Die schönsten Sagen Österreichs (German Edition)
Und wem dies je geschah, der sagte nie wieder etwas gegen den Herrn Chrysostomus.
Schnell waren die sieben Jahre vergangen und der Grüne kam, um die gewonnene Seele zu holen. Der Diener des Herrn Grafen Chrysostomus zum Schab den Rüssel wollte den Teufel aber nicht hereinlassen, doch der wusste sich zu helfen und stellte dem Diener ein Bein, dass er hinfiel wie ein nasser Sack.
Als der ungebetene Gast ins Zimmer trat, lag der Herr Graf gerade auf dem Sofa, las die Zeitung, trank ein Fläschchen Ungarwein und rauchte türkischen Tabak.
„Ich möchte nicht gestört werden“, fuhr ihn der Herr Graf an, „wendet Euch an den Kammerdiener!“
„Na, mein Guter, ich habe mit dir selber zu sprechen und mit sonst niemandem in diesem Haus!“, sagte der Grünrock und zog den Vertrag aus der Tasche. „Die Zeit ist um – Abmarsch! Jetzt heißt es nicht mehr ‚Schab den Rüssel‘, sondern ‚Schab ab‘!“
Nun schaute der Herr Graf von seiner Zeitung auf, rückte die Augengläser zurecht und antwortete gähnend:
„Ich und abmarschieren? Ha, dass ich nicht lache! – Schab den Rüssel!“
Und wirklich, die Raspel ging nun auf den Teufel los und traktierte ihn, sodass ihm Hören und Sehen vergingen. Der dumme Teufel hatte nämlich vergessen, sich selber von diesem Zauberwerkzeug auszunehmen, und nun fing der Herr Graf auch noch an, wie ein Konzertmeister den Takt dazu singend anzugeben.
Vor Schmerzen schreiend fiel der Teufel auf die Knie und bat um Gnade, doch der Herr Graf wollte erst seinen Vertrag ausgehändigt bekommen. Als er diesen in den Händen hielt, zerriss er ihn und forderte den Teufel auf zu gehen mit den Worten:
„Sei so gut, wische dir das Maul und triff das Loch. Die Raspel aber lässt du mir zum Andenken da, ich will …“
„Halt’s Maul, du Narr, du! Der Vertrag ist zerrissen und die Raspel ist wieder mein. Mit diesem Werkzeug bekomme ich ganz andere Seelen als die deine! Aber wir werden ja sehen, ob wir uns nicht doch noch einmal bei mir in der Hölle treffen werden, und da werde ich auch sagen ‚Schab den Rüssel‘!“
Das rote Mandl auf der Freyung in Wien
Auf der Freyung in Wien, dem großen Marktplatz in der Wiener Innenstadt mit dem markanten Gebäude des Schottenklosters, stand um die Mitte des 16. Jahrhunderts ein kleines Haus mit einer Kellerschenke. Hier trafen sich vor allem Studenten, Künstler und besonders viele fahrende Schüler.
Als an einem Abend der Keller mal wieder gerammelt voll war und die verschiedensten Leute beieinander saßen, da kam auch ein Mann herein, der sich allein durch sein Äußeres von den übrigen Gästen abhob. Es war niemand anderer als der hochberühmte Doktor Faust, der besonders in Studentenkreisen bekannt war. Wie ein Lauffeuer verbreitete sich die Nachricht seiner Anwesenheit unter den Gästen und nach wenigen Minuten brach lauter Jubel darüber aus. Dieser Doktor der Magie war durch seine wundersamen Kunststückchen genau wie durch seine tollen Streiche bekannt und berühmt.
Alle Anwesenden waren sich dessen sicher, dass es bei seiner Kunst nicht mit rechten Dingen zuging. Es war viel mehr reine Magie, denn so verwegen und so unerklärbar waren seine Zauberstückchen, dass es sich nicht um Taschenspielertricks handeln konnte. Das reizte die jungen und leichtsinnigen Gäste natürlich umso mehr und sie baten ihn, er möge ihnen doch etwas vorzaubern.
Der Hausknecht brachte ihm nun ein großes Glas Wein, weil dieses aber allzu gut eingeschenkt war, verschüttete er etwas vor den Augen von Faust. Da sagte dieser:
„Wenn du mir noch einmal so viel aus meinem Weinglas verschüttest, dann fress’ ich dich mit Haut und Haar.“
Das fand der Hausknecht aber gar nicht lustig, denn der hohe Herr Doktor brauchte nicht zu glauben, dass er ein „Dummerle“ sei und sich vor ihm fürchtete, nur weil er ein Zauberer war. So schenkte er dem Doktor Faust das nächste Glas wieder übervoll ein, sodass beim Hinstellen der Tisch vom Wein überschwemmt wurde. Da riss der Doktor Faust den Mund auf und verschwunden war der Hausknecht. Daraufhin nahm der Zauberer einen Wasserkübel und leerte ihn mit einem gewaltigen Zug.
Entsetzen ergriff die Anwesenden und der Wirt kam herbeigelaufen und bat den großen und besten aller Doktoren, doch seinen Kellnerburschen wieder herzugeben, ohne den er sein Geschäft nicht führen könne. Mit seiner ruhigen Stimme befahl ihm der Gelehrte:
„Öffne die Tür und schau auf die Stiege hinaus!“
Und wirklich – auf
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