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Die schönsten Dinge

Die schönsten Dinge

Titel: Die schönsten Dinge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Toni Jordan
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zu bekommen. Wenn Sie wollen, können Sie ihn behalten. Oder Sie geben ihn mir zurück.
    Ich fasse es nicht, dass ich auf diesen alten Trick reingefallen bin. Kluge Spieler benutzen ihn oft, sie lassen ihren Kunden unauffällig die ersten Runden gewinnen, solange der Pott noch klein ist. Mein Vater hat ihn etwas abgewandelt: Er hat einem Kunden vielleicht hundert Aktien angedreht und angeboten, sie ein paar Wochen später für das Doppelte zurückzukaufen. Der Kunde hat den Profit eingesteckt und für eine geringe Investition einen großen Gewinn gemacht. Dann hat Dad ihm zehntausend Aktien zu den gleichen Bedingungen verkauft, und wenn er sie zurückkaufen sollte, war er verschwunden. Das ist eine Variante vom sogenannten »ködern und abziehen«.
    Die einfache Schlussfolgerung lautet: Entweder hat Daniel kein Geld, oder er will mich betrügen. Aber worum? Plötzlich ist er nicht nur ein weiterer attraktiver Kunde. Daniel Metcalf ist sehr, sehr interessant geworden.

H eute ziehen wir drei die wissenschaftliche Show ab, die wir die ganze Woche über geübt haben. Ich bin hellwach und voll dabei. Ich verfolge jede Bewegung von Daniel Metcalf und achte auf jedes Wort. Wenn ich ihn ansehe, rast mein Puls. Also ist er doch ein Adler und kein Huhn. Julius und Greta, die ich hierher geschleppt habe, kann ich das nicht beichten. Mir fehlen die Beweise, und ich bin schuld.
    Jetzt sehe ich, was ich alles versäumt habe, etwa eine aktuelle Einschätzung von Metcalfs Vermögen einzuholen. Ich habe mich allein auf den Namen verlassen, wie irgendein dämlicher Kunde, dabei könnte Daniel ein Spieler sein oder süchtig oder sein Vermögen auf tausend andere Arten verschleudert haben. Er hat ein schönes Haus, ein schickes Auto und teure Kleidung, aber gerade ich müsste doch wissen, dass das rein gar nichts besagt. Ich habe um keinen Beweis gebeten, dass er das versprochene Geld auch tatsächlich zahlen könnte. Mein Vater hat einen Freund in der Stadt, einen Finanzjournalisten, der in solchen Dingen auf dem Laufenden ist, aber ich habe ihn nicht einmal gefragt.
    Also hat Daniel Metcalf die erste Runde gewonnen. Aber das heißt noch gar nichts. Entscheidend ist, wer am Ende gewinnt. Jetzt bin ich im Vorteil, auch wenn ich noch nicht weiß, was dahintersteckt oder wie ich damit umgehen soll.
    Der wissenschaftliche Teil läuft gut. Entgegen Sams Befürchtungen ist es nicht so schwierig, wie es sich anhört. Man muss Selbstvertrauen ausstrahlen, das reicht. Das muss man immer, auch wenn man sich selbst spielt. Jede Bewegung muss sitzen. Man darf nicht zögern. Die Arbeit an sich zählt weniger als das Auftreten, weil Daniel Metcalf keine Ahnung hat, ob wir alles richtig machen.
    Wir bleiben in der Nähe des Lagers. Immerhin forschen wir ja noch nicht tatsächlich, wir geben Daniel nur einen kleinen Vorgeschmack auf das, was wir mit den Forschungsgeldern tun würden. Unterwegs passieren wir undurchdringlichen Regenwald, lichte Waldstücke mit hohen Bäumen, uralte Abfallhaufen der Aborigines. Wir finden vielversprechende Stellen, manche ganz in der Nähe des Hauptwegs, andere am Fuß des Hügels nahe beim Bach.
    Daniel hält sich zurück und sieht uns geduldig bei der Arbeit zu. Hockend oder kniend auf Schaumstoffkissen vermessen und fotografieren Julius und Greta Spuren und sammeln Losungen ein, was wir mit einem Ranger im nächstgelegenen Nationalpark geübt haben. Schon Spuren zu finden war schwerer, als ich erwartet hatte. Die Wanderwege unterscheiden sich kaum vom Busch, und der Waldboden liegt voller Laub. Manchmal glaube ich, ich deute auf gar nichts, und manchmal fürchte ich, was ich da sorgfältig vermesse, sind meine eigenen Stiefelabdrücke, aber dabei spiele ich so überzeugend die Expertin, dass mir jeder glauben würde.
    Nach ein paar Stunden entdecke ich allmählich Dinge, die ich vorher nicht gesehen habe. Winzige Pfotenabdrücke im Staub neben einem trockenen Bachbett, feinste Kratzer am Fuß eines mageren Eukalyptusbaums. Solche Fähigkeiten kann man mit erstaunlich wenig Übung entwickeln. Als ich mich hinknie, um kleine weiße Knochen aufzusammeln, die ich vor einer Woche nicht einmal bemerkt hätte, halte ich instinktiv den Atem an, um sie nicht wegzupusten. An einer Stelle finde ich zwischen einem Haufen welken Laubs und abgeblätterter Rinde einen Tierzahn. Er ist so weiß, sauber und glatt

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