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Die schoenen Muetter anderer Toechter

Die schoenen Muetter anderer Toechter

Titel: Die schoenen Muetter anderer Toechter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Miriam Muentefering
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war. Denn selbstverständlich hatte auch sie inzwischen von dem verschwundenen neuen Buch erfahren.
    Ein paar Anrufe bei Nancys Freundinnen später hatte sie auch herausgefunden, wo ihre Nichte sich heute Abend befand und vor allem: wer sich dort noch aufhielt.
    Tatjana Grünapfel zog sich zuerst mit Nancy und dann mit Frederike zu einer stillen Unterredung für kurze Zeit auf den Balkon zurück. Nancy verließ danach mit hochrotem Kopf und sichtlich zerknirscht eine Entschuldigung hervorstammelnd die Wohnung. Jackie fiel fast von ihrem Stuhl, als sie ihr hinterherschauen wollte.
    Frederike hingegen hatte nach diesem Gespräch einiges zu erzählen. Nicht nur, dass sie selbst angeboten hatte, den Namen und die Lebensumstände der betreffenden Romanfigur komplett zu ändern und Frau Grünapfel das dankbar angenommen hatte. Nein, sie ließ auch die Bombe platzen: Tatjana Grünapfel hatte sich vor wenigen Tagen gemeinsam mit ihrem Mann zur Trennung entschlossen.
    »Sie hat gesagt, sie will ihr wirkliches Ich nicht länger verstecken«, berichtete Frederike nach Frau Grünapfels theaterreifem Abgang.
    Doch bevor die ehemalige Schauspielerin meine Wohnung mit wehendem Lackmantel und stolz erhobenem Kopf verließ, reichte ›Jana‹ Angela noch ihre Visitenkarte, und Angela versprach, sich bald zu melden.
    Volker saß sprachlos auf seinem Platz und erlangte seine joviale Lässigkeit auch in der folgenden halben Stunde nicht wieder. Schließlich verabschiedete er sich und ließ verstört seinen Blouson an der Garderobe hängen. Lena, die blass und stumm die kläglich im Stich gelassene Tafel abgeräumt hatte, schnappte die Jacke und lief ihm nach, kam aber nicht wieder zurück.
    Ulli und Jan, verwundert über so viel chaotische Beziehungsgeflechte, verabschiedeten sich ebenfalls recht bald. Ich hätte zu gerne gewusst, welche Gerüchte demnächst in der Schwulenszene über unseren FreundInnenkreis kursieren würden.
    Wir Verbliebenen saßen und standen ratlos herum.
    Frederike umklammerte immer noch ihre kostbaren Manuskriptseiten. Karolin saß fassungslos neben ihr und beteuerte immer wieder, was für ein Glück es doch sei, dass Frau Grünapfel ein so ehrlicher Mensch sei.
    Frauke schien ein wenig missgestimmt ob der Ereignisse. Ein Fall, der sich plötzlich vollkommen von selbst aufklärt, indem die Täterin gesteht und sogar das entwendete Diebesgut zurückgegeben wird, entsprach nicht ganz ihren detektivischen Erwartungen.
    Lothar tröstete sie leise damit, dass sie selbst ganz nah an der Lösung dran gewesen sei. Es habe sich quasi nur noch um Minuten gehandelt.
    »Was für ein Abend!«, seufzte Ellen und reckte sich. »Ich denke, ich werde gleich vor lauter Erschöpfung ins Bett fallen. Falls du morgen eine Hilfe zum Spülen brauchst, ruf jemand anderen an, Jackie zum Beispiel.«
    »Ja, klar, ruf nur Jackie an, wenn du Drecksarbeit zu vergeben hast«, maulte diese und schnitt Ellen eine Grimasse. Auch diese liebevolle Frotzelei fiel irgendwie müde aus.
    »Wir brechen auch auf«, beschloss Lothar.
    »Wir auch, nicht Frederike? War etwas viel heut Abend für unsere Nerven.«
    Und so polterten alle sechs FreundInnen auf einen Schlag die Treppe hinunter.
    Ich stand noch ein paar Minuten an der Tür, atmete dann tief durch und wandte mich um. Angela hatte ihre kleine schwarze Tasche geschultert und wartete. Wir waren plötzlich ganz allein miteinander.
    Die Luft vibrierte in dem kleinen Flur.
    »Du siehst müde aus«, stellte Angela mit weicher Stimme fest. »Geht’s dir nicht gut?«
    Ich fasste mir an die Stirn. »Ich fürchte, ich werde einen schrecklichen Adrenalin-Kater bekommen.«
    »Dann werde ich jetzt auch gehen«, sagte sie, rührte sich aber nicht vom Fleck.
    Ich hatte den dringenden Wunsch, etwas klarzustellen.
    »Diese Tischrede von deinem Ex …«, begann ich etwas hilflos.
    Angela lachte betont heiter. »War er nicht schrecklich?«
    »Lena hat ihm erzählt …«, ich brach ab. »Es stimmt jedenfalls nicht. Wir sind kein Paar. Waren nie eins, werden nie eins sein.«
    Sie nickte langsam. »War es das?«
    »Ja, das war’s. Das wollte ich nur loswerden.«
    Schweigen zwischen den weißen Wänden, unter der Beleuchtung von Halogenlampen.
    »Kannst du mir sagen, was das war vor drei Wochen?«, fragte sie schließlich zögernd. Sie klang bittend, als wisse sie wirklich nicht, was sie von unserer zaghaften Geschichte halten solle.
    Meine Hände flatterten hinter meinem Rücken, wo ich sie vorsorglich verborgen

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