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Die schonende Abwehr verliebter Frauen oder Die Kunst der Verstellung - Soboczynski, A: Die schonende Abwehr verliebter Frauen

Die schonende Abwehr verliebter Frauen oder Die Kunst der Verstellung - Soboczynski, A: Die schonende Abwehr verliebter Frauen

Titel: Die schonende Abwehr verliebter Frauen oder Die Kunst der Verstellung - Soboczynski, A: Die schonende Abwehr verliebter Frauen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Adam Soboczynski
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(Studentenbewegung, zwei Ex-Frauen, Karriere), ließen |120| es sich die anderen gern gefallen, dass er das Gespräch dominierte.
    Angelika, der übrigens durchaus aufgefallen war, dass Jürgen mit seinem faltenreich-charismatischen Gesicht und trotz eines
     leichten Übergewichts sehr gut aussah, störte sich lediglich daran, dass er sich, von seiner dezent geschminkten Gattin unterstützt,
     nach dem dritten Glas Wein Architekturthemen zuwandte.
    Von allen großen Architekten sei ihm Hans Scharoun der allerliebste, sagte Jürgen. Er schwärmte von einem Haus Scharouns in
     der Stuttgarter Weißenhofsiedlung und sagte auch allerhand Geistreiches zur Großsiedlung Siemensstadt in Berlin, an der Scharoun
     gleichfalls beteiligt gewesen war und die doch immer noch gewissermaßen vorbildlich sei für heutige Wohnprojekte. Das alles
     erzählte Jürgen auf denkbar angenehme Weise, da er, statt mit komplizierten Theoriegebilden, die anderen durch Anekdoten zu
     erfreuen vermochte. Angeregt durch seine Ausführungen begann Angelika, sich lebhaft vorzustellen, wie einstmals bitterarme
     Arbeiterkinder mit ihren großen Augen und ihrer schmutzigen Kleidung in den neu entstandenen Straßenfluchten der Scharounschen
     Modellsiedlungen herumtollten.
    Man begreift sogleich, dass Frank, der im Weinkonsum den anderen gegenüber einen kleinen Vorsprung hatte, sich herausgefordert
     fühlte, die Ausführungen seines Vorgesetzten durch einige gleichfalls bemerkenswerte Sätze über Scharoun zu ergänzen.
    Das jedoch misslang auf so furchtbare Weise, dass Angelika |121| noch heute mit Schrecken an das Essen zurückdenkt und keineswegs beabsichtigt, den Pärchenabend zu wiederholen.
    Frank nämlich, im Übereifer, einen klugen Eindruck zu hinterlassen, verstieg sich zu Thesen, die selbst seiner architekturgeschichtlich
     nur wenig bewanderten Freundin auf Anhieb als zweifelhaft erschienen. Nicht nur verlegte er das Scharounsche Schifffahrtsmuseum
     nach Hamburg, er sprach, das Bauwerk mit wirren Worten charakterisierend, von einer typischen Achtziger-Jahre-Architekur.
     Jürgen erwiderte knapp, es sei seines Wissens 1963 erbaut worden. Gewiss, sagte Frank rasch, Scharoun habe, wenn er sich so
     ausdrücken dürfe, die Architektur der achtziger-Jahre vorweggenommen. Das habe er gemeint. »Die Postmoderne!«, rief Frank
     noch laut. Jürgen räusperte sich.
    Und da er von höflicher Gesinnung war, korrigierte er seinen Mitarbeiter auch nicht, als dieser darlegte, wie unangenehm es
     Scharoun empfunden haben musste, angesichts der nationalsozialistischen Barbarei Deutschland zu verlassen. Dabei blickte Frank,
     als habe ihn der Leidensweg des großen Architekten schon immer sehr erschüttert, mit schmerzhaftem Gesichtsausdruck in die
     Runde.
    Das Störfeuer übernahm, zur bösen Überraschung Franks, diesmal Jürgens enerviert dreinblickende Gattin. »Scharoun«, sagte
     sie spitz, »hat Nazi-Deutschland nicht verlassen.« Dann blickte sie Angelika spöttisch an. Diese, nachdem eine kleine Weile
     nicht gesprochen worden war, sagte fröhlich: »Möchte jemand einen Espresso?«
    |122| Er habe Scharoun halt mit einem anderen Architekten verwechselt, sagte Frank am nächsten Tag zu Angelika, die schweigsam in
     der Küche stand und das Geschirr abspülte. Herrje, das könne doch jedem einmal passieren. »Du hast dich so zum Affen gemacht«,
     entgegnete sie kopfschüttelnd, was Frank zu einer derart hässlichen Widerrede reizte, dass Angelika augenblicklich, noch mit
     nassen Händen, an ihm vorbei in den Flur lief, sich eine Jacke überzog und nach draußen eilte. Sie setzte sich in ein Café,
     das überwiegend von den Müttern des Viertels genutzt wurde und in dem zumeist französische Chansons liefen. Der Abend wollte
     ihr einfach nicht aus dem Kopf gehen. Scharoun verwechselt! Sie entnahm, was sie seit Jahren nicht getan hatte, eine Zigarette
     aus einem frisch erstandenen Päckchen, wurde aber nach zwei Zügen von einer an den Tisch tretenden Bedienung harsch darauf
     aufmerksam gemacht, dass Rauchverbot herrsche.
    Hätte Frank das Thema sanft gewechselt, wäre er womöglich auf die Bauhaus-Universität Weimar zu sprechen gekommen, die er
     aus eigener Anschauung sehr gut kennt, sein Vorgesetzter hätte ihn nun nicht für derart ungebildet gehalten. Noch besser wäre
     es allerdings gewesen, Frank hätte Jürgen, unter großen Interessensbekundungen, nach ausgefallenen Details über Scharouns
     Schaffen ausgefragt. In der Pose des

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