Die schoenen Muetter anderer Toechter
einmal in die Runde und leerte dann das Glas in einem Zug.
Lenas Gesicht sah aus, als sei es mit roter Farbe übergossen worden. Wenn sie klug war, würde sie nicht aufsehen und sich damit ein paar Giftpfeile aus meinen Augen ersparen. Sie sah rührend niedlich aus, wie sie so über und über verlegen dort saß, aber ich hätte ihr liebend gern den Hals umgedreht.
Ihrem Vater gegenüber die angebliche Beziehung zu mir als Vorwand für diese Einladung zu nutzen, war schon peinlich genug für sie. Aber nun noch vor allen FreundInnen bei dieser Lüge erwischt und derart bloßgestellt zu werden, musste sie furchtbar beschämen.
Fast alle im Raum wussten ja über die tatsächlichen Verhältnisse Bescheid und saßen nun steif auf ihren Stühlen, bemüht, einander nicht anzusehen. Volker schien es jedoch gar nicht zu merken, dass nur Jan und Ulli, zwar mit verwirrten Mienen, aber zumindest willens, ihre guten Wünsche zu bekunden, ebenfalls an ihren zum Tost erhobenen Gläsern nippten.
»Zeit für den Nachtisch!«, rief Jackie da und sprang auf, um die Teller und Schüsseln einzusammeln. Lothar und Frauke taten es ihr nach. Es entstand eine regelrechte Abräumhektik, die scheinbar alle nutzen wollten, um ihrer Verwirrung wieder Herr zu werden.
Ich blieb betäubt sitzen und blickte Lena hinterher, die ebenfalls mit zwei Schüsseln in Richtung Küche verschwand.
Von der Seite brannte mir plötzlich ein Blick ins Gesicht, und ich wandte den Kopf. Angela lächelte. Mir lief ein Schauder den Rücken hinunter. Dieses Lächeln war so bitter, traurig und zugleich versöhnlich, dass ich am liebsten aufgesprungen wäre, um laut zu schreien: ›Hört mal zu! Das ist doch alles gar nicht wahr! Lena und ich sind kein Paar, sind wir nie gewesen. Na, gut, wir waren miteinander im Bett. Wir hatten Sex. Aber was bedeutet das schon gegen einen Kuss … gegen einen solchen Kuss?‹
Die kleinen Dessertschälchen und die Platten mit den vorbereiteten Küchlein erschienen wie von Geisterhand auf dem Tisch. Von irgendwo lächelte Ellen mich an. Jackie lachte laut über einen Witz. Ich nahm mir ein Dessert und vergaß, es zu essen. So abwesend und verstört war ich, dass ich zunächst gar nicht mitbekam, wie sich neben mir plötzlich eine gefährliche Situation immer weiter zuspitzte.
»Wenn du der Meinung bist, dass Autorinnen darauf Rücksicht nehmen sollten, dass sie andere Menschen nicht in ihrer Privatsphäre verletzen, frage ich mich natürlich, ob du schon mal schlechte Erfahrungen gemacht hast«, sagte Karolin gerade zu Nancy.
Die sah plötzlich düster drein und rührte mit dem Löffel in ihrem Schälchen herum. Frauke hatte Erfolg gehabt mit ihrer beständigen Betreuung, was den Weinnachschub anbelangte. Wenn Nancy die Beherrschung verlieren und ihr Geheimnis preisgeben würde, dann hier und jetzt.
»Ich persönlich nicht«, brummte Nancy da und schob sich einen weiteren Löffel Pudding in den Mund. Ein kleiner Rest blieb an ihrer Unterlippe hängen und lief in einem dünnen Faden hinunter zu ihrem Kinn. Ich widerstand der Versuchung, sie darauf aufmerksam zu machen. »Aber jemand, der mir am Herzen liegt …«
»Kennst du Iris Landwerkler?«, platzte Frederike da heraus.
Nancy starrte sie, plötzlich feindselig, an.
»Kann mir mal jemand helfen? Redet ihr da jetzt von diesem Buch oder so etwas, das verschwunden ist?«, mischte sich in diesem Augenblick Angela ein.
Alle sahen sie an. Sie wurde verlegen und wandte sich an Lena. »Das hast du doch erzählt, oder nicht?«
Lena weilte mit ihren Gedanken immer noch ganz woanders. Sie bedachte mich mit finsterem Blick und antwortete: »Das hast du dir ja sehr gut gemerkt. Mir scheint, du hast momentan recht viel Interesse an der Szene und allem, was damit zusammenhängt.«
»Du hast also deiner Mutter von diesem verschwundenen Manuskript erzählt?«, flocht Frauke scheinbar neugierig das Netz weiter.
Lena zuckte mit den Achseln. »Ich hab’s von Nancy. Nancy, woher wusstest du das? Hat Kati dir das erzählt?«
»Kati?«, stotterte Nancy, mit einem Male verwirrt. »Nein, ich …«
»Aber wer hat dir denn diesen Klatsch rübergereicht?«, wollte Frauke mit leiser Stimme wissen. Ihre schlanke, große Gestalt beugte sich ein wenig zur Seite in Nancys Richtung. Ich fand, es sah ziemlich bedrohlich aus.
»Ja«, setzte Karolin auch noch hinzu, während Frederike ihre Serviette mit feuchten Händen zerknautschte. »Woher wusstest du davon?«
Nancy sah rasch zu Lena, zu mir, zu
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