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Die schoenen Muetter anderer Toechter

Die schoenen Muetter anderer Toechter

Titel: Die schoenen Muetter anderer Toechter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Miriam Muentefering
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seien gute Freundinnen … vielleicht ein Paar.« Sie räusperte sich. »Wenn ich gewusst hätte, dass Sie sich erst vor kurzem kennengelernt haben, dann hätte ich Ihnen niemals das Essen aufgedrängt und Sie zugeredet mit all diesem …«
    Ich winkte ab und hoffte, dass meine Worte so ehrlich klangen, wie sie auch gemeint waren: »Bitte keine solchen Entschuldigungen. Es war doch ein netter Abend zum gegenseitigen Kennenlernen. Und nicht zuletzt habe ich das köstliche Essen sehr genossen.«
    Sie guckte zweifelnd. Hatte ich es mir doch gedacht, dass sie nicht so leicht zu überzeugen war. Doch der einfachste Trick in solch einem Falle von zaghaftem Unglauben ist es immer, eine klare Aussage einfach stehen zu lassen – ohne weitere erklärende Zusätze, die doch nur wie eine unglückliche Verstrickung von Ausreden wirken würden. Also schwieg ich vielsagend und nickte nur noch einmal zur Bekräftigung des eben Gesagten.
    Wie ich erwartet hatte, entspannte sie sich nun und nickte ebenfalls. Sie glaubte mir meine Aufrichtigkeit.
    Wäre sie meine Mutter, hätten wir wahrscheinlich nicht sehr viele Reibungspunkte. Ich glaubte, gut mit ihr umgehen zu können. Aber es kam mir irrwitzig vor, sie mir als meine Mutter zu denken. Früher hatte ich das Spiel oft gespielt. Mir vorzustellen, wie es wäre, die Eltern von jemand anderem zu haben. Aber bei ihr wirkte die Vorstellung absurd, als würde ich mir vorstellen, Jackie sei meine Mutter oder Ellen. Ja, Frau Rose fühlte sich ganz eindeutig eher wie eine Freundin als wie eine Mutter an.
    Spontan beugte ich mich vor und klopfte direkt neben ihrem Weinglas mit der flachen Hand auf den Tisch.
    »Ich freue mich, dass ich Sie hier getroffen habe. Eigentlich bin ich nämlich hierher gekommen, um mir so richtig die Kante zu geben. Ich glaube, in Ihrer Gesellschaft könnte der Abend auch ohne zu viel Alkohol schön werden.«
    »Wissen Sie, dass das das Netteste ist, das mir seit langem jemand gesagt hat?«, murmelte sie.
    »Sie müssen in schlimmen Verhältnissen leben«, scherzte ich, denn ich war von ihrer leisen Stimme berührt.
    »Sie haben recht. Ich sollte das ändern!«, stellte sie entschlossen fest. Und ich fand es fast schade, dass der stille Moment vorüber war.
    Der goldene Ohrring kam herbeigeschwebt und stellte ein Sider vor mir ab. Frau Rose nippte am Wein.
    »Vielleicht hätte ich lieber gleich ein Viertel bestellen sollen?«, sann sie nach, als sie einen Blick auf die Striche auf ihrem Bierdeckel warf, wo ihre Zeche verzeichnet war.
    »Wollen Sie sich betrinken, weil es Ihnen nicht gut geht?«, erkundigte sie sich, nachdem wir uns zugeprostet und getrunken hatten.
    »Ach, na ja, es laufen ein paar Dinge nicht ganz so, wie ich es mir wünschen würde, wenn ich es mal ganz pragmatisch ausdrücken darf«, erging ich mich in Andeutungen und hoffte verrückterweise, dass sie weiter nachfragen würde.
    »Mit Lena?«, wollte sie wissen.
    »Zugegeben, ja, auch mit Lena«, seufzte ich, und sie lächelte.
    »Ich kann mir vorstellen, dass sie nicht leicht zu handhaben ist, was diese Dinge angeht. Immerhin ist sie Einzelkind, im wahrsten Sinne des Wortes. Ich bin um sie gekreiselt, als sie noch jünger war. Grässlich. Ich muss eine richtige Glucke gewesen sein. Und weil sie so verwöhnt ist, stellt sie bestimmt hohe Ansprüche an alle, die … die …«
    »Ihr nah kommen wollen?«, half ich ihr weiter.
    »Ja! Das wollte ich sagen!« Sie griff dankbar nach diesem Strohhalm. Doch dann fuhr ihre Hand unwirsch durch die Luft. »Fällt es eigentlich allen Eltern so schwer, mitanzusehen, wie ihre Töchter erwachsen werden, sich verlieben, Beziehungen eingehen, sich trennen?«
    »Fällt es Ihnen denn schwer?«, erkundigte ich mich.
    Obwohl wir über ihre Tochter sprachen, wurde Angela Rose nicht zu der Mutter, die ich neulich Abend hatte kennenlernen können und die ihr nach meinem Ermessen gar nicht gut zu Gesicht stand. Jetzt und hier blieb sie ganz sie selber, ohne Gluckenallüren.
    »Es ist ein so anderes Leben, das sie lebt. Weit entfernt von allem, was man sich so für sein Kind vorstellt …« Sie unterbrach sich selbst und funkelte mich über den Tisch hinweg mit meergrünen Augen an. »Jetzt glauben Sie bloß nicht, dass ich scharf drauf bin, dass Lena sich mit zwanzig verlobt und möglichst rasch Enkelkinder produziert. Nein, weiß Gott, ich käme mir viel zu alt vor. Aber es ist alles so fremd. Sie erzählt nicht viel, aber wenn sie sich mir dann mal mitteilt, versteh ich

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