Die schönsten Sagen Österreichs (German Edition)
verschont.
Kaiser Heinrich sammelte ein riesiges Heer zur Abwehr, konnte damit endlich die vorrückenden Magyaren besiegen und sie weit über die Grenzen des Reiches zurückwerfen. Damit mussten auch viele der sich vorher unbesiegbar haltenden Magyaren den Weg in eine grausame Gefangenschaft ohne Wiederkehr antreten, darunter auch einige Frauen und Kinder.
Der junge Recke Gernot von Rannariedl, der im Gefolge Kaiser Heinrichs gegen die Magyaren zog, verlor sein Herz an eine junge Ungarin, die als Geisel in den Westen geführt worden war. Es war die schöne Fürstentochter Agnes, die mit ihrem wallenden schwarzen Haar und den dunklen Augen die Blicke aller auf sich lenkte. Weil das Mädchen auch Gefallen an dem blonden Hünen Gernot fand, gab der Kaiser die Gefangene dem Rannariedler zur Frau. Sie zog mit ihm auf die Burg ins Rannatal, wo auch die Hochzeit in aller Pracht gefeiert wurde.
Agnes aber litt an chronischem Heimweh. Sie konnte sich nicht an die ihr fremde Umgebung gewöhnen, an die Berge, Wälder und kalten Winter. Ihre schönen Augen füllten sich mit Tränen, wenn sie von der Terrasse aus sah, wie die Boote auf der Donau ostwärts zogen, gerne wäre auch sie darauf gewesen. Gernot gelang es nicht, seine Frau auf andere Gedanken zu bringen, und bald wusste jeder, dass es die Herrin von Rannariedl in ihre alte Heimat zog.
Im Frühling eilten Boten von Burg zu Burg und verkündeten die Schreckensbotschaft, dass wieder Magyaren mit einem riesigen Reiterheer in den Westen eingebrochen seien. Der Kaiser ließ seine Reiter sammeln und stellte sich dem Gegner. Auch Gernot war in seinem Gefolge.
Einem Menschen bereitete die Meldung vom Anrücken der Magyaren allerdings keine Angst, sondern große Freude, und das war Agnes, die darauf hoffte von den Kriegern ihres Volkes befreit zu werden. Mehrmals am Tag stieg sie auf den Turm, um nach dem Ungarnheer Ausschau zu halten und ihre Vorfreude, in die Heimat zurückzukehren, konnte sie nicht verbergen. Die Männer der Burg beobachteten sie kritisch und verstanden sofort, dass sie nicht nach ihrem aus dem Kampf zurückkehrenden Mann Ausschau hielt.
Agnes wurde zur Gefahr für Rannariedl, bald wurde sich von den Burgverteidigern des Verrates beschuldigt und zum Tod verurteilt – Agnes wurde enthauptet. Der Stein, auf dem dies geschehen ist, wurde auf dem Weg zur Schlosskapelle eingesetzt. Jedes Jahr an ihrem Todestag färbt dieser sich blutrot und in der Nacht wandelt Agnes durch das Schloss, in den Händen ihren abgeschlagenen Kopf haltend.
Die Begegnung mit dem Tod
In einer Zeit, als es bei Lahrndorf noch keine Brücke über die Enns gab, lebte ein Fährmann in seinem Häusel an der Enns. Der Förg, so wurde der Fährmann genannt, machte seine Arbeit gewissenhaft und gern und jeder kannte ihn. Einmal saß er auf einer Bank bei seiner Zille am Ufer der Enns und schaute der untergehenden Sonne und den Schwalben auf ihrer Mückenjagd zu. Da erschien auf der Lahrndorfer Seite ein Mann und deutete ihm, dass er nach Sand auf die andere Seite übergesetzt werden wollte. Wie der Förg bei ihm ansetzte, stieg der Fremde vollkommen vermummt zu ihm in die Zille. Auf der ganzen Fahrt sagte der komische Geselle nicht ein Wort, bis er am Ziel fragte, was er schuldig wäre. Dem Förg kam der „bsunderlöga“ Fahrgast aber nicht ganz geheuer vor und so gab er zu Antwort:
„Nichts!“
„Das ist dein Glück“, erwiderte der Fremde, „sonst hättest du auch sterben müssen!“
Dann ging er seines Weges in Richtung Dambachtal. Schon nach wenigen Tagen brach die große „Sterb“ aus entlang des Dambaches, und zwar überall dort, wo der Fremde aufgetaucht war. Der dunkle Fremde, der nicht erkannt werden wollte, war der Tod gewesen und einzig der Förg hatte überlebt.
Das Förgenhäusel besteht noch bis heute und gehört zum herrschaftlichen Schloss Lamberg in Steyr, lange Zeit soll es noch von einem Jäger bewohnt worden sein.
An einem anderen Ort im Ennstal ging eines Abends ein Bauernbursche zu seiner Liebsten fensterln. Diese arbeitete bei einem Bergbauernhaus und daher war sein Weg recht weit. Als er wieder einmal auf dem Weg zu ihr war und die Hälfte der Strecke schon hinter sich hatte, sah er den Sensenmann mit seinen langen knochigen Beinen den Berg herunterkommen.
Der Tod grüßte ihn mit dem Spruch: „Gelobt sei Jesus Christus!“
Der Bursche gab aber keine Antwort, aus welchen Gründen auch immer. Nun war der Tod einen Kopf größer geworden und sagte
Weitere Kostenlose Bücher