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Die schoenen Muetter anderer Toechter

Die schoenen Muetter anderer Toechter

Titel: Die schoenen Muetter anderer Toechter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Miriam Muentefering
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herum, warf sich ihre Tasche über die Schulter und wirbelte hinaus. Die Wohnungstür fiel mit einem Krachen hinter ihr und Loulou ins Schloss.
    Ich rannte zum Fenster des Arbeitszimmers, um es aufzureißen und Frauke zurückzurufen. Aber dann ließ ich es. Meine Wut war noch längst nicht verraucht, und ich wusste nicht, was ich dem eben Gesagten noch hätte hinzufügen sollen. Auf der Straße verschwand Frauke gerade stampfend um die nächste Hausecke.
    Eins musste ich ihr lassen, bei ihrem letzten Argument hatte ich wirklich ganz schön dumm geschaut.
    Eine Weile lang tigerte ich in der Wohnung auf und ab. Frauke war ein echter Hitzkopf, wenn man sie auf die Palme brachte. Und das war mir wohl gelungen. Sie brauchte gewiss einen Tag, um sich wieder zu beruhigen. Und ich brauchte diesen Tag, um mal in Ruhe darüber nachzudenken, wie viel Wahrheit in ihren Worten zu finden sein würde, wenn ich mich in einer stillen Stunde mit viel Selbstkritik danach befragen würde.
    Da wir also beide ein wenig Zeit brauchten, kam es auch nicht infrage, sie anzurufen und mich zu entschuldigen oder weiter mit ihr zu streiten, wie auch immer.
    Also rief ich Jackie an, die unter uns die Expertin in Sachen Szene geblieben war. Sie war zu Hause und lauschte meiner Erzählung mit höchster Aufmerksamkeit.
    »Hm«, machte sie schließlich. »Das klingt nach einer Krisensitzung. Ich komme am besten kurz vorbei, und wir besprechen alles Weitere. Ach ja, und ich glaube, es wäre vorerst nicht besonders klug, Frederike davon zu erzählen. Sie dreht seit gestern völlig am Rad, weil ihr klar geworden ist, dass sie durch das Verschwinden des Manuskriptes den Vertrag mit ihrem Verlag nicht einhalten kann.«
    Ich nickte. »Hast recht. Das bringen wir ihr am besten sehr schonend bei. Okay, dann bis gleich.«
    Meine Wanderung durch die achtzig Quadratmeter meiner Altbauwohnung ging weiter. Ich hatte mich unmöglich benommen. Frauke hatte natürlich recht. Lesben waren für mich Frauen mit erweitertem Bewusstsein. Frauen, die nicht in den plattgelatschten Bahnen vor sich hin schlurften, die schon ihre Urgroßmütter ausgetreten vorgefunden hatten. Selbstverständlich war ich der Meinung, dass Lesben anders waren, und wahrscheinlich, ich seufzte laut, da es ja eh niemand hören konnte, glaubte ich tatsächlich, dass sie damit auch besser waren. Was für ein überheblicher Lesbensnob ich doch war …
    Und das, obwohl ich der Szene gegenüber doch auch durchaus kritische Töne anschlagen konnte. Ich hielt wahrhaft nicht alles hoch, was Lesben so von sich gaben oder auf die Beine stellten, ich krittelte, meckerte, bedauerte und forderte. Und doch … es lag ein Zauber in der Idee der weiblichen Welt, des weiblichen Denkens und weiblichen Miteinanders. Ich konnte nicht leugnen, dass ich wirklich sehr froh darüber war, lesbisch zu sein.
    Als es an der Tür klingelte, betätigte ich den Summer, lehnte die Tür an und ging wieder hinüber ins Wohnzimmer.
    Eigentlich hatte ich in der Zwischenzeit eine kleine schriftliche Aufstellung anfertigen wollen, die uns beim weiteren Nachdenken zum Manuskript-Fall behilflich sein sollte. Aber durch meine selbstkritischen Grübeleien war ich nicht dazu gekommen.
    So saß ich über ein Blatt Papier gekrümmt auf dem Sofa, als ich Schritte im Wohnungsflur hörte und es zaghaft an den Rahmen klopfte.
    Es war Lena.
    »Hi«, sagte sie. »Darf ich reinkommen?«
    Ich sprang auf und deutete auf Sofa und Sessel. »Klar. Logisch. Setz dich. Möchtest du etwas trinken?«
    Sie schüttelte den Kopf und setzte sich in den Sessel. Sie lächelte nicht, sondern machte ein ernstes Gesicht. Ihre Augen waren gerötet.
    »Du siehst aus, als kämst du nicht aus reinem Zufall hier vorbei«, begann ich vorsichtig und versuchte, mich an ihren Anblick in meinem Sessel zu gewöhnen.
    Sie machte eine Handbewegung, als würde sie lustlos einen Tennisball nach mir werfen. Ihr Arm vibrierte davon.
    »Meine Mutter!«, stöhnte sie. Das erklärte schon einiges.
    »Gestritten?«, fragte ich dennoch nach.
    »Sie ist super mies drauf. Seit neulich Abend. Du weißt schon, das verpasste Mutter-Tochter-Abendessen. Keine Ahnung, was los ist. Ich glaube, sie ist noch sauer oder so. Obwohl sie sonst nicht so nachtragend ist. Aber irgendwas ist mit ihr los. Sie ist echt komisch drauf. Mit der Wohnung kann es nicht zusammenhängen. Sie hat ja selber schon mal den Vorschlag gemacht, dass ich mir eine eigene Bude suchen könnte.«
    »Schenk ihr doch mal Blumen«,

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