinne sie sich ihrer guten Manieren, fügte sie hinzu: »Es ist nett, daß Sie fragen.«
»Kann es sein, daß ich Sie schon einmal auf der Bühne gesehen habe?« Die Neugier ließ Marty keine Ruhe.
»Was ich bestimmt nicht mache, ist schauspielern. Meine Mutter hat versucht, mich in diese Laufbahn zu pushen. Doch da habe ich nicht mitgemacht.«
»Mann, ich dachte, heute abend würde nicht gefachsimpelt,«, beschwerte Paul sich bei Marty.
»Was hat Ihre Mutter gemacht, Lila?« ließ Marty nicht locker.
»Viel«, schnurrte sie.
Er lachte. Die Frau gefiel ihm. Auch Paul wurde in ihrer Gegenwart wieder der alte. Nur Bethanie fühlte sich an diesem Abend keineswegs wohl. Das konnte ihr niemand übelnehmen. Sie verlor soeben die Chance ihres Lebens.
Marty lächelte Lila an. »Ich meine, was hat sie im Leben gemacht? War oder ist sie glücklich? Hat sie viel verdient, oder war sie von Geburt an reich?«
»Sie ist arm zur Welt gekommen und aus eigener Kraft reich geworden. Ich wurde reich geboren und gedenke das auch zu bleiben. Auf welche Weise, kann ich noch nicht sagen. Meine Mutter war begabt. Ich sehe ihr nur ähnlich. « Mit einem, leichten Senken des Kopfes deutete sie dem Kellner an, daß sie noch einen Manhattan wünschte.
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