Die schoenen Muetter anderer Toechter
was Sie von mir erfahren, auch für Lena gilt. Sie ist doch erst …«, ich brach ab. »Sie hat einfach diverse Erfahrungen noch nicht gemacht.«
»Einem Teenager kann man das ja wohl auch nicht vorwerfen. Einer Frau um die vierzig wohl schon eher.«
»Von welchen Erfahrungen, die eine Frau um die vierzig gemacht haben sollte, sprechen Sie da ganz genau?«, wollte ich interessiert wissen.
Angela Rose ließ den Wein in ihrem Glas hin und her schwappen. Was würden wir bloß tun, wenn wir keine Gläser vor uns stehen hätten, mit denen wir konzentriert spielen konnten? Würden wir die Wände anstarren?
»In den Siebzigern war so einiges anders als in den Jahrzehnten davor. Freie Liebe. Egal mit wem, egal wie, Hauptsache drüber. Ich habe da nicht mitgemacht, verstehen Sie. Kurt und Volker, das ist mein Mann, mein Ex-Mann, waren die Einzigen für mich. Und es mal mit einer Frau zu versuchen, also … ich hab das nie gewagt. Obwohl es regelrecht ›in‹ war. Es gehörte schon fast zum guten Ton. Und für mich gab es da auch ein paar Gelegenheiten, aber ich habe immer gekniffen.«
Ich grinste. »Angst vor der großen Offenbarung?«
»Wie?«
»Ach, nichts. Ich wollte nur sagen, dass viele Frauen es nie ausprobieren. Sie sollten nicht denken, dass Sie da die Einzige sind.«
»Das klingt wie ein gut gemeinter, aber leider kläglicher Trost«, brummte sie unzufrieden.
»Was erwarten Sie? Ich bin lesbisch und sehr glücklich damit. Natürlich müssen alle Frauen mir leid tun, die diese schönen Erfahrungen der Intimität mit einer Frau nie gemacht haben.«
Frau Rose wiegte den Kopf. »Sie haben gut lachen. Sie haben schließlich die Vergleichsmöglichkeit.«
Das hatte sie sich also gemerkt!
»Stimmt. Und obwohl ich mit meinem Liebhaber damals nicht die große Erfüllung fand, bin ich froh um die Erfahrung. Denn seitdem weiß ich eben genau, dass das andere Geschlecht bestimmt nicht für mich persönlich gemacht wurde.«
»Sie haben ihn nicht geliebt?«
»Ich fand ihn sexy und war verschossen. Sie müssen sich vorstellen, dass ich meine ganze Jugend nur für Mädchen geschwärmt habe. Als ich vierzehn war, habe ich das erste Mal mit einem Mädchen geknutscht. Jungs existierten für mich nur als Kumpels beim Völkerballspielen. Und dann kam Gero, und ich war völlig fasziniert von diesen fremden Gefühlen. Wahrscheinlich war er das, was man heute ›ein Objekt‹ nennt. Ich vermute, er war eine Art Experiment. Aber das schlug nicht unbedingt ein wie eine Bombe.«
»Und Sie haben sich nie wieder in einen Mann verliebt?«, wollte sie wissen.
»Was ist so besonders an ihnen?«, fragte ich zurück.
Darüber dachte sie eine Weile nach. Dann lachte sie. »Na ja, Sie haben doch was, was wir nicht haben.«
»Uh!«, machte ich. »Wenn Sie das meinen, was ich denke, dass Sie es meinen: Kein Interesse!«
»Das klingt ja eher nach Langeweile, weniger nach Männerfeindlichkeit.«
»Ich bin nicht männerfeindlich …«, begann ich und brach dann ab. Konnte sie die Wahrheit an einem Abend wie diesem verkraften? »Doch, ich bin doch männerfeindlich«, verbesserte ich mich dann.
Sie war verblüfft.
»Ich bin feindlich gegen alle Männer, die ihre Frauen schlagen oder vergewaltigen, die ihre Kinder misshandeln oder sexuell missbrauchen. Ich kann auch keine Männer leiden, die sich Sex erkaufen, auf dem Strich oder im Puff. Ich hasse betrügende Ehemänner oder Freunde, und ich hasse Typen, die Frauen als Ware betrachten, die Pornos glotzen, in denen Frauen erniedrigt werden. Ich hasse …« Ich brach ab. »Ja, ich glaube, ich bin männerfeindlich.«
Angela Rose war noch nicht überzeugt. Sie hatte immer-hin lange Zeit mit einem Exemplar dieser Gattung zusammengelebt. Und auch wenn der in die Kategorie ›Betrüger‹ fiel, wollte sie es nicht unversucht lassen, die Männer im Allgemeinen vor meinem Pauschalurteil zu retten.
»Denken Sie nicht, dass Sie den vielen Männern, die diese Dinge nicht tun, eine Chance geben sollten? Es gibt bestimmt sehr viele Männer, die weder vergewaltigen, noch ihre Kinder prügeln und missbrauchen. Und was das Fremdgehen anbelangt, da gibt es auch genug Frauen, die das tun«, sagte sie.
»Seit kurzem schwappt eine Kampagne aus Kanada zu uns rüber. Die Kanadier nennen ihr Symbol ›White-Ribbon‹. Männer, die sich öffentlich gegen Männergewalt gegen Frauen aussprechen und ihre Solidarität mit den Frauen zeigen wollen, tragen kleine weißen Schleifchen. Diese Männer sind meine
Weitere Kostenlose Bücher