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Die Schopenhauer-Kur

Die Schopenhauer-Kur

Titel: Die Schopenhauer-Kur Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Irvin D. Yalom
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Patienten, ehemalige und jetzige, promenierten durch meine Fantasie.
    Von vielen wusste ich, dass ich ihnen geholfen hatte, aber hatte ich einen nachhaltigen Einfluss auf ihr Leben gehabt? Das war die Frage, die mich quälte. Ich glaube, ich habe dem Rest der Gruppe vor Pams Heimkehr erzählt, dass mir die Antwort auf diese Frage so wichtig war, dass ich beschloss, mit einigen meiner ehemaligen Patienten Kontakt aufzunehmen, um herauszufinden, ob ich tatsächlich etwas bei ihnen bewirkt hatte. Hört sich verrückt an, ich weiß.
    Dann, während ich die Krankenblätter von Patienten durchsah, die ich vor langer Zeit gehabt hatte, fielen mir auch die ein, denen ich nicht hatte helfen können. Was mochte aus ihnen geworden sein? Hätte ich mehr tun können? Und dann kam mir der Gedanke, der Wunschgedanke, dass manche von meinen Misserfolgen vielleicht Spätzünder waren, dass sie vielleicht verspäteten Nutzen aus unserer gemeinsamen Arbeit gezogen hatten. Da fiel mein Blick auf Philips Akte, und ich weiß noch, wie ich mir sagte: ›Wenn du einen Misserfolg willst, das hier war einer – das ist jemand, dem du wirklich nicht geholfen hast – du konntest seine Probleme nicht mal ankratzen.‹ Von dem Moment an verspürte ich den unwiderstehlichen Drang, mit Philip Kontakt aufzunehmen, herauszufinden, wie es ihm ergangen war, und zu sehen, ob ich ihm nicht irgendwie doch geholfen hatte.«
    »So kam es also, dass Sie ihn anriefen«, sagte Pam. »Aber wieso ist er in die Gruppe eingetreten?«
    »Wollen Sie jetzt weitermachen, Philip?«, fragte Julius.
    »Ich glaube, es wäre eine lohnendere Erfahrung, wenn Sie
das übernähmen«, sagte Philip mit einem kaum sichtbaren Lächeln auf den Lippen.
    Julius setzte die Gruppe kurz über die nachfolgenden Ereignisse ins Bild: Philips Einschätzung, dass seine Therapie nutzlos und Schopenhauer sein wahrer Therapeut gewesen war, die Einladung per E-mail zu der Vorlesung, Philips Bitte um Supervision . . .
    »Das kapiere ich nicht, Philip«, unterbrach Tony. »Wenn Ihnen Julius in der Therapie nichts geben konnte, wieso, zum Teufel noch mal, wollten Sie dann von ihm supervisiert werden ?«
    »Julius hat mehrmals genau dieselbe Frage gestellt«, sagte Philip. »Meine Antwort darauf ist, dass er mir zwar nicht geholfen hat, ich aber trotzdem von seinen enormen Fähigkeiten überzeugt bin. Vielleicht war ich ein besonders widerspenstiger Patient, oder vielleicht ließ sich mein spezielles Problem mit seinem speziellen Ansatz nicht lösen.«
    »Okay, alles klar«, sagte Tony. »Julius, ich habe Sie unterbrochen.«
    »Ich bin fast fertig. Ich habe unter einer Bedingung eingewilligt, sein Supervisor zu werden, nämlich dass er zuvor ein halbes Jahr in meiner Therapiegruppe verbringt.«
    »Ich glaube nicht, dass Sie erklärt haben, warum das Ihre Bedingung war«, sagte Rebecca.
    »Ich konnte beobachten, wie er sich mir und seinen Studenten gegenüber verhielt, und habe ihm gesagt, seine unpersönliche und lieblose Art würde verhindern, dass er ein guter Therapeut wird. Sehen Sie das auch so, Philip?«
    »Ihre genauen Worte waren: ›Wie können Sie Therapeut sein, wenn Sie einen Scheiß darüber wissen, was sich zwischen Ihnen und anderen Menschen abspielt?‹«
    »Volltreffer«, sagte Pam.
    »Klingt ganz nach Julius«, meinte Bonnie.
    »Klingt nach Julius, wenn er provoziert wird«, sagte Stuart. »Haben Sie ihn provoziert?«

    »Nicht absichtlich«, erwiderte Philip.
    »Mir ist das immer noch nicht klar, Julius«, sagte Rebecca. »Ich verstehe, warum Sie Philip angerufen und warum Sie ihm geraten haben, eine Gruppentherapie zu machen. Aber warum haben Sie ihn in Ihre Gruppe aufgenommen und eingewilligt, ihn zu supervisieren? Sie haben doch momentan wirklich viel am Hals. Wieso diese zusätzliche Verpflichtung?«
    »Sie sind ja heute alle sehr hartnäckig. Das ist die große Frage, und ich bin nicht sicher, ob ich sie beantworten kann, aber es hat was zu tun mit Versöhnung und dem Wunsch, die Dinge ins Lot zu bringen.«
    »Ich weiß, dass jetzt vieles gesagt wurde, um meinen Rückstand auszugleichen, und das schätze ich sehr«, sagte Pam. »Ich habe nur noch eine Frage. Sie erzählten, Philip habe Ihnen zweimal Trost angeboten – oder es versucht. Ich habe immer noch nichts über das erste Mal gehört.«
    »Stimmt, wir sind in die Richtung gestartet, aber nie bis dahin gekommen«, entgegnete Julius. »Ich besuchte eine von Philips Vorlesungen und merkte nach und nach, dass er sie

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