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Die Schönen und Verdammten

Die Schönen und Verdammten

Titel: Die Schönen und Verdammten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: F. Scott Fitzgerald
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geklungen.
    [511] Die Filmindustrie
    Es war Februar, sieben Tage vor ihrem Geburtstag, der hohe Schnee, der in den Querstraßen lag wie Schmutz in Dielenritzen, hatte sich in Schneematsch verwandelt und wurde von der Straßenreinigung mit Wasserschläuchen in die Gossen gespritzt. Der Wind, der zwar an Stetigkeit, nicht aber an bitterer Kälte abgenommen hatte, peitschte durch die offenen Fenster des Wohnzimmers, brachte die trostlosen Geheimnisse des Hofs herein und blies mit seinen traurigen Wirbeln den abgestandenen Rauch aus dem Apartment der Patches hinaus.
    Eingehüllt in einen warmen Kimono, trat Gloria in das eiskalte Zimmer, griff zum Telefonhörer und rief Joseph Bloeckman an.
    »Meinen Sie Mr. Joseph Black ?«, wollte das Telefonfräulein von Films Par Excellence wissen.
    »Bloeckman, Joseph Bloeckman. B-l-o…«
    »Mr. Joseph Bloeckman hat sich in Black umbenannt. Möchten Sie ihn sprechen?«
    »Aber ja doch.« Unruhig geworden, erinnerte sie sich, dass sie ihn einmal »Blockhead« genannt hatte.
    Vermittelt von zwei weiteren Frauenstimmen, drang sie zu seinem Arbeitszimmer vor; letztere gehörte einer Sekretärin an, die ihren Namen notierte. Erst als sein vertrauter, wenn auch leicht unpersönlicher Tonfall aus dem Hörer erklang, merkte Gloria, dass sie sich zum letzten Mal vor drei Jahren begegnet waren. Und er hatte sich in Black umbenannt.
    »Können Sie mich empfangen?«, schlug sie ihm leichthin [512] vor. »Eigentlich in einer geschäftlichen Angelegenheit. Ich möchte endlich zum Film – wenn ich kann.«
    »Freut mich sehr. Habe immer schon gedacht, dass Ihnen das gefallen würde.«
    »Meinen Sie, Sie könnten mir zu einer Probeaufnahme verhelfen?«, fragte sie mit dem Hochmut, der allen schönen Frauen eigen ist, allen Frauen, die sich jemals als schön empfunden haben.
    Er versicherte ihr, es sei nur eine Frage des Termins, zu dem sie die Probeaufnahme wünsche. Jederzeit? Nun, er werde sie im Laufe des Tages zurückrufen und ihr einen passenden Termin nennen. Das Gespräch endete mit konventionellen Floskeln beiderseits. Dann saß sie von drei bis fünf dicht beim Telefon – vergebens.
    Am nächsten Morgen aber traf ein Brief ein, der sie zufrieden und aufgeregt stimmte:
    Meine liebe Gloria,
    rein zufällig bin ich auf etwas aufmerksam gemacht worden, wovon ich glaube, dass es Ihnen auf den Leib geschneidert ist. Ich möchte gern, dass Sie Ihr Debüt in einem Film machen, mit dem Sie Beachtung finden. Andererseits, wenn eine so schöne Frau wie Sie in einem Film direkt neben einem jener angestaubten Stars auftritt, mit denen jede Filmgesellschaft gestraft ist, würde das Gerede höchstwahrscheinlich kein Ende mehr nehmen. Aber in einer Percy-B.-Debris-Produktion ist der Part eines ›Flapper‹ zu vergeben, der Ihnen meiner Meinung nach auf den Leib geschneidert ist und mit dem Sie Beachtung finden würden. Gaston Mears’ Partnerin in [513] einer Art Charakterrolle ist Willa Sable, und Ihr Part wäre, glaube ich, deren jüngere Schwester.
    Jedenfalls sagt Percy B. Debris, der bei dem Film Regie führt, wenn Sie übermorgen (Donnerstag) ins Studio kommen wollen, macht er eine Probeaufnahme mit Ihnen. Wenn Ihnen zehn Uhr passt, treffe ich mich dort mit Ihnen.
    Mit allen guten Wünschen
    Ihr ergebener
    JOSEPH BLACK
    Gloria hatte beschlossen, Anthony im Unklaren zu lassen, bis sie eine feste Rolle gefunden hätte, und dementsprechend war sie am nächsten Morgen, noch ehe er aufwachte, fertig angekleidet und aus dem Haus. Ihr Spiegel hatte ihr, fand sie, dasselbe Bild vorgehalten wie immer. Sie fragte sich, ob ihre Krankheit irgendwelche Spuren hinterlassen habe. Sie litt immer noch unter leichtem Untergewicht, und ein paar Tage zuvor hatte sie sich eingebildet, ihre Wangen wären ein klein wenig hohler – aber sie hatte das Gefühl, dass dies nur ein vorübergehender Zustand war und dass sie an diesem besonderen Tag so frisch wie immer wirkte. Sie hatte einen neuen Hut gekauft und in Rechnung stellen lassen, und da es ein warmer Tag war, hatte sie den Leopardenfellmantel zu Hause gelassen.
    Im Studio von Films Par Excellence wurde sie telefonisch angekündigt und erhielt Bescheid, Mr. Black werde umgehend nach unten kommen. Sie sah sich um. Zwei Mädchen wurden von einem kleinen, fettleibigen Mann in einem Staubmantel herumgeführt, und eines von ihnen hatte auf [514] einen Stoß dünner Päckchen gezeigt, die sich bis Brusthöhe an der Wand stapelten und etwa sieben Meter weit

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