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Die Schönen und Verdammten

Die Schönen und Verdammten

Titel: Die Schönen und Verdammten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: F. Scott Fitzgerald
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gefühllos.
    »Weil – er mich nicht mehr mag«, brachte sie mit Mühe heraus, und als er nichts erwiderte, sondern sie nur zynisch ansah: »Falls du wissen möchtest, warum, will ich’s dir sagen. Vor einem Jahr bin ich zu Bloeckman gegangen – er hat sich den Namen Black zugelegt – und habe ihn gebeten, mich beim Film einzuführen.«
    »Du bist zu Bloeckman gegangen?«
    »Ja.«
    »Warum hast du mir nichts davon gesagt?«, fragte er ungläubig, und das Lächeln wich aus seinem Gesicht.
    »Wahrscheinlich hast du irgendwo getrunken. Er hat mir zu einer Probeaufnahme verholfen, aber man befand, ich sei nicht jung genug, außer für eine Nebenrolle.«
    »Eine Nebenrolle?«
    »So eine Art ›Frau von dreißig Jahren‹. Ich war noch keine dreißig, und ich finde, dass ich auch nicht aussah wie dreißig.«
    »Hol ihn der Teufel!«, rief Anthony und trat mit [553] sonderbar verstockten Gefühlen heftig für sie ein. »Also wirklich…«
    »Und deshalb kann ich nicht zu ihm gehen.«
    »Also wirklich, was für eine Frechheit!«, beharrte Anthony nervös. »Was für eine Frechheit!«
    »Anthony, das macht nun auch nichts mehr. Aber wir müssen den Sonntag überstehen, und wir haben nichts im Haus außer einem Laib Brot, einem halben Pfund Schinkenspeck und zwei Eiern fürs Frühstück.« Sie reichte ihm den Inhalt ihres Portemonnaies. »Hier, siebzig, achtzig, ein Dollar fünfzehn. Mit dem, was du hast, macht das zusammen ungefähr zweieinhalb Dollar, stimmt’s? Anthony, damit kommen wir hin. Damit können wir jede Menge Lebensmittel kaufen – mehr, als wir essen können.«
    Er klimperte mit dem Kleingeld in seiner Hand und schüttelte den Kopf.
    »Nein. Ich brauche etwas zu trinken. Ich bin so verflucht fickrig, dass ich richtig zittere.« Ihm kam ein Gedanke. »Vielleicht würde Sammy mir einen Scheck einlösen? Und am Montag könnte ich mit dem Geld zur Bank sausen.«
    »Aber die haben dein Konto doch geschlossen.«
    »Ach ja, stimmt – das hatte ich ganz vergessen. Ich will dir was sagen: Ich gehe ins Sammy’s, da finde ich bestimmt jemanden, der mir was leiht. Aber wie ich es hasse, jemanden darum zu bitten…« Plötzlich schnippte er mit den Fingern. »Ich weiß, was ich tue. Ich verpfände meine Uhr. Zwanzig Dollar kriege ich für die, und am Montag bekomme ich sie für zusätzliche sechzig Cent zurück. Die ist schon mal verpfändet worden – als ich in Cambridge war.«
    [554] Er hatte seinen Mantel übergezogen, und mit einem knappen »Auf Wiedersehen« ging er durch die Diele auf die Wohnungstür zu.
    Gloria sprang auf. Plötzlich war ihr eingefallen, wohin er vermutlich als Erstes gehen würde.
    »Anthony!«, rief sie ihm nach. »Solltest du die zwei Dollar nicht lieber hier bei mir lassen? Du brauchst doch nur Fahrgeld.«
    Die Wohnungstür schlug zu – er stellte sich, als habe er sie nicht gehört. Einen Augenblick lang stand sie da und sah ihm nach; dann ging sie ins Badezimmer zu ihren traurigen Salben und begann mit den Vorbereitungen für ihre Haarwäsche.
    Im Sammy’s stieß Anthony auf Parker Allison und Pete Lytell, die allein an einem Tisch saßen und Whisky mit Zitrone tranken. Es war kurz nach sechs Uhr, und in einer Ecke kehrte Sammy oder Samuele Bendiri, auf welchen Namen er getauft war, Zigarettenkippen und Glasscherben zu einem Haufen zusammen.
    »Hi, Tony!«, rief Parker Allison Anthony zu. Manchmal redete er ihn mit Tony an, dann wieder mit Dan. Für ihn mussten alle Anthonys unter der Flagge einer dieser Kurzformen segeln.
    »Setz dich. Was nimmst du?«
    In der Untergrundbahn hatte Anthony sein Geld gezählt und war auf fast vier Dollar gekommen. Er konnte sich zwei Runden zu fünfzig Cent pro Glas leisten – das bedeutete, dass er selbst sechs Glas trinken konnte. Dann würde er zur Sixth Avenue hinübergehen und für seine Uhr zwanzig Dollar und einen Pfandschein bekommen.
    [555] »Na, ihr Landeier«, sagte er leutselig, »wie ist denn so das Verbrecherleben?«
    »Recht gut«, sagte Allison. Er zwinkerte Pete Lytell zu. »Zu schade, dass du verheiratet bist. So um elf, wenn die Shows aus sind, haben wir ein paar ziemlich flotte Bienen auf dem Programm. Junge, Junge! Jawohl, Sir – zu schade, dass er verheiratet ist – was, Pete?«
    »Jammerschade.«
    Um halb acht, als sie die sechs Runden ausgetrunken hatten, stellte Anthony fest, dass seine Absichten seinen Wünschen Gehör zu schenken begannen. Jetzt war er glücklich und vergnügt – und amüsierte sich blendend. Es schien

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