Die schönsten Dinge
von Forschern, von der Kommandozentrale mit Karte und bunten Stecknadeln: rosa für Sichtungen, blau für die Pheromonfallen, die ich im Park aufstellen würde. Ich erkläre, ich würde einen Pheromonmix von Beuteltierarten herstellen, die dem Tiger genetisch ähneln, und ihn auf tote Hühner sprühen. Das wäre die perfekte Verlockung für einen Fleischfresser wie den Tiger, würde aber Pflanzenfresser wie Wombats und Wallabys abschrecken.
Ich knie mich hin und male mit einem Stöckchen ein Muster in die Erde, eine lange Röhre an einem Viereck. Beim Reden fuchtle ich mit dem Stöckchen herum. Das soll eine getarnte Falle darstellen, die ich aus Draht bauen würde. Eine Klappe führt zu einem langen Tunnel, hier, und dann zu einem Fangkäfig, hier . Bei kleinen Tieren wie Nagetieren oder Opossums würde diese Klappe nicht funktionieren. Ich würde die Köder gezielt in solchen Gebieten auslegen, die Tiger bevorzugt haben, als sie noch in Tasmanien gesichtet wurden, und zwar weit entfernt von Wegen oder Campingplätzen. Wir würden das gesamte Gebiet mit einem Netz aus Nachtkameras mit Bewegungssensoren überziehen. Am Ende bin sogar ich begeistert. Daniel wirkt regelrecht hingerissen.
»Klingt unwiderstehlich.«
»Aber eine Sache haben die anderen Forscher bis jetzt falsch gemacht: Ich würde alles mit einem fein zerstäubten Teebaumöl besprühen, um den menschlichen Geruch zu überdecken. Der Tiger hatte einen sehr guten Geruchssinn.«
»Sie haben ja an alles gedacht.« Daniel kniet sich hin, um sich meine Zeichnung der Falle genauer anzusehen.
Weil ich gerade so schön in Schwung bin, sowohl in der Rolle als auch in der Realität, erzähle ich weiter. »Ich würde ein paar Biologen mit einem Stand in die Ortschaften schicken, damit sie die Leute fragen, ob sie mal Tiere gesehen haben, die sie nicht einordnen konnten, und alles für die Nachwelt festhalten.«
»Und ich würde gerne einen Teil des Geldes für DNA -Analysen reservieren«, sagt Julius. Er untersucht direkt neben dem Weg kleine weiÃe Splitter, die an einem Baumstamm verstreut liegen. » DNA -Technologie ist der Schlüssel zur Einordnung aller Tiere und die Zukunft unserer Arbeit, davon bin ich überzeugt. Die Gene spielen eine groÃe Rolle.«
Daniel geht zu ihm, um sich die Knochenfragmente anzusehen. Ich folge ihm, aber er beachtet mich nicht. Während Julius auf die Splitter zeigt und überlegt, von welchem Tier sie stammen könnten, hebt Daniel träge ein paar Steinchen vom Wegrand auf und gruppiert sie zu kleinen Häufchen und Stapeln. Er hat lange Finger, die Nägel sind kurz geschnitten. Seine Hände sind gröÃer, als ich gedacht hätte, mit feinen Härchen überzogen, die Knöchel kantig und scharf geschnitten. Als er seine Hand umdreht, kann ich die Narbe auf seiner Handfläche sehen, dünn und glatt, als hätte ein Künstler sie mit weiÃem Lack gemalt. Bei jedem Griff zur Seite drehen sich seine Handgelenke durch einen perfekten Mechanismus hin und her. Nach einer Weile blicke ich auf meine eigene Hand und merke, dass sie sich genauso bewegt. Das ist mir vorher nie aufgefallen. Wieder sehe ich Daniel an. Es liegt an meiner Erschöpfung und dem Stress, das weià ich, aber ich kann den Blick nicht abwenden: Wie er beiläufig die Steine sortiert, nach einem Muster, das ich nicht erkenne, vielleicht nach GröÃe, Form oder Farbe, fasziniert mich mehr als alles, was ich je gesehen habe.
Wenig später ist es beinahe Abend geworden und Zeit, zum Lager zurückzugehen. Julius geht mit Daniel vor. Greta hält mich am Arm zurück, bis die beiden auÃer Sichtweite sind.
»Was zum Teufel machst du denn?« Sie schiebt ihre Sonnenbrille hoch und starrt mich mit zusammengekniffenen Augen an, obwohl sie mit ihren straff gekämmten Haaren die Augen kaum zubekommt.
»Nichts. Ich mache gar nichts.« Das stimmt, aber genau so haben wir es geplant. Ich soll vor allem meine Studenten überwachen. Daniel hat versucht zu helfen und ein paarmal Sachen aus dem Lager geholt: andere Kameraobjektive, Tüten in der richtigen GröÃe für die Proben. Ich gehe mit ihm zu den Fundstellen und zeige ihm, welche Pinzette man wofür benutzt und welche Rosshaarbürste die beste ist, oder wenigstens, welche mir am besten erscheint. Wir genieÃen die frische Luft, wir gehen am Strand
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