Die schönsten Sagen Österreichs (German Edition)
gut ging, wollte er natürlich nicht sterben. So saß er eines Tages in seinem Weinkeller und philosophierte über den Sinn des Lebens und mancherlei andere Dinge. Da stolperte ein knochiger Fremder den Gang herunter und klopfte dem Bauern wie einem guten Freund auf die Schulter.
„Ich weiß, worüber du nachdenkst“, sagte er, „doch wenn du willst, kann ich dir helfen!“
Anfangs konnte der in seinen Gedanken ertappte Bauer vor Schreck kaum reden, dann sprach er aber recht vertraulich mit seinem Besucher und schlussendlich waren sich die beiden handelseins geworden: Der Bauer soll den Gast von jedem Wein seines Kellers kosten lassen, dafür werde dieser ihm das ewige Leben schenken. Sie begannen nun gleich mit dem größten Fass. Der Fremde legte sich mit seinem breiten Maul über den Spund und zog in vollen Zügen das köstliche Nass in sich, als ob er eine Pumpe im Leib gehabt hätte. Dann ging’s zum zweiten Weinfass. Hier war es ebenso und als der Bauer nach kurzer Zeit ans Fass klopfte, klang es hohl. „Ei“, dachte er nun bei sich, „wenn der Kerl so durstig ist, will ich ihm meinen Süffigsten geben“, und er führte ihn zum kleinsten Fässchen, das den „Ehrentagtrunk“ aufbewahrte. Daraus süffelte nun der unheimliche Geselle einen und noch einen Schluck, dann fiel er rücklings zu Boden.
„Hahaha“, kicherte der Bauer, „der hat ihn doch gebändigt!“
Er neigte sich zu ihm herab und leuchtete ihm ins Antlitz. Hu! Eiskalt rieselte es ihm durch Mark und Bein – ein leibhaftiger Totenkopf! Aber kaum hat er sich von seiner Angst erholt, so fasste er den Trunkenbold, der federleicht wie eine Kleiderpuppe war, und stieß ihn ohne zu zögern zum Fassspund hinein. Plumps, und der Gast lag drinnen, schnell den Zapfen drauf und eilends nach Hause. Nun war der Hoisl glücklich wie kein zweiter auf Erden. Es war ihm klar, was er getan hatte: Er hat den Tod ins Weinfass gesperrt.
Und Jahr für Jahr ging vorüber, der Hoisl bekam einen schneeweißen Kopf und war steinalt. Aber auch die anderen Leute im Ort starben nicht. Der Menschen gab es nun so viele, dass Korn und Wasser zu wenig wurden. Da erfuhr der liebe Herrgott von dem Vorfall in Gänserndorf und sandte seinen Engel in den Keller, damit er den Tod befreite. Kaum war dies geschehen, so hatte der Sensenmann Arbeit über Arbeit. Seuchen entstanden und die Menschen fielen wie die Fliegen im Frostwetter. Der Hoisl aber blieb verschont. Er alterte immer mehr und mehr und fiel sich und anderen zur Last. Mit dem Kreuz auf der Brust durchwanderte er den Erdball und wartete in heißer Sehnsucht auf jenen Tag, an dem der Tod alles heimholen wird, was da lebt auf Erden.
Die drei Kreuze bei Großschönau
In Walterschlag lebte einst eine wegen ihrer Schönheit weitum bekannte Bauerstochter, die von den Männern sehr verehrt wurde und daher stolz und wählerisch war, um nicht zu sagen arrogant. Dabei hatte sie gleich an drei jungen Fleischergesellen Gefallen gefunden, zwischen denen sie sich aber nicht entscheiden konnte. So versprach sie einem jeden die Ehe, damit wollte sie ein wenig Zeit schinden und doch niemanden vergraulen.
Mit List konnte sie es sogar so einrichten, dass keiner der drei Verlobten von seinen Rivalen wusste. Eines Tages aber wollte es der Zufall, dass alle drei in ihrem Haus zusammentrafen, woraufhin die ganze Sache aufflog. Nun bestand jeder der Männer auf das bereits gegebene Heiratsversprechen, keiner wollte zurücktreten und schließlich kam es zu einem heftigen Streit, der auf dem Heimweg der drei Männer blutig ausartete.
Mit ihren Stichmessern gingen sie aufeinander los und im Bannwald bei Oberwindhag sank der Erste tödlich verwundet nieder. Für den Zweiten endete der Kampf auf den Feldern von Großschönau und der Letzte schleppte sich, schwer verletzt, bis Großwolfgers, wo er verblutete. Sein blutgetränktes Hemd soll noch lange Zeit in der Kapelle von Großwolfgers ausgestellt gewesen sein. Zur Erinnerung an die drei Todesstellen wurde jeweils ein Steinkreuz errichtet.
Nach diesem blutigen Drama lebte die schöne Bauerstochter lustig und fidel weiter und fand bald einen neuen Liebhaber, einen reichen Bauernsohn aus Großschönau. Schon wenig später gab sie abermals ihr Heiratsversprechen, doch dieses Mal kam es auch zur Hochzeitsfeier. Ein lärmender, von Musikanten begleiteter Hochzeitszug zog von Waltersschlag durch den Bannwald nach Großschönau bis hin zur Pfarrkirche, in deren Nähe der Bräutigam
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