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Die Schönen und Verdammten

Die Schönen und Verdammten

Titel: Die Schönen und Verdammten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: F. Scott Fitzgerald
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wie sie war, und lachte, ob er sie nun verstand oder nicht. Trotz der unverhohlenen Missbilligung ihrer Eltern traf sie sich mehrere Male mit ihm, und binnen eines Monats machte er ihr einen Antrag und versprach ihr das Blaue vom Himmel herunter, von einer Villa in Italien bis zu einer glänzenden Leinwandkarriere. Sie lachte ihm ins Gesicht, und er lachte auch.
    Aber er gab nicht auf. Zu der Zeit, als Anthony die Arena betrat, hatte er stete Fortschritte gemacht. Abgesehen davon, dass sie ihn immer bei einem boshaften Spottnamen rief, behandelte sie ihn ziemlich gut, zumal ihr nicht entging, dass er, bildlich gesprochen, an ihrer Seite war, wenn sie auf dem Zaun balancierte, stets bereit, sie aufzufangen, sollte sie fallen.
    Am Abend, bevor die Verlobung bekanntgegeben wurde, klärte sie Bloeckman auf. Es war ein schwerer Schlag. Sie weihte Anthony nicht in alle Einzelheiten ein, deutete aber an, dass er sich nicht einmal geniert hatte, mit ihr zu streiten. Anthony verstand immerhin so viel, dass die Unterredung stürmisch ausgegangen war. Gloria hatte sehr kaltblütig und ungerührt in ihrer Ecke des Sofas gelegen, und Joseph Bloeckman von der Firma Films Par Excellence war mit verkniffenen Augen und gesenktem Kopf auf dem Teppich hin und her gelaufen. Er tat Gloria leid, aber sie hielt es für das Beste, sich nichts anmerken zu lassen. Schließlich versuchte sie in einer letzten Anwandlung von Freundlichkeit, wenigstens seinen Hass auf sich zu lenken. Anthony [181] konnte sich vorstellen, wie aussichtslos dieses Unterfangen war, da er wusste, dass Glorias größter Reiz in ihrer Gleichgültigkeit lag. Er musste des öfteren an Bloeckman denken, wenn auch ziemlich beiläufig – schließlich vergaß er ihn ganz und gar.
    Hochgefühl
    Eines Nachmittags ergatterten sie die Vordersitze auf dem Sonnendeck eines Busses und fuhren vom dämmernden Square aus stundenlang den trüben Fluss auf und ab; dann, als aus den westlichen Straßen die letzten Sonnenstrahlen flohen, brausten sie die angeschwollene Avenue hinunter, die sich bedrohlich schwarz färbte mit all den Bienenschwärmen aus den Kaufhäusern. Der Verkehr stockte und staute sich ungeordnet; die Busse standen in Viererreihen wie Plattformen über den Menschentrauben, während sie auf den kläglichen Pfiff des Verkehrspolizisten warteten.
    »Ist das nicht herrlich!«, rief Gloria. »Schau nur!«
    Vor ihnen, von einem weißen Pferd und dessen schwarzem Gefährten gezogen, passierte das von Mehl ganz weiße Fuhrwerk eines Müllers, gelenkt von einem bestäubten Clown.
    »Wie schade!«, beschwerte sie sich. »Wenn beide Pferde weiß wären, würden sie in der Dämmerung so schön aussehen. Was bin ich glücklich in diesem Moment, in dieser Stadt!«
    Anthony schüttelte ablehnend den Kopf.
    »Die Stadt ist für mich wie ein Prahlhans. Immerfort [182] bemüht, der enormen und imposanten Urbanität nahezukommen, die man ihr nachsagt. Sie versucht, auf romantische Weise großstädtisch zu sein.«
    »Finde ich nicht. Ich finde sie imposant.«
    »Ab und zu. Aber in Wahrheit ist es ein leicht durchschaubares künstliches Schauspiel. Sie hat ihre Stars mit ihren Presseagenten, ihre windigen, baufälligen Bühnenkulissen und, das will ich gerne zugeben, das größte Heer von Statisten, das je zusammengetrommelt worden ist…« Er hielt inne, lachte kurz und fügte hinzu: »Technisch vielleicht ausgezeichnet, aber keineswegs überzeugend.«
    »Ich wette, der Polizist hält die Leute für Dummköpfe«, sagte Gloria nachdenklich, als sie sah, wie sich eine stattliche, aber feige Dame über die Straße helfen ließ. »Stets sieht er sie ängstlich, untüchtig und alt – und das sind sie ja auch«, setzte sie hinzu. Und dann: »Wir steigen besser aus. Ich habe Mutter gesagt, dass ich früh zu Abend esse und ins Bett gehe. Verdammt, sie sagt, ich sehe müde aus.«
    »Ich wünschte, wir wären verheiratet«, grummelte er nüchtern. »Dann gäb’s kein Gutenacht, und wir könnten tun, was wir wollten.«
    »Wäre das nicht herrlich! Ich finde, wir sollten viel verreisen. Ich möchte ans Mittelmeer, nach Italien. Und irgendwann möchte ich zur Bühne – sagen wir, für ein Jahr.«
    »Aber sicher! Ich schreibe dir ein Stück.«
    »Wäre das nicht herrlich! Und ich werde darin auftreten. Und eines Tages, wenn wir mehr Geld haben« – so wurde immer taktvoll auf den Tod des alten Adam angespielt –, »bauen wir uns eine prächtige Villa, nicht wahr?«
    »O ja, mit privaten

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