Die Schöpfungsmaschine
Labyrinth von Korridoren und kleinen Versuchslabors zum Herzstück des Projekts.
Sie standen plötzlich auf einem durch ein Metallgeländer gesicherten Laufgang und sahen hinaus in eine riesige, fensterlose Halle aus Betonwänden. Vor ihren Augen erstreckte sich ein chaotisches Gewirr aus Maschinen, elektronischen Kontrollpulten, Kabeln und Rohrleitungen. In der Mitte ragte aus dem Wirrwarr eine kugelförmige Metallkonstruktion heraus, die ein Stahlgerüst umspannte und von der elektrische Leitungen wie Girlanden nach allen Seiten in die Halle führten. Eine silbern glänzende Röhre mit einem Durchmesser von etwa einem Meter verband die Kugel mit einem riesigen und komplizierten Gebilde, das seinerseits nur ein Teil von einer noch größeren Apparatur zu sein schien, die sich jenseits der Wand außerhalb der Halle befand. Ungefähr ein halbes Dutzend Techniker und Wissenschaftler gingen unten auf dem Hallenboden unterschiedlichen Tätigkeiten nach. Morelli zeigte auf die Röhre. Er musste lauter als gewöhnlich sprechen, um sich in dem ständigen Lärmgemisch verständlich zu machen.
„Aufgebaut und beschleunigt wird der Strahl in der Generatorkammer, die sich nebenan befindet“, sagte er. „Unser Ausgangsmaterial ist Wasserstoff. Unser Vorrat ist in den Tanks gespeichert, die Ihnen vielleicht bei Ihrer Ankunft aufgefallen sind. Die Röhre lenkt den Strahl in die Reaktorkammer. Das Kernstück der Röhre, wo sich der eigentliche Strahl befindet, hat übrigens nur einen Durchmesser von ungefähr fünfundzwanzig Zentimetern. Den Rest des Gesamtdurchmessers nehmen die Lenk- und Zentrierspulen ein. Die Kammer im Innern der Kugel ist mit Schutzisolierung versehen, denn bei dem Prozess tritt als Nebenwirkung ein hoher Hitze- und Strahlungsanfall auf.“
„Haben Sie jetzt gerade ein Schwarzes Loch errichtet?“ fragte Aub. Morelli schüttelte den Kopf.
„Im Augenblick nicht“, sagte er, „sie probieren gerade nur ein paar Feineinstellungen aus. Es ist schade, dass Sie nächsten Dienstag nicht hier sind. Dann werden wir wieder eins haben.“
Clifford stützte sich auf das Geländer und sah gedankenverloren hinab. Nach einer Weile wandte er sich an Morelli. „Diese Strahlung, die Sie eben erwähnt haben – entsteht sie durch allgemeinen Schwund in der Kammer, oder stammt sie von dem Vernichtungsvorgang selbst?“
„Natürlich gibt es einen Schwund“, antwortete Morelli, „aber der lässt sich recht gut berechnen. Also können wir davon ausgehen, dass der Strahlungsüberschuss vom Vernichtungsprozess stammt.“
„Dann schaffen Sie also nicht nur ein Schwerkraftfeld, sondern Sie produzieren auch Strahlung“, vergewisserte sich Clifford.
Morelli nickte und antwortete: „Das stimmt. Nach dem, was Sie heute Morgen von Ihrer Theorie erzählt haben, mussten Sie das doch erwartet haben. Denken Sie an etwas Bestimmtes?“
Clifford schien die Frage nicht gehört zu haben, er fuhr fort: „Wenn Sie also ein Schwarzes Loch aufbauen, was geschieht dann genau?“
Morelli hob die Augenbrauen und nickte verwundert. „Es ist seltsam, dass Sie danach fragen“, sagte er. „Da gibt es nämlich ein Phänomen, das uns stark beschäftigt. Wenn wir hier ein Schwarzes Loch errichten, dann können wir einen Strahlungsausstoß feststellen, der seinen Ursprung in dem Schwarzen Loch hat. Nach der herkömmlichen Theorie ist das jedoch nicht möglich. Angeblich dringt aus einem Schwarzen Loch nichts nach draußen: weder Energie noch Strahlung, noch Licht … gar nichts eben. Aber …“ Morelli breitete die Arme aus. „Die Strahlung ist da. Daran gibt es keinen Zweifel.“
„Der Hawking-Effekt?“ schlug Aub vor. Er bezog sich auf die Theorie des englischen Physik-Theoretikers Steven Hawking, die in den siebziger Jahren des Zwanzigsten Jahrhunderts aufgestellt worden war. Diese Theorie versuchte eine Erklärung zu geben, warum Strahlung in der Nähe von Schwarzen Löchern gemessen werden konnte. Sie ging von der spontanen Entstehung von Partikel-Antipartikel-Paaren in der unmittelbaren Nachbarschaft des Schwarzen Loches aus. Von diesem Paar würde jeweils ein Teil in das Schwarze Loch fallen, während der andere in die entgegengesetzte Richtung weggeschleudert würde. Für den entfernten Beobachter würde sich dieser Vorgang als Strahlung zeigen, die offenbar von dem Schwarzen Loch selbst herrührte.
„Daran haben wir auch schon gedacht“, erwiderte Morelli. „Sie könnten recht haben, aber ich glaube, dass wir noch nicht
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