Die schönsten Sagen Österreichs (German Edition)
da gab es auch ein Familienmitglied, das sehr um ein geselliges Leben am Hof in Wien bemüht war, nämlich Otto den Fröhlichen. Er soll das genaue Gegenteil zu seinen Brüdern gewesen sein, nämlich glücklich und zufrieden, immer heiter, auch soll er einen fast „bäuerlichen Humor“ besessen haben.
So soll sein Empfangszimmer in der Hofburg stets übervoll gewesen sein und viele kamen, um ihm ein besonders außergewöhnliches Geschenk zu bringen und hofften im Geheimen auf ein wertvolles Gegengeschenk.
Da kam eines Tages auch ein junger Bursch in sehr ärmlichen Kleidern zum Herzog und hatte einen riesigen Fisch dabei. Er wolle dem Herzog ein Geschenk bringen, sagte er den Bediensteten, und der Fisch war wegen seiner seltenen Größe wirklich etwas Besonderes. Der Herzog nahm ihn freundlich entgegen und fragte, wie er heiße und woher er komme.
„Ich heiße Wiegand, bin ein Student und komme aus Theben“, war die Antwort. „Den Fisch habe ich von einem Fischer aus Theben geschenkt bekommen, weil er aber so groß ist, da habe ich mir gedacht, das wäre ein prächtiges Geschenk für den gnädigen Herzog Otto.“
„Das ist sehr nett von dir“, sagte der Herzog, „und was kann ich dir für den Fisch Gutes tun?“
„Ja, gnädiger Herr, ich wünsche mir zwanzig Stockstreiche und das ist alles“, sagte Wiegand fest entschlossen.
Der Herzog blickte den kauzigen Burschen streng an und sprach dann:
„Spaße nicht mit mir, Wiegand, denn sonst mache ich mir einen Spaß mit dir. Ich frage dich zum letzten Mal, was möchtest du für den Fisch?“
„Zwanzig Stockstreiche, gnädiger Herzog, wenn ich bitten darf.“
„So soll es sein und wir werden sehen, wie viel Spaß du dabei haben wirst!“
Auf einen Wink des Herzogs wurde geschwind eine Bank ins Zimmer gebracht und ein Diener nahm die Stockstreiche vor. Nach dem zehnten jedoch sprang Wiegand auf, machte einen Diener vor dem Herzog und erklärte:
„Die ersten zehn Hiebe waren jetzt mein Lohn, die andere Hälfte gehört dem Wächter am Tor, dem ich erst die Hälfte von Eurem Gegengeschenk versprechen musste, bevor er mich hereinließ.“
Da erkannte der Herzog, was für ein Schalk dieser junge Student war und ließ den Torwächter heraufbestellen, der trotz größter Gegenwehr die andere Hälfte der Stockschläge bekam, für die er sich dann auch noch bestens bedanken musste. Herzog Otto setzte sich nun persönlich für den armen Studenten ein und sorgte dafür, dass dieser sein Studium ohne Geldmangel beenden konnte. Nach seinen Studien erhielt er die Pfarrei Kahlenbergerdorf übertragen. Dort waren seine Einkünfte nur sehr niedrig, das schlug sich aber nicht auf die gute Laune Wiegands nieder, der durch seine witzigen Possen und heiteren Einfälle als „Pfaff vom Kahlenberg“ für alle Zeiten berühmt wurde. Herzog Otto fragte ihn immer wieder gern um lustigen Ratschlag und behielt ihn in seinem Rat bis zu seinem Tod. Pfarrer Wigand überlebte seinen freundschaftlichen Gönner um neun Jahre.
Als einmal die Frau des Herzogs zu ihm nach Kahlenberg kam und es gerade Zeit zum Mittagessen war, da lud sich die Dame mit ihrem Gefolge selber bei Wiegand zum Essen ein. Weil sie sich aber vorher nicht angekündigt hatte, wusste Wiegand nicht, was er auf den Tisch bringen sollte. So deckte er eifrig den Tisch, schleppte viele Töpfe und Schüsseln herbei, zündete das Feuer im Herd an und stellte die leeren Töpfe darauf. Die Herzogin schaute ihm verwundert zu und fragte dann besorgt:
„Und was kommt in die Töpfe hinein?“
„Ja, wenn Ihr es nicht wisst, wer dann?“, fragte Wiegand harmlos. „Ich war der Annahme, dass Ihr das Essen aus der herzöglichen Küche mitgebracht hättet, denn wenn ich eine Herzogin samt ihrem Gefolge aus meiner Speisekammer bewirten müsste, dann würde mein gesamtes Jahreseinkommen an einem Tag verzehrt werden.“
Lachend ließ die Herzogin nun den Reiseproviant holen und bewirtete den Pfarrer aufs Beste.
Ein anderes Mal wurde Wiegand von angesehenen Personen des Hofstaates besucht. Manch einer dieser noblen Herren meinte, er könne sich mit dem schlichten Mann ein Späßchen erlauben. Dies ging aber immer schlecht für den Betreffenden aus. So kamen eines Tages vier reiche Junker zu Pferd auf dem Kahlenberg an und übernachteten aus Mutwillen bei Wiegand. Sie aßen extra viel, tranken noch mehr und mussten bis zuletzt ganz berauscht zu Bett getragen werden, wo sie sofort in einen tiefen Schlaf fielen.
In dieser Zeit
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