Die schönsten Sagen Österreichs (German Edition)
wohnte.
Als sie zu der Stelle kamen, wo der erste der Fleischerburschen sein Leben gelassen hatte, sonderte sich die Braut etwas vom Zug ab. Plötzlich stieß sie einen furchtbaren Schrei aus, der einem durch Mark und Bein ging, und die vor Schreck erstarrten Hochzeitsgäste sahen nur, wie die Braut von einer unsichtbaren Gewalt durch die Lüfte entführt wurde.
Alles Rufen war vergebens, still und bedrückt ging die Gesellschaft nach Großschönau und erzählte dem Pfarrer von dem sonderbaren Vorfall. Dieser gab den Rat, nochmals in den Bannwald zu ziehen, zu singen und zu spielen, als wenn zuvor nichts geschehen wäre. Wenn aber die Braut wieder zum Vorschein käme, sollte sie der Brautführer bei der Hand nehmen und nicht mehr loslassen, sonst wäre es um sie geschehen.
Die Leute folgten dem Rat des Priesters und tatsächlich fanden sie die Braut an der gleichen Stelle, wo sie sie verloren hatten. Aber ihre Schönheit war geschwunden, ja ihr Anblick so erschreckend, dass der Brautführer nicht einmal wagte, ihr die Hand zu reichen. Einen Augenblick wartete die Braut, der Brautführer rührte sich nicht und nun stieß sie neuerlich einen Schrei aus und verschwand wieder, doch dieses Mal für immer.
Später hat sich die Braut noch manchem einsamen Wanderer gezeigt. Als nach vielen Jahren eine arme Dienstmagd durch den Bannwald gegen Windhag ging, sah sie bei dem Steinkreuz eine alte Frau stehen, bekleidet mit einem altmodischen Hochzeitskleid und einem Brautkranz im schneeweißen Haar. Traurig und doch erwartungsvoll sah diese das Mädchen an und wartete auf die Anrede. Die Magd aber lief vor Entsetzen davon.
Ein anderes Mal soll ein Bauer bei Waldarbeiten in der Nähe vom Kreuz ein uraltes Mutterl im Brautkleid und Schleier gesehen haben. Es sah ihn starr und flehentlich an, sprach aber kein Wort. Da gruselte es den Mann und er lief davon.
So wartet die hochmütige Braut wohl noch beim Kreuz im Bannwald, dass ein Mensch komme und sie anspreche, denn nur dann könne sie endlich Ruhe finden für immer, sagt man.
Die mutige Kellnerin
In einem Wirtshaus im Waldviertel, manche sagen es sei in Irnfritz gewesen, kam einmal die Frage auf, wer es wagen würde, um Mitternacht zum Hochgericht hinauszugehen und ein Kreuz in den Galgenbalken einzuschneiden, zu einem Zeitpunkt, an dem gerade drei frisch Hingerichtete dort hingen.
Das Schankmädchen, das dafür bekannt war, besonders waghalsig zu sein, sagte sogleich, sie würde es tun, doch sollten die anderen eine Wette abschließen, sodass sie auch zu einer netten Summe käme.
Als die mutige Dirn nun zum Galgen kam, stand dort ein Pferd, auf das sie hinaufstieg, bevor sie die drei Kreuze ins Holz schnitt. Weil sie nun schon auf dem Pferderücken saß, jagte sie auf dem Tier heimwärts. Da krachten hinter ihr die Schüsse, und Kugeln pfiffen an ihr vorbei, ohne sie jedoch zu treffen. Sie stammten von den Räubern, denen sie das Pferd genommen hatte und die nun hinter ihr her waren. Die finsteren Gesellen hatten einen Kameraden vom Galgen nehmen und ihn auf das Pferd legen wollen. In den Satteltaschen des Pferdes fanden sich nachher Waffen und Geld, der Beuteanteil des Räuberhauptmannes, der nun um diesen betrogen worden war und sich rächen wollte.
Es vergingen Tage und Wochen, da kamen eines Abends, als schon alle Gäste gegangen waren und nur mehr die Kellnerin und der Hausknecht in der Wirtsstube saßen, einige starke und verdächtig aussehende Männer. Diese schickten den Hausknecht mit Briefen in den nächsten Ort, die Magd aber in den Keller, um Wein zu holen. Als sie damit die Stiege heraufkam, hörte sie einen der Räuber sagen:
„Wenn sie mit dem Wein wieder da ist, wollen wir ihr zur Strafe bei lebendigem Leib die Haut abziehen!“
Der Kellnerin wurde bei diesen Worten heiß und kalt, sie schlich in den Keller zurück, bis ins hinterste Eck, und stellte dort das Licht auf ein Fass. Sich selbst aber versteckte sie in der Nähe der Eingangstür und gelobte in ihrer Angst eine Wallfahrt, wenn sie diesmal mit dem Leben davonkäme. Nun wurde den Räubern das Warten aber leid und sie gingen in den Keller hinunter, um zu schauen, wo denn das Mädchen mit dem Wein geblieben war. Sie kamen bis zu dem aufgestellten Licht, in dem Moment huschte das Mädchen auch schon aus ihrem Versteck hervor, schlug die Kellertür zu und schloss die Räuber ein. Dann eilte es in die Stube hinauf, in der die grausamen Räuber „Kinderhändchen“ (die einigen Kindern abgehackt
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