Die schoenen Muetter anderer Toechter
Frederike und zu ihrem bereits wieder geleerten Weinglas. Hatte sie gemerkt, dass sie in der Falle saß?
Sie schwieg.
»Wir fragen nur deshalb, weil du zu einem Zeitpunkt von dem Diebstahl wusstest, zu dem nur sehr wenige Menschen davon unterrichtet waren«, bohrte Frauke weiter.
»Wenn wir es genau nehmen, konntest du unmöglich davon wissen. Es sei denn, du hattest direkten Kontakt zu derjenigen, die etwas mit dieser Sache zu tun hatte.«
Nancy starrte weiterhin auf ihr Glas. Ihre Augen füllten sich mit Tränen.
Lenas Stimme ertönte ungehalten vom anderen Ende des Tisches: »Mensch, Nancy, jetzt sag doch, wer dir das erzählt hat. Wir sind doch nicht hier, um eine von uns ins Kreuzverhör zu nehmen.« Damit war sie zwar im Irrtum, aber niemand wollte sie in diesem Augenblick korrigieren.
Nancys Unterkiefer zitterte leicht. Ihre Hand krabbelte über das Tischtuch zum Weinglas hinüber und klammerte sich daran fest. Volker räusperte sich vernehmlich, doch es fiel ihm Göttin sei Dank nichts Gehaltvolles ein. Ich hielt den Atem an, genau wie Frederike, Karolin und Frauke. Nancy war kurz davor, umzukippen. Das war ganz deutlich zu spüren. Frauke hatte recht gehabt. Nancy wusste etwas. Nur noch wenige Sekunden!
Gerade als sich Nancys Mund öffnete, sagte Angela: »Also, die Idee, einen Roman über die Lesbenszene zu schreiben, finde ich jedenfalls köstlich. Ich stelle es mir unheimlich spannend vor.«
Nancys Mund klappte wieder zu. Sie schüttelte kurz den Kopf, sich mit einem Schlag bewusst, dass sie um ein Haar alles ausgeplaudert hätte, was sie wusste.
Lena, die außer ihren Befürchtungen, ihre Mutter und mich betreffend, scheinbar keinen klaren Gedanken fassen konnte, fauchte: »Mama, wenn du so wahnsinnig neugierig bist, dann würde ich dir empfehlen, das Buch zu kaufen. Von Feldforschung kann ich dir in deiner momentanen Lebensphase jedenfalls nur abraten.«
Volkers Kopf flog herum. Sein Gesichtsausdruck wäre eine Karikatur wert gewesen.
»Also, ich muss mich schon wundern. Was ist denn das für ein Tonfall, Lena?«, versuchte er sie zu beschwichtigen. Nicht ohne Angela einen vorsichtig fragenden Blick zuzuwerfen. Da seine ehemalige Ehefrau in diesem Moment just zu mir sah, wanderten seine Augen in die gleiche Richtung und erstarrten plötzlich verstehend. Ich sah mich nach einer Fluchtmöglichkeit um. Doch der einzige Weg war durch Lothar versperrt, der eigentlich zum Bad unterwegs gewesen war und nun den raschen Schlagabtausch interessiert an der Tür abwartete.
»Entschuldigung, aber wir versuchen gerade, lebenswichtige Fragen zu klären«, meldete Karolin ihr Recht an, das Gespräch um Iris und das verschwundene Manuskript fortzusetzen.
»Meine Familie ist für mich lebenswichtig«, gab Lena pathetisch zurück.
»Wenn ich dazu auch mal was sagen dürfte«, meldete sich Volker.
»Lebenswichtig? Für wen eigentlich? Lebenswichtig für dich?«, höhnte da Nancy in Frederikes Richtung.
»Sag uns doch, für wen es lebenswichtig sein könnte, dass das Buch nicht erscheint. Vielleicht können wir diese beiden Leben in eine Waagschale werfen!«, ereiferte sich die Angesprochene mit hochrotem Kopf.
»Familie ist auch für mich von großem Wert«, stellte Volker thematisch fehlplatziert klar.
»Dass ich nicht lache!«, fuhr ihn Angela an. »Du scheinst ja in den letzten Monaten deinen Humor zurückgewonnen zu haben.«
»Zufällig brauche ich das Geld, das ich für das Manuskript bekomme. Ich muss Verträge einhalten. Ich muss es zurückhaben!«, sagte Frederike eindringlich.
»Es ist auch der ideelle Wert!«, warf Jackie ein, die es nicht ertragen konnte, dass die Diskussion an ihr vorüberging. Ellen gab ihr über Lothars freien Stuhl hinweg einen leichten Stoß.
»Es gibt keine Rechtfertigung dafür, das Leben eines Menschen zu zerstören«, schmetterte Nancy.
»Genau!«, rief Angela, mit wildem Blick auf Volker. »Oder den Zusammenhalt einer ganzen Familie aufs Spiel zu setzen!«
»Deshalb sollten alle vereint versuchen, Fehler wieder hinzubiegen und nicht noch dagegenarbeiten oder egoistische eigene Ziele verfolgen!«, setzte Lena entschlossen hinzu und beschoss mich mit Giftpfeilen aus ihren schwarzen Augen.
»Niemand verfolgt egoistische Ziele«, wagte ich schwach zu widersprechen.
»Aber natürlich!«, unterbrach mich Nancy. »Oder ist es nicht egoistisch, Kapital zu schlagen aus dem Schicksal von Menschen?«
»Das klingt, als betriebe ich Sklavenhandel!«, empörte sich
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