Die Schöpfungsmaschine
Namen vererbt worden waren. Am späten Vormittag saßen Aub und Clifford in seinem komfortablen und geräumigen Büro, von dem man einen guten Ausblick über den See hatte. Morelli erzählte ihnen etwas von der Arbeit, mit der er und seine Forscher sich in den letzten Jahren beschäftigt hatten. Er hatte bereits geschildert, dass sie in den späten neunziger Jahren auf vielen Gebieten der Teilchen-Physik geforscht hatten. Im Mittelpunkt seines Interesses hatte dabei das Phänomen der gegenseitigen Vernichtung von Partikeln und Antipartikeln gestanden. Gegen Ende dieses Jahrzehnts hatte er zu seinem Erstaunen festgestellt, dass er Versuchsanordnungen schaffen konnte, in denen er Partikel zur Selbstvernichtung bringen konnte. Sie verschwanden, ohne dass Antipartikel an dem Geschehen beteiligt gewesen wären. Auch nachdem Morelli längere Zeit ausführlich beschrieben hatte, wie sie das erreicht hatten, war Aub immer noch fasziniert.
Aub lehnte sich in dem schweren Sessel zurück und starrte Morelli in unverhülltem Erstaunen an. „Ich komme einfach nicht darüber hinweg“, erklärte er kopfschüttelnd. „Sie behaupten also tatsächlich, dass Sie in einem Laboratorium Bedingungen schaffen können, die dazu führen, dass Partikel verschwinden? Und das geschieht nicht als wechselseitige Vernichtung in Verbindung mit Antipartikeln …? So etwas habe ich noch nie gehört.“
Morelli erwiderte seinen Blick mit unverhohlenem Vergnügen. „Klar können wir das“, sagte er beiläufig. „Wir machen das jeden Tag. Nach dem Essen können Sie sich ja einmal ansehen, wie wir es machen.“
„Aber, das ist doch ungeheuerlich“, beharrte Aub. „In Berkeley haben wir von einer solchen Möglichkeit nicht einmal gesprochen. Ich habe auch nie etwas darüber gelesen … Wie kommt es, dass die Resultate nie veröffentlicht wurden? So etwas müsste doch im ganzen Land verbreitet werden.“
„Damals habe ich in einem Forschungsprojekt unter Regierungsaufsicht gearbeitet“, erklärte Morelli. „Das ganze Projekt unterlag strengster Geheimhaltung. Wahrscheinlich sind die Ergebnisse irgendwo abgeheftet, wo sie nie wieder irgendjemand findet. Sie wissen ja, wie das ist.“
„Und jetzt können Sie hier für die IWG an der gleichen Sache arbeiten … ohne Regierungskontrolle?“ Clifford sprach aus einem Sessel direkt beim Fenster. „Das kommt mir … seltsam vor.“
Morelli spitzte die Lippen und stützte die Ellenbogen auf. Offensichtlich dachte er über seine Antwort nach. „Nun … Wir machen nicht gerade ein Fernsehprogramm über unsere Arbeit hier. Das ist eine der ersten Lehren, die ich aus meiner Forschertätigkeit gezogen habe: Wenn du heutzutage deine Ruhe haben willst, dann vermeide es, Aufmerksamkeit zu erregen.“
„Aber die Menschen gehen doch hier ein und aus“, sagte Clifford sichtlich irritiert. „Ich wundere mich, dass nie etwas nach außen gedrungen ist. Ich meine … die Leute, die hier arbeiten, reden die denn mit niemandem über ihre Arbeit?“
Morelli lächelte seltsam, wie jemand, der mehr weiß, als er zugeben will.
„Sie wissen vielleicht, dass die Engländer im Zweiten Weltkrieg gelegentlich streng geheime Informationen mit der gewöhnlichen Post schickten. Besonders dann, wenn sie wussten, dass der Gegner besonders bemüht war, in den Besitz dieser Informationen zu gelangen. Nun, wir arbeiten nach einem ähnlichen Prinzip, auf eine ungezwungene Art. Was unsere Leute angeht …“ Morelli zuckte die Achseln, so als ob dieser Punkt keine weitere Beachtung verdiente. „Die sind ziemlich clever. Wenn sie es nicht wären, wären sie nicht hier.“ Nach einer Pause ergänzte er leise: „Sie wären überrascht, wenn Sie mehr über die Arbeit wüssten, die in der ganzen Welt von der IWG geleistet wird.“
Clifford verstand, dass weitere Fragen zu diesem Thema nicht unbedingt erwünscht waren. Es war ohnehin an der Zeit, zu dem Hauptanliegen ihres Gesprächs zurückzukehren.
„Sie wollten uns eben etwas über Ihre neueren Experimente berichten“, sagte er.
„Richtig.“ Morelli beugte sich vor und schaffte sich etwas Platz auf der Tischplatte, um seine Arme darauf zu legen. „Seit etwa einem Jahr läuft eine Versuchsreihe über selbständige Vernichtung in einem großen Rahmen. Sie erinnern sich an das Gebäude, an dem Sie vorbeikamen, nachdem Sie gelandet waren, das mit den großen Tanks an der Seite …? Darin ist das Versuchsgerät untergebracht.“
„Meinen Sie das ganze Gebäude?“
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