Die schönsten Sagen Österreichs (German Edition)
ebenfalls auf den Weg.
Bald hatte sie den türkischen Gesandten auf seiner Reise eingeholt und stellte sich als Mönch vor, der auf dem Weg ins Heilige Land war. Gerne ließ man diesen Mönch mitreisen, der es meisterhaft verstand, auf seiner Laute zu spielen. So kam die Rittersfrau gut beschützt direkt an den Hof des Sultans, wo sie noch am gleichen Abend vorspielen musste. Der Sultan war von ihrem Musizieren so hingerissen und ergriffen, dass er ihr die Erfüllung eines Wunsches versprach.
„Wenn ich mir wünschen darf, was ich will, dann möchte ich mir einen der Christen aussuchen, der bei ihnen den Pflug zieht“, bat sie in ihrem Mönchsgewand.
Als nun die Männer vorgeführt wurden, wählte sie natürlich ihren geliebten Mann aus und wirklich erhielt sie ihn vom Sultan als Geschenk. Doch nicht einmal Heinrich hatte seine Frau in ihrer Verkleidung erkannt und Hildegard beließ es dabei. Wie zwei Freunde reiste das Ehepaar nun wieder in die Heimat und südlich von Laibach trennte sich Hildegard von ihrem Mann mit den Worten:
„Hier, mein Bruder, scheiden sich unsere Wege. Als Erinnerung an diese Fahrt und das miteinander Erlebte schneide mir doch ein Stück Leinen aus deinem Hemd.“
Das tat Heinrich gerne für seinen Retter und dankte ihm beim Abschied aus tiefstem Herzen. Hildegard eilte schnell auf Taggenbrunn, legte das Mönchsgewand ab, zog ihre gewohnten Kleider wieder an und wartete auf die Ankunft ihres Mannes, der nur wenig später eintraf.
Auf das Herzlichste wurde Heinrich von seiner Frau empfangen und auf der gesamten Burg brach Jubel und Freude aus über die gesunde Rückkehr des Burgherrn. Aber das Glück dauerte nicht lange an, denn seine Freunde erzählten ihm, dass seine Frau monatelang wie ein leichtfertiges Weib in der Welt umhergezogen war. Da geriet Heinrich ins Zweifeln über die Treue seiner Frau und endlich stellte er sie bei einer festlichen Gelegenheit zur Rede.
Daraufhin erhob sich Hildegard still und schweigend verließ sie den Saal. Wenige Minuten später kam sie wieder herein und trug das bekannte Mönchsgewand, hatte ihre Laute in der Hand und noch dazu das Stück Leinen aus dem Hemd von Heinrich. Bleich fiel Heinrich vor ihr auf die Knie und bat in Anwesenheit aller Gäste seine Frau um Vergebung, dass er auch nur einen Augenblick an ihr gezweifelt hatte. Sie begann nun von ihrer Reise zu berichten und die Sache klärte sich dahin, dass sie es gewesen war, welche den Ritter aus der erniedrigenden Gefangenschaft errettet hatte. Nun mussten sich auch die zweifelnden Freunde Heinrichs bei ihr entschuldigen und seit diesem Tag herrschte wieder der gewohnte Friede auf der Burg.
Der Weg aber, den der türkische Gesandte von St. Veit zu der Burg Taggenbrunn über den Maraunberg genommen hatte, wird heute noch Türkensteig genannt.
Die weiße Rose im Kloster Arnoldstein
Heute kann man noch die Reste des ehemaligen Klosters Arnoldstein hoch auf einem Felsen über der Gemeinde im Gailtal sehen. Der heilige Bischof Otto siedelte hier im Jahr 1106 Benediktinermönche an, das Stift wurde jedoch unter Kaiser Joseph II. im ausgehenden 18. Jahrhundert aufgelöst.
Die Benediktinerbrüder sahen sich lange durch den Himmel besonders begünstigt. Denn jeder Klosterbruder erfuhr durch eine duftende weiße Rose auf seinem Betstuhl in der Früh, wenn der „Bruder Tod“ noch am selben Tag zu ihm kommen werde. Wenn der Mönch diese Rose auf seinem Platz fand, dann küsste er sie in Demut und bereitete sich auf den Tod vor.
Eines Tages kam eine Bettlerin mit ihrem kleinen Sohn zur Klostertür und bat um Einlass, damit sie hier die Nacht verbringen konnte. Der Abt gewährte ihr diese Bitte und noch in der gleichen Nacht starb die erschöpfte Bettlerin. So blieb ihr kleiner Sohn Johannes bei den Brüdern und der Pförtner nahm sich besonders seiner an. Johannes wuchs in der Gemeinschaft gut heran und wurde von den Brüdern in der Klosterschule unterrichtet, wobei seine Begabung in der lateinischen Sprache auffiel. Der Jugendliche zeigte ein stilles und versöhnliches Wesen und wählte ebenfalls den Priesterstand zu seinem Beruf.
Am Tag seiner Primiz, an dem er die ewigen Gelübde ablegen sollte, da strömten, wie immer bei solchen Gelegenheiten, viele Gläubige herbei, um an dieser Feier teilzunehmen. Auch die schöne Tochter des Verwalters der Fugger’schen Güter war darunter. Als der neu geweihte Priester am Ende der Feierlichkeiten der Kirchengemeinde den Segen spendete und sich die
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