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Die schoensten Weihnachtsgeschichten

Die schoensten Weihnachtsgeschichten

Titel: Die schoensten Weihnachtsgeschichten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Fallada
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und klopfte ihr mit einem freundlichen Zwinkern seiner faltenumwobenen Augen auf die Schulter. »Keine Sorgen meinetwegen. Ich habe Aussicht als erster Büchsenspanner in der Schießbude vom bayerischen Ranftl. – Jetzt geht’s los. Mücke!«
    Und er ließ einen Storch über die Wand stelzen und hölzern klappern, daß die Mücke wieder jauchzte, aber nur leise. Denn sie hatte die Kiesow nicht vergessen, sondern fürchtete für ihren Theaterdirektor.
    Während der August Böök so mit der Mücke spielte, berieten Karla und ich uns, was mit ihm wohl anzufangen sei. Daß wir unser der Oma Böök gegebenes Wort halten mußten und daß wir das auch gerne wollten, war klar. Nur das »Wie« machte Schwierigkeiten, wie immer jetzt. Ich war dafür, Böök mit einem Brief zum Administrator Kalübbe zu senden, der ihn schon beschäftigen würde, bis wir nach Gaugarten übergesiedelt waren.
    Karla aber hatte ganz andere Pläne. Ihr war der übersDach angelangte Böök wie ein Retter in schwerer Not, speziell vom Himmel gesandt, um uns aus allen Weihnachtsmiseren zu helfen. Die bekannte Gestalt, die wir so oft im Zimmer der Oma Böök gesehen hatten, erschien ihr wie ein Gruß aus unserer besten Zeit. Gleich hatte sie Vertrauen zu ihm, gleich gehörte er mehr zu uns als die Matz und Steppe. Vor ihm mußte man sich nicht genieren. Er war genau wie unsereiner.
    Der August hatte über unserem Ratschlagen einen Sandmann für die Mücke auf der Tapete entstehen lassen, der ihre Augen mit Schlaf gefüllt hatte. Sie blinzelte ihm noch einmal selig zu, flüsterte: »Aber morgen bist du wieder da!« und meinte nicht den Sandmann damit.
    »Herr Chef«, sagte August Böök, unser zukünftiger Chauffeur, und setzte sich zu uns. »Wenn sich’s machen ließe, und Sie hätten eine Kleinigkeit zu futtern für mich? Mein Geld hat nämlich nur für die Fahrkarte gereicht, und seit vierundzwanzig Stunden kullert mein Magen, daß es schon unanständig ist!«
    Wir kamen einträchtig zum Ergebnis, daß wir uns nicht auch noch in der Hotelküche durch ungewöhnlich späte Anforderungen verdächtig machen wollten. Aber Karla wagte auf Strümpfen eine Exkursion in unser Schlafzimmer und kam mit einer Pappschachtel Pralinen, einer Blechbüchse Teegebäck und einer Flasche Rum wieder, die noch von einer Grippeattacke bei uns verblieben war. Es war vielleicht kein normales Essen für einen Mann, der seit vierundzwanzig Stunden gehungert hatte, aber August Böök stellte nie bestimmte Ansprüche an das Leben. Er nahm alles, wie es kam. Erhatte einen Grundsatz: Schließlich ist alles egal. In hundert Jahren weiß kein Mensch mehr, wie wir es gemacht und gehabt haben. Warum sollen wir uns also heute darüber aufregen?
    Und mit der gleichen freundlichen Gelassenheit nahm er auch unser etwas aufgeregtes Reden über unsere Weihnachtspläne hin. Na also, wir wollten hier unbemerkt fort. Schön, ließ sich machen! Wir wollten »in kognito « in Langleide Weihnachten feiern. Warum nicht? Dagegen war nichts zu sagen.
    August Böök war der völlige Gegensatz der Steppe und Matz, die immer Bedenken hatten. August Böök sagte stets: Ja – also! Die Steppe und Matz und schließlich auch ich, wir sagten immer: Ja – aber … Darin war er Karla viel ähnlicher, und darum haben sich Karla und er auch immer ausgezeichnet verstanden, während für mich bald eine Zeit kommen sollte, in der ich »all diese Vertraulichkeiten mit meinem Chauffeur Böök« bitter bereute …
    Aber in jener Nacht dachte ich über »Vertraulichkei ten « vollkommen wohlwollend. Es wurde eine sehr angeregte Nacht, einen Haufen Aufträge bekam der August Böök. Es wurden ihm auch die Wunschzettel der Familie Schreyvogel ausgehändigt, und als er nach zwei Uhr morgens über das Schuppendach fort uns verließ (er hatte vor, im Wartesaal des Radebuscher Bahnhofs zu nächtigen), trug er nicht nur diese Wunschzettel, nicht nur den gesamten Barbestand der Familie Schreyvogel, sondern auch das Sparkassenbuch der Mücke bei sich.
    Karla und ich, sie auf der Chaiselongue, ich auf einem Sessel nächtigend, waren so aufgekratzt wie schon lange nicht mehr: Endlich hatten wir wieder einen Menschen, der zu uns paßte, dem wir vollkommen vertrauten, der nicht nach unserem Gelde gierig war!
    August Böök, der Landstreicher in seinem schmierigen Sweater mit dem dicken Goldring im Ohr, war uns eine Oase in der Wüste, himmlisches Manna, unter Larven die einzig fühlende Brust.
    »Maxe«, flüsterte Karla von

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