Die schoenen Muetter anderer Toechter
»Habt ihr eine Ahnung, was Angela neulich aufgefahren hat bei diesem Candle-Light-Dinner? Es war gigantisch. So sorgfältig vorbereitet, nur die besten Zutaten. Und es hat geschmeckt wie in einem Fünf-sternerestaurant …«
Ellen schüttelte den Kopf. »Also, Michelin, so durcheinander habe ich dich noch nie erlebt. Weißt du überhaupt, was du willst? Geht es heute Abend darum, Lenas Eltern wieder zusammenzuführen? Geht es darum, eine Spur in Sachen Manuskript zu finden? Oder geht es eher darum, eine Vierzigjährige von deinen Fähigkeiten als Köchin zu überzeugen?«
»Heißt es nicht, dass Liebe durch den Magen geht?«, fragte Jackie unschuldig.
»Du brauchst ihr Alter nicht so zu betonen!«, übersprang ich an Ellen gewandt diesen Einwurf. »Zehn Jahre machen sich zwischen dreißig und vierzig so gut wie gar nicht bemerkbar.«
»Machen sich denn zwanzig Ehejahre und eine inzwischen erwachsene Tochter bemerkbar?«, fragte Ellen mit elfenhaftem Augenaufschlag.
Ich holte aus und verfehlte sie nur knapp mit einem Stück Gelatine. Sie duckte sich grinsend.
»Du solltest den Tatsachen ins Auge sehen«, bemerkte sie dann ernsthaft. »Selbst wenn Angela sich von deinen Kochkünsten überzeugen ließe, hieße das nicht, dass euch eine unbeschwerte Frischverliebtenzeit ins Haus stände. Du weißt nicht, wie es ist, mit einer Frau zusammen zu sein, die seit vierzig Jahren hetero lebt. Vielleicht will sie ja auch nur mal ausprobieren, wie es so wäre. Reine Neugierde.«
Ich legte mein Messer zur Seite und starrte sie an.
Was sagte sie da?
»Und dann wäre da ja auch noch diese schwierige Geschichte, wie du das der Tochter deiner Geliebten erklären sollst, ohne ihr das Gefühl zu geben, sie benutzt zu haben«, sagte Jackie gerade. Weder sie noch Ellen registrierten, dass ich mich auf meinen weichen Knien nur noch mühsam halten konnte.
Was hatte Ellen gesagt? Reine Neugierde? Wollte Angela etwa nur mal ausprobieren, wie es so war mit einer Frau? Wie es gewesen wäre und wie es hätte sein können, damals mit dieser wunderschönen Schauspielerin Jana?
Meine Freundinnen diskutierten gnadenlos weiter.
»Ob sie Lena beichten sollte, was zwischen Angela und ihr passiert ist?«, überlegte Ellen gerade.
»Bist du irre? Das wird ein Familiendrama!«, trompetete Jackie.
»Nicht so laut!«, mahnte Ellen. Und gerade noch rechtzeitig, denn schon waren Schritte zu hören, und Nancy stand in der Tür. Sie strahlte in die Runde und fixierte Jackie mit eindeutig zweideutigem Blick.
»Also, Lena ist zum Dekorieren nicht geeignet. Wie wäre es, wenn du mit ihr die Aufgaben tauschst, Jackie?«, fragte sie lächelnd und sah Jackie herausfordernd an.
Ich war verblüfft. Neben all meinen grundlegenden und schwerwiegenden Überlegungen dämmerte es mir plötzlich wie durch einen Nebelschleier herauf, dass Nancy mit ihrem hübschen hellblonden Pagenschnitt und den leuchtend blauen Augen dem Idealbild von Jackies Traumfrau verdächtig nah kam. Doch meine Freundin schien willens, diese sich so offensichtlich präsentierende Chance vorüberziehen zu lassen. Sie machte eine eindeutige Geste mit ihrem Messer und antwortete: »Niemand kann so gut Radieschen zu diesen kleinen dekorativen Röschen schnitzen wie ich. Ich bin hier unentbehrlich!«
Nancy zuckte enttäuscht die Achseln und verschwand wieder im Wohnzimmer.
»Wenn ihr mich fragt, ist sie einfach nur ein kleines Klatschmaul. Sie weiß mit Sicherheit gar nichts!«, raunte Jackie Ellen und mir über den Tisch hinweg zu und meinte damit Nancy.
»Scht!«, machte ich warnend.
»Das kann ja wirklich heiter werden«, bemerkte Ellen lakonisch und leckte einen Soßenlöffel ab. »Die Familienverhältnisse der Rosen sind schon anstrengend genug. Und nun werden Frederike und Karolin auch noch Nancy belauern wie die Katze das Mauseloch. Wir werden auf der Hut sein müssen, um notfalls mit klugen Bemerkungen diverse peinliche Situationen zu retten.«
»Na, bei klugen Bemerkungen scheide ich von vornherein aus. Bei meinem Talent würde ich alles nur noch schlimmer machen, falls das überhaupt geht«, kicherte Jackie.
»Also, bitte!«, mahnte ich sie. »Gerade du faselst doch immer von positiven Energien. Denkt doch nicht im Vorfeld schon an das Schlimmste. Wie soll das denn gut gehen?«
»Positive Energien sind manchmal aber auch nur halb so unterhaltsam wie das Chaos, das sich hier anbahnt, oder?«, sagte Jackie zu Ellen.
Es war ihr anzusehen, dass sie bei allem Mitgefühl für
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