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Die Schönen und Verdammten

Die Schönen und Verdammten

Titel: Die Schönen und Verdammten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: F. Scott Fitzgerald
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sein Ziel. Gemeinsam beugten sie sich über das Stück Pappe und fanden ohne Mühe den Tisch – Mr. Blacks Gesellschaft, acht Personen.
    »Sagen Sie ihm, Mr. Patch ist hier. Sehr, sehr wichtig.«
    Wieder wartete er. Er lehnte sich an die Geländerbrüstung und hörte auf die wirren Klänge von »Jazz-mad«, die die Treppe herabwehten. Ein Garderobenfräulein neben ihm sang mit:
    Out in – the shimmee sanitarium
    The jazz-mad nuts reside.
    Out in – the shimmee sanitarium
    I left my blushing bride.
    She went and shook herself insane,
    So let her shiver back again…
    Dann sah er Bloeckman die Treppe herunterkommen und trat ihm einen Schritt entgegen, um ihm die Hand zu schütteln.
    [562] »Sie wollten mich sprechen?«, fragte der Ältere kühl.
    »Ja«, antwortete Anthony mit einem Nicken, »persönliche Angelegenheit. Könnten Sie mal hier rüberkommen?«
    Bloeckman betrachtete Anthony mit zugekniffenen Augen und folgte ihm zu einer halben Treppendrehung, wo sie außer Hör- oder Sichtweite von jedem waren, der das Restaurant betrat oder verließ.
    »Nun?«, fragte Bloeckman.
    »Wollte mit Ihnen sprechen.«
    »Worüber?«
    Anthony lachte nur – ein albernes Lachen; er wollte, dass es beiläufig klang.
    »Worüber wollen Sie mit mir sprechen?«, wiederholte Bloeckman.
    »Wozu die Eile, Alter?« Er versuchte, Bloeckman in einer freundschaftlichen Geste die Hand auf die Schulter zu legen, doch dieser entzog sich ihm. »Wie stehen die Aktien?«
    »Sehr gut, danke… Schauen Sie, Mr. Patch, ich habe oben eine Gesellschaft. Man wird mich für sehr unhöflich halten, wenn ich zu lange fortbleibe. Weswegen wollten Sie mich denn nun sprechen?«
    Zum zweiten Mal an diesem Abend machte Anthonys Verstand einen jähen Sprung, und was er von sich gab, war durchaus nicht das, was er beabsichtigt hatte.
    »Höre, Sie haben meine Frau aus dem Film gedrängt.«
    »Was?« Bloeckmans gerötetes Gesicht lief dunkel an, in parallel heraufziehenden Schatten.
    »Sie haben ganz richtig gehört.«
    »Nun hören Sie mir mal gut zu, Mr. Patch«, sagte Bloeck [563] man gleichmütig und ohne eine Miene zu verziehen, »Sie sind betrunken. Sie sind ekelerregend und beleidigend betrunken.«
    »Nicht zu betrunken, um mit Ihnen zu reden«, beteuerte Anthony mit einem tückischen Seitenblick. »Zum Ersten will meine Frau nichts mit Ihnen zu tun haben. Wollte sie noch nie. Verstanden?«
    »Halten Sie den Mund!«, sagte der Ältere zornig. »Ich dachte, Sie hätten immerhin so viel Respekt vor Ihrer Frau, dass Sie nicht unter diesen Umständen das Gespräch auf sie bringen.«
    »Kann Ihnen egal sein, wie viel Besteck ich für meine Frau habe. Eins ist klar – Sie lassen sie in Ruhe. Zum Teufel mit Ihnen!«
    »Jetzt langt’s aber – ich glaube, Sie sind wohl ganz verrückt geworden!«, rief Bloeckman aus. Er tat zwei Schritte vor, als wolle er vorbei, aber Anthony vertrat ihm den Weg.
    »Nicht so schnell, Sie gottverdammter Jude!«
    Einen Moment standen sie da und starrten einander an, Anthony leicht schwankend, Bloeckman fast zitternd vor Wut.
    »Nehmen Sie sich in Acht!«, rief er mit angestrengter Stimme.
    Anthony hätte sich an einen bestimmten Blick erinnern können, den Bloeckman ihm Jahre zuvor im Biltmore Hotel zugeworfen hatte. Aber er erinnerte sich an nichts, nichts…
    »Ich sag’s noch mal, Sie gott…«
    Da schlug Bloeckman zu, mit aller Kraft im Arm eines durchtrainierten Mannes von fünfundvierzig Jahren, schlug zu und landete einen Volltreffer auf Anthonys Mund. [564] Anthony taumelte gegen die Treppe, rappelte sich auf und wollte seinem Gegner einen wilden, betrunkenen Schwinger schlagen, doch Bloeckman, der sich jeden Tag Bewegung verschaffte und etwas von Sparring verstand, wehrte ihn mühelos ab und versetzte ihm unerwartet zwei entscheidende Stöße ins Gesicht. Anthony stieß einen leisen Ächzer aus und fiel auf den grünen Plüschteppich. Noch im Fallen merkte er, dass sein Mund voll Blut war und vorn merkwürdig ausgerenkt. Keuchend und spuckend raffte er sich auf; als er sich indessen auf Bloeckman stürzen wollte, der mit geballten, aber gesenkten Fäusten zwei Meter entfernt stand, packten ihn zwei Kellner, die wie aus dem Nichts erschienen waren, bei den Armen und hielten den Hilflosen umklammert. Hinter ihnen hatte sich auf wundersame Weise ein Dutzend Menschen angesammelt.
    »Ich bringe ihn um«, rief Anthony und ruckte und zerrte hin und her. »Umbringen werde ich ihn…«
    »Setzen Sie ihn vor die Tür!«, befahl

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