Die schönsten Sagen Österreichs (German Edition)
worden waren) anstatt der Lichter angezündet hatten, löschte diese unheimlichen Kerzen aus und weckte die Hausleute und Nachbarn. Mit deren Hilfe konnten die Räuber gefangen, peinlich befragt und zur Angabe ihrer Höhle im Walde gezwungen wurden, in der man viel Geld und kostbare Waren fand, die man alle der mutigen Kellnerin überließ: Diese aber verteilte sie unter die Armen und dankte Gott, dass sie auf so glückliche Weise errettet worden war.
Die Geistergräfin von Fischamend
Vor vielen Jahrhunderten, als die Gegend um Fischamend noch von dichten Wäldern bewachsen war, stand am Ufer der Fischa ein glanzvolles Schloss. Eine stolze junge Gräfin wohnte darin, die mit Leib und Seele der Jagd ergeben war. Ihre Jagdleidenschaft war so groß, dass sie darüber alles andere vergaß, nichts anderes war ihr mehr heilig, sogar den lieben Herrgott vergaß sie. Wenn an Sonn- und Feiertagen die Kirchenglocken zum Gottesdienst riefen, dann blies sie ins Horn und ritt stolz auf ihrem Ross mit ihren Jagdgesellen und den vielen Hunden in den Wald hinein. Auf ihren Ausflügen stürmten sie durch die Felder, ganz gleich, ob diese abgeerntet waren oder nicht, durch die Hufe der Pferde wurde die reifende Ernte zerstampft und sie hinterließen eine Spur der Verwüstung. Manch ein Bauer fragte um Schonung seiner Felder an oder um Nachlass vom Pachtzins, wenn durch die Jagd alles zerstört worden war, aber meistens wurden die Männer mit grausamen Peitschenhieben aus dem Schloss gejagt. So war die Gräfin überall bekannt.
An einem Sonntag ritt die Schlossherrin frühmorgens wieder einmal zur Jagd aus. Schon hatten die Hunde einen Hirsch aufgestöbert, dem die Gräfin mit ihrer Meute unermüdlich in den Wald hinein nachhetzte. Ihre Begleiter waren schon längst zurückgeblieben, aber die rasende Jägerin gab nicht auf, sie verfolgte das Tier über Stock und Stein, durch Gestrüpp und Dornen, bis das todmüde Wild erschöpft vor der Hütte eines Einsiedlers liegen blieb. Nach Atem ringend und schweißbedeckt lag es direkt unter einem großen Kreuz, als der fromme Mann aus der Hütte trat. Er stellte sich schützend neben das Tier und rief beschwörend:
„Hör auf, du Verblendete! Siehst du denn nicht, dass dieses unschuldige Geschöpf unter den Schutz Gottes gestellt wurde? Es ist Sonntag, der Tag des Herrn, an dem du weder arbeiten noch töten sollst. Also gönne dir und den Tieren im Wald doch wenigstens an diesem Tag Frieden! Lass das Tier leben und kehre nach Hause!“
So sprach der Einsiedler, aber die Jägerin lachte ihn aus, holte Pfeil und Bogen hervor, legte an und schoss dem erschöpften Tier mitten ins Herz.
Das war zu viel für den frommen Eremiten, er hob drohend seinen Arm und rief mit beschwörender Stimme:
„Wehe dir, verwegenes Weibsbild! Du hast durch deine schlechte Tat das Kreuz geschändet, an dessen Stamm das arme Tier Zuflucht gesucht hat. Du sollst dafür verdammt sein und ewig als Geist umherirren müssen, du sollst im Tod niemals deine Ruhe finden können und zur Strafe bis an das Ende der Zeiten in diesen Wäldern jagen müssen!“
Entsetzen erfasste die junge Schlossherrin über diesen schrecklichen Fluch, die Angst stieg in ihr hoch und sie wusste keinen anderen Weg als Flucht. Schnell wandte sie ihr Pferd und versuchte ihr Gefolge zu finden. Aber plötzlich erschien ihr der Wald vollkommen fremd, sie fand den Weg nicht mehr zurück.
Bis zum späten Abend irrte sie in dem Wald am Wasser umher, sie konnte einfach nicht hinausfinden, auch begegnete sie in der ganzen Zeit niemandem, es wurde langsam dunkel und die ersten Nachtvögel begannen zu rufen. Mehr und mehr nahm die tödliche Angst von ihr Besitz und in ihrer Aussichtslosigkeit stieg sie vom Pferd, sank demütig auf die Knie und flehte zum Himmel um Verzeihung und Hilfe. Da hörte sie aus weiter Ferne den leisen Ton einer Glocke, es war die Glocke von Fischamend, der zu so später Stunde den Abendsegen läutete.
Nun war wieder Hoffnung in ihr, freudig schwang sie sich auf ihr Pferd, folgte dem Ton der Kirchenglocke und erreichte schließlich entkräftet den Ort. Sie kniete vor dem Holzkreuz an der Kirchturmmauer nieder und mit Tränen in den Augen dankte sie dem Herrn aus ganzem Herzen, dass er sie auf so wunderbare Weise aus der nächtlichen Dunkelheit herausgeführt hatte
Wenig später begegnete sie endlich wieder Menschen und erfuhr, dass das Läuten noch andere angelockt hatte, denn die Glocke wurde um diese Zeit nicht von
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