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Die schönsten Sagen Österreichs (German Edition)

Die schönsten Sagen Österreichs (German Edition)

Titel: Die schönsten Sagen Österreichs (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Morscher , Berit Mrugalska
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Purbacher. Er ließ ihn sich munden und trank des Guten zu viel, so dass er nur mehr taumelnd über die Stiege hinaufgehen konnte. Das Haus wollte er jedoch weiter durchsuchen, und schwankend kam er dabei in eine weitere Vorratskammer mit einem Sack. Dort gab er seinen wackeligen Füßen nach, lehnte sich an diesen Sack, um ein wenig auszuruhen – und schlief ein. Er schlief lange, und sein Schlaf hätte wohl noch länger gedauert, wenn er nicht von sehr lauten Stimmen im Hof geweckt worden wäre. Er horchte auf. Ja, das war doch nicht seine Muttersprache! Wo waren denn nur seine Kameraden geblieben?
    Sogleich wurde ihm alles klar. Während er geschlafen hatte, waren seine Kameraden abgezogen und die Bewohner indessen heimgekehrt.
    Im Nu versteckte sich der Türke, und daran tat er gut; denn gleich darauf wurde die Tür geöffnet und zwei Männer traten ein. Sie schauten sich um, bemerkten aber nichts Verdächtiges und suchten woanders weiter.
    Der Türke war zu Tode geängstigt und das Herz schlug ihm bis zum Hals. Er wollte auf die schützende Dunkelheit der Nacht warten und dann die Flucht wagen.
    Erst in der Finsternis kam er leise aus seinem Versteck hervor. Er tastete sich an den Wänden entlang und fand eine Tür, die aber fest verschlossen war. Wie sollte er hier jemals wieder herauskommen, fragte sich der Türke und bemerkte beim Absuchen des Raumes, wie der Mond so freundlich durch den Schornstein hereinschien. Da dachte sich der Mann: „Vielleicht kann ich auf diesem Weg hinausgelangen?“
    Flink stieg er auf den Herd und blickte durch den Rauchfang in den Himmel hinauf. Im Rauchfang gab es querliegenden Stangen, er war also in einer Selchküche, wo geräuchert wurde, daher auch keine Fenster. Wenn er doch nur die Stangen erreichen könnte, dann wäre sein Weg in die Freiheit nicht mehr weit; aber so sehr er sich auch abmühte, es gelang ihm nicht. So trat er dann wieder in die Kammer zurück und suchte nach einem Strick – und er fand auch einen. Mit viel Geschick warf er nun diesen über die Stangen und konnte daran hinaufklettern. Es kostete ihn einige Mühe, bis er seinen Kopf aus dem Rauchfang stecken konnte – endlich Frischluft! Als er sich aber umblickte, wie er hinuntergelangen könnte, hörte er unten auf der Gasse ein Laufen und Schreien.
    „Haben sie mich vielleicht entdeckt?“, dachte er sich, zog wie eine Schnecke seinen Kopf zurück und wartete, was nun geschehen würde. Es dauerte nicht lange, da öffnete man unten im Haus die Tür und die herbeigeeilten Bauern deuteten jetzt unter zornigem Rufen auf den Rauchfang. Der im Kamin gefangene Türke wollte hinausklettern, um zu entfliehen. Kaum hatte er jedoch seinen Kopf herausgestreckt, da sah er mit Entsetzen, dass die Gasse voll bewaffneter Bauern war. Sie schrien und drohten ihm mit den Fäusten, und einige hatten Mistgabeln und Dreschflegel in den Händen.
    Da zog er sich wieder in den Rauchfang zurück und rührte sich einfach nicht, obwohl sie ihm später zuredeten und ihn ermunterten herunterzusteigen.
    Zuletzt kam einer auf die Idee, man solle den Flüchtling ganz einfach ausräuchern, wenn er schon meinte, dort im Rauchfang bleiben zu müssen. Und so geschah es auch. Man machte Feuer. Der Rauch und die Hitze wurden dem Türken unerträglich und er musste den Rauchfang verlassen und auf das Dach herausklettern. Er wurde nun mittels einer Leiter vom Dach herabgeholt und in das Gefängnis geführt.
    Jetzt versammelte sich der Gemeinderat, um zu beraten, was mit dem feindlichen Soldaten geschehen sollte. Das Urteil lautete, es werde ihm nichts geschehen, wenn er den christlichen Glauben annähme. Und damit er der Gemeinde nicht zur Last fallen sollte, wurde er dem Besitzer des Hauses, in dem er gefangen worden war, als Knecht ins Eigentum übergeben.
    Der Türke war mit dem Urteil zufrieden und ließ sich taufen, er lernte die deutsche Sprache und blieb fortan im Haus seines neuen Herrn.
    Als dann der Knecht gestorben war, ließ der Bauer einen Türkenkopf aus Stein meißeln und setzte diesen auf den Rauchfang, wo der Türke gefangen worden war.
    Noch heute ist das Steinbild eines Türken auf dem Rauchfang über den Dächern von Purbach zu sehen und in der ganzen Gegend als Purbacher Türke bekannt. Früher war es das Haus 163, heute steht das Haus in der Schulgasse und trägt die Hausnummer 9.
    Die Abtrünnigen
    Es war im Jahr 1683, da kamen seltsame Gestalten nach Wiesen. Sie waren mit weiten Röcken und Hosen bekleidet, an der

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