Die schönsten Sagen Österreichs (German Edition)
gelegenen Bergwiesen mit Mähen und Heuen beschäftigt waren, brachten die Fanningberger Bäuerinnen ihren Leuten das Mittagessen. Da begegnete dem Zauberer-Jackl eine Bäuerin mit Essen. Der Jackl rief sie an und sagte:
„Geh, hast nit an Biss’n übrig für mi, i wa voll Hunga!“
„I hab nix für di, dos Ess’n g’hecht (gehört) en Leut’n in da Wies’n drob’n!“, sagte die Bäuerin und ging weiter.
Kurz darauf kam eine zweite Bäuerin daher, und der Jackl wiederholte seine Bitte. Die Bäuerin langte darauf in den Esskorb hinein und sagte:
„No, da hast a poa Krapf’n, mehr kann i da nit geb’n, sist homb die Leut z’weaning.“
Der Jackl bedankte sich dafür und die Bäuerin ging weiter. Bald darauf kam wieder eine Landfrau mit Essen vorbei. Wie diese des Jackls ansichtig wurde, rief sie ihm zu:
„Jo, da Jackl ist a do! Geah mit, kannst mit ins ess’n!“
Dies ließ sich der Jackl nicht zweimal sagen und ging mit. Droben auf der Wiese breitete die Bäuerin auf dem Boden ein Tuch aus und stellte das Essen darauf. Die Mahdleute setzten sich rundherum und der Jackl mit ihnen. Nach dem Essen sagte der Jackl zu den Leuten:
„So, teats amol a bissl schlummern hiatz.“
Die Leute legten sich daraufhin ins Gras und hielten ein Mittagsschläfchen. Unterdessen nahm der Jackl ein paar Stäbchen in die Hand und schlug damit vor sich auf den Boden ins Heu, dass die Heubüschl nur so herumflogen. Und merkwürdig! Alles Heu flog in die Heuschupfe hinein. Als das ganze Heu wohlgeborgen dort lag, ging der Jackl zum naheliegenden Bächlein hinüber und machte sich dort zu schaffen. Gleich darauf fing es an zu regnen. Sobald die Leute den Regen spürten, wurden sie wach, und da sahen sie mit Staunen, dass die ganze Wiese schon geheut war und das Heu sich im Stadel befand. In den Nachbarwiesen aber hatten sie noch viel zum Heuen, als der Regen kam. So hatte sich der Jackl fürs Essen bedankt.
Auch rächte sich der Zauberer-Jackl am jungen Grafen von Kaprun, dessen Hartherzigkeit und Schlechtigkeit ihm ein Dorn im Auge war.
So stieg der Zauberer einmal auf das Wiesbachhorn, um heilkräftige Kräuter zu suchen, und kam auch in die Nähe der mächtigen Almhütte des Grafen, auf der viel Verschwendung getrieben und viel weggeworfen wurde. Da Jackl hungrig und durstig war, bat er den Senner um Milch. Der Senner, der den alten Mann nicht kannte, wollte ihn zum Gegenstand seines Witzes machen und brachte ihm eine große Schüssel Milch. Jackl trank, solange es ihm schmeckte und ließ das Übrige stehen. Da sagte der Senner:
„Warum trinkst du nicht alles?“
„Weil ich nicht mehr kann“, erwiderte der Alte.
Daraufhin nahm der Senner die Schüssel und schüttete den Rest der Milch über Kopf und Kleid des Zauberers, der zornentbrannt den Schwur tat, dass er alles zugrunde richten werde. Der Senner aber lachte dem Drohenden ins Gesicht und warf ihn schließlich gar zur Tür hinaus. In seiner gerechten Entrüstung wollte der Zauberer anfangs das ganze Tal vernichten, besann sich jedoch auf dem Weg eines Besseren und beschloss, nur die Alpe, die Senner und die Hütte dem Untergang zu weihen; wusste er doch recht gut, dass er dadurch dem Grafen den empfindlichsten Schaden zufügte.
Im Tal angekommen, begab er sich sofort zum Grafen von Kaprun und sprach zu ihm:
„Lasset alle Tiere binnen heute und drei Tagen vom Berge heimtreiben; denn nach dieser Zeit wird das ganze Wiesbachhorn und alles, was dort lebt, vernichtet. Aus den blühenden Almwiesen wird ein Ferner werden, auf dass die Welt sehe, wie Gott den Übermut bestraft.“
„Machst du das Horn zum Gletscher“, erwiderte lachend und spottend der Graf, „so mache es nur schön weiß, damit man es von Weitem schon sehen kann!“
Kaum waren die drei Tage vergangen, als ein furchtbares Gewitter am fernen Horizont aufstieg, sich rasch näherte und mit einer Heftigkeit entlud, dass seit Menschengedenken kein Zweites dagewesen war, das diesem hätte gleichen können. Schwarze, undurchdringliche Wolken hüllten das Wiesbachhorn ein und verbargen es drei volle Tage vor den Blicken der Menschen. Als sie endlich wieder verschwanden, stand das Horn vereist, von der blühenden Alpenwirtschaft und den Sennern war keine Spur mehr zu entdecken. Kein Senner sah seitdem den Ferner schwinden, im Gegenteil, er wurde immer mächtiger.
Eines Tages befiel den Zauberer tiefe Reue über sein Tun, und da fragte er einen des Weges kommenden Kapuzinerpater, wie er denn noch
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