Die schoenen Muetter anderer Toechter
entlanghoppeln. Und ich sah uns an ihrem Bücherregal stehen, im ›Yellow‹ in der kuscheligen Nische sitzen, in ihrer Küche das sorgsam zubereitete Dinner verspeisen. Das alles war die Realität. Aber doch nicht das hier!
Irgendwo war Lenas fragendes Gesicht, mal mir, mal ihrer Mutter zugewandt.
Ich brachte es nicht einmal fertig, sie heiter anzulächeln. Ich konnte nur hoffen, niemand würde mir eine kompromittierende Frage stellen. Denn ich fürchtete, in meinem Zustand keine anständige Lüge zustande zu bringen.
»Mama, möchtest du noch Kartoffeln? Volker, gibst du ihr bitte mal die Schüssel rüber?«, orderte Lena. Ihre Wangen glühten aufgeregt.
Doch Volker unterhielt sich gerade mit Ellen, die ihn mit ihrem zart schimmernden Zauber seit zehn Minuten völlig in Beschlag nahm.
Ich dagegen hatte Angelas suchenden Blick über den Tisch schon vor Lena bemerkt und griff nach der Schüssel, die in meiner Nähe stand. Karolin wollte sie hilfsbereit weiterreichen, aber ich stand lieber auf und beugte mich ein Stück hinüber.
»Bitte«, sagte ich, und es klang, als hätte das Wort hinter den beiden ›t’s‹ auch noch ein ›h‹. Angela sah mich zum ersten Mal an diesem Abend an. Ihre Pupillen vibrierten wie zwei aufgeregte Heuschrecken.
»Danke«, antwortete sie leise und griff nach der Schüssel. Doch als ihre Hand sich sanft um meine schloss, zog sie sie mit einem Ruck zurück, als hätte sie in Brennnesseln gefasst. Die Schüssel mit den Kartoffeln klirrte auf den Tisch und entließ ihren Inhalt, in alle Himmelsrichtungen kullernd, über das strahlend weiße Tischtuch. Alle lachten, machten halblaute Scherze über das Missgeschick, und zig hilfreiche spitze Finger sammelten die heiße Ware wieder ein.
Angelas Gesicht glühte, und ihr Lachen schrillte viel zu laut und hell. Ich murmelte etwas von »glitschigem Porzellan« und begegnete plötzlich Lenas Augen. Sie sahen mich aus ihrer Schwärze heraus voll erschreckenden Verstehens an. Wie in Zeitlupe glitt ihr Blick hinüber zu Angela, über deren entgleiste Miene und wieder zurück zu mir, durch meine Haut hindurch, unter die Oberfläche, wo ganz nah am Sichtbaren meine Gefühle schwammen.
Während alle anderen den kleinen Vorfall schon nach wenigen Minuten vergessen zu haben schienen, saßen Angela, Lena und ich wie versteinert auf unseren Plätzen.
Da erhob sich Volker und klopfte an sein Glas. Alle Gespräche verstummten schlagartig.
»Liebe Gäste«, begann er, und Lena unterbrach ihn mit »Ach, Volker, lass doch bitte!«, doch er ließ sich nicht beirren, sondern lächelte ihr nur mit rotweingezeichneten Wangen wohlwollend zu. »Liebe Gäste, wie ich schon sagte, wir sind heute hier zusammengekommen, um mit diesem netten Abendessen etwas zu feiern. Nicht nur, dass wir einige sympathische Menschen kennenlernen dürfen«, dabei prostete er Ellen zu, die, Schlimmstes ahnend, ihr Weinglas umklammerte, »nein, wir wollen ja auch ganz besonders zwei Personen hochleben lassen, die seit ein paar Wochen das Vergnügen haben, ein Paar zu sein.« Dabei sah er Lena und mich eindringlich an. Lena fing meinen verstörten Blick auf und wurde rot bis an die Haarwurzeln. Angela sah auf ihren Teller, wo ein Stück Zucchini bereits begann, braun zu werden.
»Das Leben als Paar ist wesentlich schöner, als allein durch die Welt zu ziehen«, fuhr Volker mit ungemindertem Pathos fort. Lothar hüstelte leise. »Viele Dinge machen zu zweit mehr Spaß als allein. Es gibt viele Herausforderungen und Erlebnisse, bei denen man sich sagen kann: ›Gut, dass ich nicht allein bin!‹ Denn nichts ist im Leben wichtiger als das Gefühl, jemanden an seiner Seite zu haben, der bedingungslos zu einem steht.«
›Jetzt hat er sich in eine Sackgasse bugsiert‹, dachte ich schon, trotz meines Schreckens amüsiert. Aber Volker hatte nur kurz Luft geholt.
Es ging weiter.
»Dann gibt es hin und wieder Phasen, in denen es vielleicht nicht so gut klappt. Vielleicht verliert man einander aus den Augen, vielleicht werden Fehler gemacht …« Angela erwiderte seinen vielsagenden Blick nicht, sondern fixierte weiterhin die Zucchinischeibe auf ihrem Teller. Die meisten hier wussten ja sowieso, dass er nun eher von ihnen beiden als von Lena und mir sprach. »Aber auch in solchen schweren Zeiten heißt es immer wieder: zueinander stehen, beieinander bleiben, einander guttun! Und das möchte ich meiner Tochter und ihrer netten Freundin hiermit von ganzem Herzen wünschen!«
Er prostete
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