Die Schönen und Verdammten
Verabredung.«
»Oh…«
»Aber vielleicht – vielleicht kann ich sie absagen.«
»Oh!« Ein jäher Ausruf, Überschwang. »Gloria?«
»Was?«
»Ich liebe dich.«
Wieder eine Pause, dann: »Das – das freut mich.«
Glück, hatte Maury Noble eines Tages bemerkt, ist nur die erste Stunde, die auf die Linderung eines besonders heftigen Schmerzes folgt. Aber oh, Anthonys Gesicht, als er an diesem Abend den Korridor im zehnten Stock des Plaza entlanglief! Seine dunklen Augen glänzten – um seinen Mund lagen Fältchen, die anzusehen eine Freude war. Und wenn er vorher nie umwerfend gut ausgesehen hatte, jetzt tat er es, auf dem Weg zu einem jener unvergänglichen Momente, die so hell strahlen, dass ihr Licht noch in der Erinnerung hinreicht, um uns auf Jahre sehen zu machen.
Er klopfte, und auf ihr Wort hin trat er ein. Gloria, in schlichtes Rosa gekleidet, gestärkt und frisch wie eine Blume, stand auf der anderen Seite des Zimmers, stand ganz still und sah ihn mit großen Augen an.
[172] Als er die Tür hinter sich schloss, stieß sie einen leisen Schrei aus und flog über das Parkett, das zwischen ihnen lag, auf ihn zu, die Arme im Näherkommen zu einer vorweggenommenen Liebkosung ausgebreitet. In einer triumphalen und lang anhaltenden Umarmung zerknautschten sie gemeinsam die steifen Falten ihres Kleides.
[173] Zweites Buch
[175] Die Glanzstunde
Nach vierzehn Tagen begannen Anthony und Gloria sich in »praktischen Diskussionen« zu ergehen; so nannten sie es, wenn sie zusammensaßen und hinter der Maske strenger Vernunft im Mondenschein wandelten.
»Nicht so sehr, wie ich dich«, beharrte der Kritiker der Unterhaltungsliteratur. »Wenn du mich wirklich liebtest, würdest du dir wünschen, dass jeder es weiß.«
»Aber das tue ich doch«, wandte sie ein. »Ich möchte wie ein Sandwichmann an der Straßenecke stehen und alle Passanten informieren.«
»Dann zähle mir sämtliche Gründe auf, weshalb du mich im Juni heiraten willst.«
»Nun, weil du so sauber bist. Du bist sauber wie die Brise, genau wie ich. Es gibt zwei Sorten sauber, weißt du. Eine ist wie Dick: sauber wie blankgeputzte Töpfe. Du und ich, wir sind sauber wie Bach und Wind. Wenn ich jemanden sehe, weiß ich immer sofort, ob er sauber ist, und falls ja, welche Sorte sauber.«
»Wir sind Zwillinge.«
Ekstatischer Gedanke!
»Mutter sagt« – sie zögerte unsicher –, »Mutter sagt, manchmal werden zwei Seelen gemeinsam erschaffen und – und verlieben sich noch vor ihrer Geburt ineinander.«
[176] Der Bilphismus hatte seine leichteste Konvertitin gefunden… Nach einer Weile hob er den Kopf und lachte lautlos zur Zimmerdecke hinauf. Als er ihr wieder den Blick zuwandte, sah er, dass sie empört war.
»Warum hast du gelacht?«, rief sie. »Vorhin hast du auch schon zweimal gelacht. An unserer Beziehung ist nichts Drolliges. Ich habe nichts gegen Albereien, und du kannst herumalbern, soviel du willst, aber wenn wir beisammen sind, kann ich es nicht ausstehen.«
»Tut mir leid.«
»Ach, sag bloß nicht, dass es dir leid tut! Wenn dir nichts Besseres einfällt, dann sei still!«
»Ich liebe dich.«
»Das ist mir ganz gleich.«
Es trat eine Pause ein. Anthony war deprimiert… Schließlich murmelte Gloria: »Tut mir leid, dass ich so gemein war.«
»Du doch nicht. Ich war gemein.«
Der Friede war wiederhergestellt – die darauffolgenden Momente waren umso süßer, intensiver, pikanter. Auf dieser Bühne waren sie Stars, jeder spielte vor einem Publikum von zwei Personen: Mit Leidenschaft nahmen sie ihre Rollen ein und handelten danach. Hierin endlich lag der Sinn der Selbstdarstellung – wahrscheinlich drückte ihre Liebe meistens jedoch eher Gloria aus und weniger Anthony. Oft kam er sich vor wie ein kaum geduldeter Gast auf einer Party, die sie gab.
Es war eine peinliche Angelegenheit gewesen, Mrs. Gilbert ins Bild zu setzen. Sie saß da, in einen schmalen Sessel gedrückt, und lauschte mit andächtig zwinkernder [177] Aufmerksamkeit. Sie musste es geahnt haben – drei Wochen lang hatte sich Gloria mit sonst niemandem getroffen –, und ihr musste aufgefallen sein, dass es diesmal in der Haltung ihrer Tochter einen glaubwürdigen Unterschied gab. Sie hatte spezielle Briefsendungen zur Post bringen müssen; hatte, wie anscheinend alle Mütter, an einem Ende der Leitung Telefongespräche mitverfolgt, verhalten, aber herzlich…
Und doch hatte sie zartfühlend Überraschung bekundet und sich ungemein erfreut gezeigt.
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