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Die schönsten Dinge

Die schönsten Dinge

Titel: Die schönsten Dinge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Toni Jordan
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ich mir meine Lacklederabsätze nicht verkratze. Durch einen Spalt in der Tür sehe ich, wie mein Vater und Beau Seile, Schaufeln und gefaltete Planen auf die Ladefläche eines Lieferwagens packen.
    Â»Verschwinde, Della. Das ist geheim«, sagt Beau, als er mich an der Tür sieht. Er stellt sich vor eine große Kiste und breitet die Arme aus.
    Â»Na schön. Es ist wohl an der Zeit«, sagt mein Vater. »Schon gut, Beaufort. Komm herein, meine Liebe, komm herein. Und mach die Tür hinter dir zu.«
    Als ich ins Licht trete, stößt Beau einen langen, leisen Pfiff aus. »Alter Falter.«
    Das ist das Stichwort für meinen Vater, »Was für ein Anblick« zu sagen, und als er das nicht tut, blicke ich auf. Blass und mit geschlossenen Augen ist er beinahe gegen den Lieferwagen hinter sich gesackt. Er presst eine Hand auf die Brust.
    Â»Dad«, sage ich und gehe zu ihm.
    Er schlägt die Augen auf und schenkt mir ein mattes Lächeln. »Es geht mir gut, Liebes. Ich war nur überrascht, dich so angezogen zu sehen. Du siehst genauso aus wie deine Mutter.«
    Ich schlucke. Seine Kleidung passt nicht zu körperlicher Arbeit: Geschniegelt und gebügelt steht er da, eine Altherrenversion von mir selbst, aber offenbar will er nicht den Mercedes nehmen. Ich gehe zu den Kartons hinter dem Lieferwagen, öffne sie und spähe unter die Planen.
    Â»Lenk nicht vom Thema ab«, sage ich. »Seile, Flaschenzüge, Hacken, Schaufeln. Wollt ihr unter die Grabräuber gehen?«
    Â»Was für eine rüde Unterstellung«, sagt mein Vater.
    Â»Wir wollen einen Schatz suchen«, sagt Beau.
    Ich starre sie an, aber keiner von beiden lacht. »Einen Schatz«, sage ich. »Ist klar.«
    Ich frage mich: Wie kann ich ihnen die Ausrüstung abnehmen, ohne dass sie es mitbekommen? Und kann man einen Menschen, genauer gesagt zwei Menschen, gegen ihren Willen in eine Anstalt einweisen lassen? Oder soll ich sie einfach hier ein paar Wochen einsperren und ihnen das Essen unter der Tür durchschieben?
    Aber zu meiner Schande denke ich vor allem: Wie komme ich hier raus? Schweben? Durch einen Wirbelsturm? Durch Gottes Hand? Könnte sich nicht irgendwas aus dem Himmel herabschwingen und mich wegholen? Ich komme mir vor, als würde ich auf einem Gleis stehen und schon die Lichter des Güterzugs sehen, der auf uns zurast, und ich weiß nicht, ob ich stark genug bin, alle zu retten. Und dann denke ich: Was bin ich feige.
    Â»Nein, Liebes, setz dich nicht. Sonst zerknittert dein Kleid.« Mein Vater hält mich am Arm fest, klopft meinen Rock ab und zupft den Saum zurecht.
    Â»Das wird die größte Nummer aller Zeiten«, sagt Beau. »Sie bringt uns zig Millionen ein. Wir werden berühmt.«
    Â»Berühmt«, wiederhole ich.
    Â»Ich habe Aufsehen ja immer vermieden«, sagt mein Vater. »Aber für diesen Mammutcoup lohnt es sich, dass ich meine Anonymität aufgebe. Man könnte sogar sagen, genau hierfür habe ich mir meine wahre Identität aufgespart. So lebendig habe ich mich zuletzt gefühlt, als ich als kleiner Junge mit eurem Großvater unterwegs war und aus dem Pferdewagen Dr. Graysons Magisches Elixier gegen entzündete Schleimbeutel, Venen, Gelenke und alle Wehwehchen den Jahrmarktsbesuchern verkauft habe. Das waren noch Zeiten, meine Liebe.«
    Â»Wir vergessen dich nicht, Ella«, sagt Beau. »Wir heben dir ein paar Schmuckstücke auf.«
    Â»Wie«, mir fehlen fast die Worte, »wie konnte das passieren?«
    Â»Pures Glück. Wir sind nur durch einen erfreulichen Zufall darauf gestoßen. Ich war online, in einem Chat über die frühe Viktorianische Zeit. Ohne besonderen Grund, aus reiner Neugier. Im Laufe meiner Karriere habe ich immer wieder gemerkt, dass man oft Erstaunliches findet, wenn man offen bleibt und interessanten Spuren nachgeht. Ich weiß noch, wie ich fünfundsechzig zum ersten Mal die Smaragde gesehen habe. Als ich jung war, hatte ich keine Ahnung von Schmuck. Welcher junge Mann hat das schon? Für uns war so etwas reine Frauensache.«
    Â»Dad. Was ist in dem Chat passiert?«
    Â»Das wollte ich gerade erzählen. Ich habe da Marguerite McGuire und ihren Bruder kennengelernt.«
    Â»Ihr Bruder ist derjenige mit der Tätowierung«, sagt Beau.
    Â»Natürlich«, sagt mein Vater. »Wer wäre so brutal, ein kleines Mädchen zu tätowieren? Damit wäre eine so schöne

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