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Die schonende Abwehr verliebter Frauen oder Die Kunst der Verstellung - Soboczynski, A: Die schonende Abwehr verliebter Frauen

Die schonende Abwehr verliebter Frauen oder Die Kunst der Verstellung - Soboczynski, A: Die schonende Abwehr verliebter Frauen

Titel: Die schonende Abwehr verliebter Frauen oder Die Kunst der Verstellung - Soboczynski, A: Die schonende Abwehr verliebter Frauen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Adam Soboczynski
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wichtigen, der Karriere förderlichen Aufträgen versehen werden wird, kann man sich
     leicht denken. Natürlich Sie und nicht etwa Ihr Konkurrent, der vorschnell aus seinem Wissen Nutzen zu schlagen versucht hat
     und dabei eine Grundregel der Verstellungskunst missachtet hat: dass man nämlich bei wichtigen strategischen Handlungen niemals
     in eilige Hitze geraten darf.
    Man begreift an dieser Geschichte leicht, dass Vertrauen nur dann leichtfertig jemandem entgegengebracht werden |114| darf, wenn man von einer Position der Stärke aus agiert: als Arzt seinen Patienten, als langjähriger Mitarbeiter einem neuen
     Kollegen gegenüber. Und mit etwas Glück erfährt man allerhand von seinem Gegenüber, das zu einem späteren Zeitpunkt einem
     noch von Vorteil sein kann.
    Allen anderen, vor allem wenn sie die Umgebung noch nicht hinreichend kennen, in der sie sich bewegen, sei bei Vertrauensbekundungen
     Vorsicht die größte Maxime: Immer nur mit einem scheinbar bedeutsamen Geheimnis hausieren gehen. Ungemein schadhaft nämlich
     ist immer die Lust, sich anderen vorbehaltlos zu offenbaren. Die Verlockung, ein Geheimnis unzeitig zu lüften, ist leider
     überhaupt immer sehr groß.

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    |115| 19 MIT BILDUNG GLÄNZEN
    E s gefällt heutzutage sehr, wer mit einer gewissen Bildung glänzen kann. Wer mit Bildung glänzt, gerät allerdings leicht unter
     Arroganzverdacht. Man sollte Bildung daher immer auf eine unprätentiöse Weise zur Geltung bringen.
    In jedem Fall sollten Sie zunächst, wie Frank und seine Freundin Angelika, sich eine Wohnung besorgen, in der Bildung auf
     Anhieb vermutet wird. Die Wohnung darf, wenn Sie, wie unser Paar, etwa Ende dreißig sind, durchaus in einem Viertel liegen,
     das noch nicht vollständig durchsaniert ist, ja an den Hauswänden können wirre Graffiti das Auge irritieren, und wenn, allerdings
     in seltener Regelmäßigkeit nur, ein wankender Obdachloser sich dorthin verirrt, ist dies geradezu ideal, um Besuchern den
     Eindruck zu vermitteln, dass man nicht spießig ist. Man wohne als halbwegs junger Mensch jedenfalls niemals in Stadtteilen,
     die als Reiche-Witwen-Gegenden den Spott von Freunden auf sich ziehen könnten, sondern immer nur in solchen, die gewissermaßen
     auf dem Weg sind, sich von halbwegs guten in sehr gute zu verwandeln.
    Schleichend werden die Arbeiter, die auf den Bürgersteig spucken und beim Morgenbier den Frauen hinterherpfeifen, verdrängt,
     aber ein paar müssen schon noch da sein. Auch |116| einige ärmere Ausländer dürfen nicht fehlen, solange sie in den Kindertagesstätten nur eine derart kleine Minderheit bilden,
     dass sie rasch ihre Muttersprache vergessen. Aber ein paar müssen schon noch da sein, damit Besucher sagen können, es sei
     so lebendig hier auf den Straßen und so bunt, das pralle Leben sozusagen. Schwule sind ausdrücklich erwünscht. Insbesondere
     die grazil vor sich hintänzelnden Kellner in Cafés. Das Viertel ist so beschaffen, dass die Eltern es ein ganz kleines bisschen
     für verlottert halten, was den Kindern ein süßes Auflehnungsgefühl noch im fortgeschrittenen Alter sichert.
    Die Wohnung von Angelika und Frank gefällt aufgrund ihrer hohen Decken, einem großen Balkon und echtem Parkett. Sie haben
     ein weinrotes Sofa, auf dem sie gern kuscheln. Frank ist Architekt und nach einer nicht ganz reibungslosen Vergangenheit als
     Selbständiger mittlerweile wieder fest angestellt. Angelika, die Fotografin, hat sich vor kurzem von Frank eine schöne Webseite
     einrichten lassen, damit sie in Zukunft sogar noch mehr Aufträge erhält als bisher.
    Unser Paar liest gern. Und im Lauf der Jahre haben sich viele Bücher angesammelt. Die schöne Literatur und diverse Sachbücher:
     Ratgeber (etwa zum Thema Glück), großformatige Bildbände, hochwertige Kochbücher – und Franks architekturgeschichtliche Werke,
     die er sich, seines Berufes wegen, mehr aus Pflichtbewusstsein, als aufgrund eines feurigen Interesses in den vergangenen
     Jahren angeschafft hat.
    Die Bücher sind allesamt in bis hoch an die Decke reichenden weißen Regalen im Wohnzimmer untergebracht. Man |117| gelangt mühelos auch an die ganz oben aufgestellten Werke heran, da man sich aufgrund des Abonnements einer großen Tageszeitung
     eine kleine Leiter aus Mahagoni als Prämie hat liefern lassen. Die Leiter lässt sich praktischerweise mit wenigen Handgriffen
     zu einem kleinen Stuhl umbauen, wurde in dieser Gestalt aber bislang noch nie benutzt.
    Eines

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