Die schönsten Sagen Österreichs (German Edition)
Maria Rast, etwa eine halbe Stunde oberhalb von Zell, am Hainzenberg, wurde lange Zeit eine Kröte vor der Kirchentür gesehen. Meistens fand sie der Mesner, wenn er in der Früh zum Läuten der Kirchenglocken ging. Am Anfang hat er die große, hässliche Kröte noch mit dem Fuß weggestoßen, irgendwann aber wurde es ihm zu viel und er warf sie endlich den Berg hinunter. Aber alles half nichts, am andern Tag saß die Kröte wieder vor der Kirchentür. Da ließ er sie endlich in das Gotteshaus hinein und – siehe da – die Kröte kroch geradewegs auf den Hochaltar zu. An dessen Stufen angekommen, stellte sie sich auf die Hinterfüße und faltete die vorderen „Pratzlan“ wie zum Gebet. Nun ging das Tier wieder hinaus und wurde nie mehr gesehen. Man erzählt sich, dass dies eine büßende Prinzessin gewesen sei, die hier so lange als hässliche Kröte leiden musste, bis man sie endlich in die Kapelle hineingehen und beten ließ.
Da ging einmal einer nach Gries im Sulztal, einem Ötztaler Seitental, wallfahren. Wie er „auf die Höhe“ kam, da sah er eine Kröte vor sich auf dem Weg in der Sonne sitzen. Er nahm seinen Stecken und schlug sie über den Wegrand hinaus, dass sie in die tiefe Schlucht hinunter bis zum Fischbach kugelte.
Sieben Jahre später ging dieser Mann wieder nach Gries wallfahren. Und wieder sah er die Kröte, aber einige Schritte unterhalb vom Weg, im Gras sitzen. Jetzt hörte der Mann die Kröte reden:
„Ich hab einmal in meinem Leben eine Wallfahrt nach Gries versprochen, hab aber mein Versprechen nicht gehalten. Zur Strafe muss ich jetzt als Kröte diese Wallfahrt machen. Vor sieben Jahren hast du mich da hinuntergeschlagen und sieben Jahre mühte ich mich ab, wieder heraufzukriechen.“
Ein Innsbrucker Fuhrmann war am Zirler Berg unterwegs und fuhr gerade durch Leithen, da sprang ihm eine Kröte auf den Wagen.
„He, du Luder, hinunter mit dir!“, rief er und fegte sie mit seiner Hand vom Wagen.
Keine fünf Meter weiter, da war sie schon wieder neben ihm.
„Ah, des musst gesehen haben, hinunter, du schiache Kroten“, rief er erbost und hat sie ein weiteres Mal mit seiner Hand vom Wagen gefegt.
Nun war sie aber schon wieder da, und da bekam der Fuhrmann Mitleid mit ihr und ließ sie mitfahren. Als er schließlich auf dem Kirchplatz von Seefeld hielt und zur Kröte neben sich sah, da saß plötzlich ein bildhübsches Mädchen neben ihm.
„Da schaust du, Fuhrmann, gell. Ich habe vor vielen Jahren eine Wallfahrt nach Seefeld versprochen, aber dieses Versprechen nicht gehalten. Nach meinem Tod musste ich mich nun als Kröte auf den Weg machen und bin jetzt, dank dir, erlöst.“
Der Fuhrmann setzte sich seine Brille zurecht, schaute sie verdutzt an und die junge Frau verschwand in die Kirche und wurde nie mehr gesehen.
Der Gang zum Kalkofen
Dem Weidenhofbauer hatte der unerbittliche Tod seine geliebte Lebensgefährtin und seinem einzigen Kind die fürsorgliche Mutter geraubt. Nach einem Jahr sah sich der Bauer zum zweiten Mal nach einer Ehefrau um, und bald schaltete und waltete wieder eine schneidige Bäuerin auf dem Weidenhof. Mit viel Liebe und Fürsorge nahm sie sich auch ihres Stiefkindes, des Loiseles an, und als sie selbst einen Sohn bekam, hätte niemand sagen können, dass sie ihr eigenes Kind dem andern vorziehe. So vergingen einige Jahre und sie führten ein harmonisches Familienleben.
Da starb in der Nachbarschaft der alte Kalkbrenner und dessen Sohn, der gerade den Wehrdienst hinter sich hatte, übernahm den Betrieb. Als nun die Weidenhoferin den jungen, bildhübschen Burschen sah, verliebte sie sich bis über beide Ohren in ihn. Es brauchte nicht lange und in ihrem Leben drehte sich alles nur noch um den jungen Kalkbrenner. Sie fing an ihren Mann zu vernachlässigen und wurde auch gegen ihren Stiefsohn hart und lieblos, obwohl er immer ein sehr braves und sanftes Kind war. Eines Tages kam es dann zum Ehebruch und schließlich sogar so weit, dass sie immer, wenn ihr Mann auswärts zu tun hatte, zu ihrem Geliebten ging.
Irgendwann wurde der Bauer aber misstrauisch und fragte seinen Sohn, den Loisl, wo denn die Mutter während seiner Abwesenheit gewesen war.
„Zum Kalkbrenner hinaus ist sie“, sagte der Sohn, „und ich und der Jörgele spielten gemeinsam den ganzen Tag im Haus.“
Der Bauer stellte nun seine untreue Frau zur Rede. Sie aber leugnete schlichtweg alles ab und es gelang ihr auch, ihren Mann wieder zu beruhigen.
Beim nächsten Treffen mit ihrem
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