Die schönsten Sagen Österreichs (German Edition)
unterwegs einem anderen, der von Fronhausen hinabging. Letzterer trug einen schweren Sack auf dem Rücken und rief in jammerndem Tone:
„Wohin? Wohin soll ich ihn denn tun?“
„Dahin, wo du ihn hergenommen hast“, gab der andere ruhig und gelassen zur Antwort.
Da atmete der Sackträger auf und sprach: „Jetzt bin ich erlöst!“
In Holzgau haben solche Grenzsteinversetzer die Gestalt von kleinen Butzen angenommen, in anderen Teilen Tirols nehmen sie nach ihrem Tod auch eine Tiergestalt an und müssen manchmal noch dazu brennen.
Der bekannteste Holzgauer Butz ist der Geißgassenbutz, auch er hatte im Leben Marksteine zu seinen Gunsten versetzt. Dieser Butz geht zwischen den Feldkreuzen hin und her, springt den Leuten auf den Rücken, sitzt den Rössern auf und lässt sie nicht weitergehen. So eine Begegnung machte auch ein Fuhrmann. Sein Pferd wollten auf einmal nicht mehr weitergehen, er aber wollte nach Hause und nicht sein Pferd mit netten Worte bestechen:
„Geh in Gottes Namen!“, rief er, doch das Ross rührte sich nicht.
„So geh in des Teufels Namen!“, rief er dann, nun zog das Ross wieder an.
Ein Bauer aus Holzgau brachte einst ein neues Ross zum Holzziehen herauf, auch dem rief er zu, was er schon so oft den Heuwagenziehern zugerufen hatte:
„Koa Recht, koa Recht!“
Von einer Frau, die einen neuen Feldweg aufbrachte und sich daran bereichert hatte, erzählt man Ähnliches.
Nördlich von der kleinen Gemeinde Hinterhornbach im Außerfern, an der Grenze zu Deutschland, erhebt sich der knapp 2600 Meter hohe Hochvogel, von welchem der Jochbach niederbraust und viele Alpen bewässert, besonders bekannt ist er aber für seinen reichen Bestand an Gämsen.
Auf einer dieser Alpen, auf der Markalpe, da gab es einen sehr sonderbaren Spuk. Ein Kerzenbutz musste wegen des Diebstahls einer Kerze da oben geistern. Die Einheimischen erzählen sich darüber Folgendes:
Einmal gingen mehrere Wilddiebe zum Wildern aus und übernachteten in dieser Alpe. Nachdem sie gegessen und getrunken hatten, legten sie sich auf den Heuboden, um zu schlafen. In der Nacht zwischen 11 und 12 Uhr polterte an der Tür ein Mann mit einer langen Kerze in der Hand und fragte unaufhörlich:
„Wo soll ich sie hintun? Wo soll ich sie hintun?“
Einer der Wildschützen schrie den Fragenden barsch an: „Tu sie hin, wo du sie hergenommen hast!“
Da wurde der spukende Mann ganz weiß und sagte, dass er nun erlöst sei. Er habe einmal einer armen Witwe eine Kerze gestohlen und musste daher nach seinem Tode dafür so lange leiden, bis einmal einer seine Frage auf diese Weise beantwortete, wie es eben der Wilderer getan hatte. Hierauf verschwand er für immer von der Alpe.
Die Kröte in der Wallfahrtskirche
Eine Bäuerin aus Bayern, welche ganz dicht an der Tiroler Grenze wohnte, gab einst das Gelöbnis ab, eine Wallfahrt zur Muttergottes in Absam zu machen. Sie kam aber leider nie dazu, dies auch zu machen, ob aus Nachlässigkeit oder aus Mangel an Zeit, das weiß leider niemand. Als nun die Bäuerin gestorben war, ist es ihr dafür übel ergangen, denn nun musste sie die versprochene Wallfahrt nachholen – in der Gestalt einer Kröte. Mei, hatte die auf ihrem Weg zu leiden. Ein Bauer bemerkte sie am Wegesrand und wollte sie mit einem langen Stock erschlagen, der nächste war nicht viel gescheiter, der wollte sie zertreten, und ein dritter „klaubte“ sie auf und warf sie über einen hohen Felsen. Nachdem sie so viele Torturen hatte über sich ergehen lassen müssen und so oft den Weg ein weiteres Mal bestreiten, kam sie endlich in Absam bei der Wallfahrtskirche an. Nun war es der Mesner von Absam, der ihr den Weg versperrte und sie nicht in die Kirche hineinließ. Zweimal warf er sie wieder zur Vorkirche hinaus, und dann gelang es ihr doch, an einem Nachmittag ungesehen bis zum Gnadenbild vorzudringen. Dort faltete die Kröte ihre vorderen Füßlein wie zum Gebet und begann zu beten. Mit einem Mal hat sie sich als heller Streifen erhoben und ist zum Fenster hinausgeflogen, worüber die Leute in der Kirche nicht wenig erstaunt waren. So ist also die arme Seele erlöst worden.
Auch im Schwazer St.-Michael-Kirchlein sah man lange Zeit eine große Kröte zum Altar kriechen. Das geschah meistens an den Vorabenden hoher Festtage. Die Kröte richtete sich dann auf und stand auf den Hinterfüßen, die Vorderfüße hielt sie so zusammen und in die Höhe, als ob sie sie zum Gebete gefaltet hätte.
Ebenso in der Wallfahrtskapelle
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