Die schoenen Muetter anderer Toechter
und neu. Angela Roses Blick dagegen variierte von forschend bis herausfordernd, suchte sich gerade seinen Weg und wich meinem nicht aus.
Ich mochte es, wie sie schaute.
Als ich einen Schluck aus meinem Glas nehmen wollte, merkte ich, dass es leer war. Ich bestellt noch eins. Und Angela Rose orderte sicherheitshalber gleich ein Viertel Rioja.
»Wissense … oh, entschuldigen Sie«, sie kicherte kurz, bekam sich aber gleich wieder in die Gewalt, »dass Sie mir meine Frage immer noch nicht beantwortet haben?«
»Welche meinen Sie?«
»Warum haben Sie sich ausgerechnet in Lena verliebt?«
Würde bei ihr die pragmatische Schiene besser ziehen oder die romantische? Ach, ich konnte sie einfach nicht einschätzen. Also entschied ich mich für die Wahrheit.
»Es war einfach Schicksal, denke ich. Ich sah sie, und Peng ! Klingt etwas banal, nicht?«
»Banal? Unsinn! Es klingt dramatisch und … schön, es klingt schön. Können Sie sich vorstellen, dass ich mich auch manchmal nach so etwas sehne?«
»Sie meinen nach romantischer Liebe?«
»Nach allem!« Frau Rose breitete die Arme aus und warf dabei fast ihr Weinglas um. »Knisternde Spannung bei der ersten Begegnung, geheimnisvolle Blicke, Flirren im Bauch, wenn man sich zufällig berührt … eine Liebesgeschichte eben.« Wieder schüttelte sie den Kopf. Es wirkte resigniert und plötzlich müde. Sie sank in sich zusammen. Wie neulich, als ihr mitten in ihrem Wutanfall plötzlich klar geworden war, dass ihre Tochter das gemeinsame Abendessen einfach vergessen hatte. »Ich war meinem Mann immer treu, bin nie fremdgegangen«, fuhr sie dann mit gemäßigter Stimme fort. »Vor ihm war ich mit einem Schauspieler zusammen. Oh, wie hab ich ihn geliebt. Kurt Wiegerland. Ein Traum von einem Mann. Er sah aus wie Adonis, mit blonden Locken und einem Körper … es hat mich jedes Mal umgehauen, wenn ich ihn gesehen habe. Er war so zärtlich, einfühlsam, unglaublich sensibel, er spürte alle meine Stimmungen wie eine Frau, eine gute Freundin, verstehen Sie? Meine Güte, er liebte Abende bei Kerzenlicht, lange Spaziergänge, Opernmusik, und er ging mit mir auf meine fernen Reisen im Geiste.« Ein wehmütiges Lächeln.
»Aber?«, fragte ich nach. Das klang in meinen Ohren nach einem Mann, den sie entweder unter dem langfristigen Einfluss vieler Jahre und dem kurzfristigen Einfluss einer Flasche Rotwein unglaublich verklärt erinnerte, oder … Oder?
»Er war schwul«, sagte Angela Rose da und sah mich mit einer komischen Fratze an, in der sich hysterisches Lachen und der Ansatz zum enttäuschten Weinen schamlos paarten. Als sie meinen herunterklappenden Unterkiefer sah, entschied sie sich fürs Lachen und brüllte los. Ich mit ihr.
»Nach zwei Jahren wundervollen Zusammenseins sagte er mir, dass er mir nicht gerecht werden könne. Er selbst stehe auf Männer. Schwul, schwul, schwul!«, rief Frau Rose, und einige der umsitzenden Männer drehten sich kurz verwundert um. Ich war froh, dass wir uns nicht statt im ›Yellow‹ in einer Kneipe am Markt oder sonst wo getroffen hatten, in der sie weit mehr Aufmerksamkeit erregt hätte.
Wir lachten, bis uns die Tränen die Wangen hinunterliefen.
»Jetzt sagen Sie doch mal ehrlich, würden Sie da an meiner Stelle nicht aufhören, an Gott zu glauben. Die große Liebe schwul, die Tochter lesbisch … Wenn der alte Herr im Himmel da oben sich selbst mal ein bisschen mehr an seine Gebote halten würde, wäre das nicht passiert.«
Ich war mit einem Schlag wieder ernst.
»Sagen Sie das Lena auch?«
»Was?«
»Dass Sie nicht mehr an Gott glauben, weil Ihre Tochter lesbisch ist.«
Sie sah mich entsetzt an, die Lachtränen standen noch in ihrem Gesicht. »Halten Sie mich für einen Zombie oder so was?«
Darauf antwortete ich lieber nicht. Ich hielt sie bestimmt nicht für einen Zombie. Aber ich hatte so einiges erlebt, was Eltern von Lesben anging. Da hält man irgendwann nichts mehr für unmöglich.
Meine Frage hatte sie schlagartig ernüchtert. Wir saßen schweigend am Tisch und nippten an unseren Getränken.
»Sie erzählt so wenig von sich«, sagte sie schließlich und sah mich bittend an.
»Ich kann Ihnen auch nichts von Lena erzählen. Ich kenne sie ja selbst kaum.« Mir fiel wieder ein, dass ich mir ursprünglich, neulich in ihrer Küche, genau dasselbe von ihr erhofft hatte: etwas über Lena zu erfahren.
»Aber Sie könnten mir etwas von sich erzählen!«
»Dann dürfen Sie aber nicht den falschen Schluss ziehen, dass alles,
Weitere Kostenlose Bücher